Der Parkdruck ist groß in der Stuttgarter Innenstadt. Aber ob mehr Stellplätze das Problem lösen werden? Das scheint fraglich. Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

Die Stadt kann den Bau von Radwegen nun auch mit Erlösen aus dem Parkraummanagement finanzieren. Nicht nur die CDU ist dagegen.

Der Gemeinderat hat kürzlich beschlossen, in der „lebenswerten Innenstadt“ künftig auf die Forderung gegenüber Investoren zu verzichten, Parkplätze mitzubauen oder diese für rund 13 000 Euro pro Fläche abzulösen. Nun hat er sich auch noch darum kümmern müssen, dass er die bisher eingenommenen Beträge nicht verliert. Die Mittel müssen nämlich gemäß der Landesbauordnung in einem „angemessenen Zeitraum“ – in Stuttgart sind es zehn Jahre – verwendet werden; und zwar „zweckentsprechend“. Das bedeutet, dass mit dem Geld ausschließlich „die Herstellung von Parkierungseinrichtungen, die der allgemeinen Benutzung zur Verfügung stehen“, finanziert werden darf.

„Mangels vorliegender Planungen“ geht die Verwaltung davon aus, dass die Ablösebeträge ab dem Jahr 2026 und bis 2031 jährlich in Höhe von rund 2,4 Millionen Euro an die Bauherren zurückgezahlt werden müssten. Kurzfristig irgendwo Quartiersparkhäuser zu erstellen, ist nicht möglich. Der Technikbürgermeister Dirk Thürnau (SPD) verwies am Dienstag im Ausschuss für Stadtentwicklung und Technik auf altbekannte Defizite beim Personalstand sowie fehlende Planungen und Beschlüsse.

Stadt will Geld nicht zurückzahlen

Weil man unter allen Umständen vermeiden will, Geld zu verlieren, soll nun der Verwendungszweck geändert werden. Die Landesbauordnung lässt mittlerweile zu, dass die Mittel nicht mehr nur für neue Anlagen verwendet werden dürfen, sondern auch für die Modernisierung und Instandhaltung sowie die Herstellung von Ladestationen für Elektrofahrzeuge, für Carsharing-Stellplätze, aber auch für „Einrichtungen des ÖPNV oder für den Fahrradverkehr“. Mit dieser Satzungsänderung könne der Sanierungsstau in den städtischen Parkierungsanlagen abgebaut werden, ohne dass dafür Geld im Haushalt bereitgestellt werden müsse, weil dafür das Sonderkonto „Parkmöglichkeiten“ angezapft werden könnte.

CDU erhebt Einspruch

Wenn aber im Rathaus über Parkplätze diskutiert wird, ist in aller Regel kein Einvernehmen zu erwarten. Auch dieses Mal hat die CDU diverse Einwände. Fraktionschef Alexander Kotz macht in einem Antrag deutlich, dass er dieser neuen Regelung zwar grundsätzlich zustimme; er will aber nicht, dass die kompletten 6,5 Millionen Euro, die auf dem Konto liegen, für Sanierungen oder neue Radinfrastruktur ausgegeben werden.

Tatsächlich macht die Stellplatzablöse nur etwa ein Drittel der Summe aus. Auf das Konto fließen auch die Einnahmen aus der Bewirtschaftung des öffentlichen Parkraums im Stuttgarter Westen – allein zwischen 2016 und 2021 waren das mehr als fünf Millionen Euro.

Tiefgarage unter Innenhöfen

Diese Mittel will Kotz sichern, um Innenhöfe zugunsten von Grünflächen und Spielplätze zu entsiegeln, und darunter Tiefgaragen zu bauen. „Das ist gut für alle“, sagte Fraktionschef Alexander Kotz mit Verweis auf das Vorzeigeprojekt „Rossbollengässle“ im Westen. Dort gebe es viele Möglichkeiten, „einzig der Wille und die Motivation der Stadtverwaltung fehlen“, heißt es im Antrag, in dem auf „dringend notwendige Quartiersgaragen“ wie in Gablenberg verwiesen wird. Im Rathaus finden sich mit FDP, Freien Wählern und AfD genug Fraktionen, die keinen Widerspruch darin sehen, die Umwandlung in eine „lebenswerte Innenstadt“ zu fordern und gleichzeitig um jeden Parkplatz zu kämpfen. CDU-Chef Kotz hat es deshalb in einem ersten Schritt geschafft, dass über seinen Vorschlag wenigstens diskutiert wird, und zwar vor den nächsten Haushaltsberatungen. Weil auch zur Debatte steht, künftig die Einnahmen des Parkraummanagements aus den übrigen Stadtbezirken für die genannten Maßnahmen zu verwenden, müsse der Kämmerer mitreden, sagt Bürgermeister Thürnau.

Linksbündnis will weniger Verkehr

Das Linksbündnis sieht sich in der Debatte als Gegenpol. Für Stadtrat Luigi Pantisano gibt es im Westen nicht zu wenig Parkplätze, sondern immer noch zu viele Autos. Er verweist zudem auf freie Kapazitäten in öffentlichen Tiefgaragen, die vor allem wegen der hohen Miete (und womöglich der großen Entfernung zur Wohnung) nicht angenommen würden. Er begrüßt die Entsiegelung von Hinterhöfen – aber Stellplätze will er darunter ebenso wenig haben wie Deborah Köngeter von Puls. Das Linksbündnis weist zudem darauf hin, dass nicht nur Autofahrer Anspruch auf Parkplätze im öffentlichen Raum erheben können – gleich ob oberirdisch oder in Tiefgaragen –, sondern auch die Besitzer von Lastenrädern, deren Erwerb von der Stadt gefördert wird. Heute versperrten sie notgedrungen die Gehwege.