Eine bessere Isolierung spart viel Energie zum Heizen – und verbessert das Wohlbefinden im Gebäude. Aber kaum Häuser werden saniert.
Stuttgart - Draußen schneit es – und ein heftiger Wind wirbelt die Flocken ums Haus. Was macht da mehr Spaß, als im Wintergarten dem Schneegestöber zuzusehen und die kuschelige Wärme zu genießen? In diesem Winter ist ein solches Szenario gar nicht so selten. Und es zeigt, dass es das Wohlbefinden erheblich steigert, wenn Glasflächen und Wände keine kalte Luft abstrahlen und der Wind nicht durch Fensterritzen und Türschlitze zieht. Voraussetzung ist allerdings, dass die Gebäudehülle gut gedämmt ist und auch die Fenster mit einer Dreifachverglasung versehen sind. Dann wird sogar ein Wintergarten bei bitterer Kälte zum Wohnvergnügen. Dasselbe gilt umgekehrt übrigens auch im Sommer: Wenn draußen die Hitze brütet, dauert es bei einem gedämmten Haus viel länger, bis die Hitze ins Innere vordringt, als bei einem ungedämmten Gebäude.
Kaum jemand saniert bestehende Gebäude
Deutsche neigen kaum dazu, ihre Gebäude zu sanieren. Viel Geld in die Dämmung eines Hauses zu investieren, ist hierzulande wenig verbreitet. Wozu auch? Die Energiepreise sind nach wie vor so niedrig, dass sich neue Fenster und gedämmte Hauswände zumindest derzeit wirtschaftlich höchstens auf längere Sicht lohnen.
Die Zahlen sprechen für sich: Bundesweit werden pro Jahr weniger als ein Prozent der bestehenden Gebäude energetisch saniert werden. Damit verharrt der Energieverbrauch von Gebäuden seit 2010 auf gleichbleibend hohem Niveau. Für den Klimaschutz ist dies ausgesprochen schlecht – und damit auch für das Ziel der Bundesregierung, bis 2050 mindestens 80 Prozent der Emissionen an Treibhausgasen gegenüber 1990 einzusparen. Ohne eine enorme Reduzierung des Wärme- und Kühlbedarfs von Gebäuden wird dies nicht zu erreichen sein.
Zudem befürchten Umweltschützer im Verein mit Verbänden wie der Deutschen Unternehmensinitiative Energieeffizienz, dass die „ohnehin viel zu niedrigen Sanierungsraten“ weiter sinken werden. Denn zum einen sei eine steuerliche Förderung von Sanierungsmaßnahmen weiterhin nicht in Sicht. Und zum anderen könnten durch die jüngste Mietrechtsnovelle, die Anfang des Jahres in Kraft getreten ist, die Kosten für Modernisierungen in geringerem Umfang als bisher auf Mieter umgelegt werden.
Dämmung wichtiger als energiesparende Heizung
Auch für Ulrich König, den Leiter des Stuttgarter Energieberatungszentrums EBZ, ist die Dämmung bestehender Gebäude „die Achillesferse beim Klimaschutz“. Er betont, dass in dieser Hinsicht andere Maßnahmen wie eine ökologisch verträglichere Heizung nur begrenzt weiter helfen. Wärmepumpen etwa seien nur sinnvoll, wenn das Haus isoliert sei und damit ein „rundes Konzept“ vorliege – an guter Dämmung führt also kein Weg vorbei.
So bleiben im derzeitigen wirtschaftlichen Umfeld bei sanierungswilligen Hausbesitzern der Wunsch nach einem besseren Klimaschutz und das angenehmere Raumklima die größte Motivation für eine energetische Aufrüstung des Gebäudes. Allerdings spielt nach Ansicht der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg bei einer Sanierung gerade älterer Gebäude der Kostenanteil für die Wärmedämmung nur eine eher untergeordnete Rolle.
Doch auch untergeordnete Kosten fallen ins Gewicht – vor allem, wenn man bei der Sanierung um jeden Euro ringen muss. Deshalb fördert die Stadt Stuttgart mit ihrem Energiesparprogramm die Wärmedämmung mit 40 Euro je Quadratmeter Wandfläche. „Wenn man die Fassade ohnehin repariert und neu streicht, dann ist durch diese Förderung die Dämmung praktisch umsonst“, erläutert König.
Worauf man beim Isolieren achten muss
Sollte sich ein Hausbesitzer – aus welchen Gründen auch immer – für eine Dämmung entscheiden, dann lauern allerdings einige Fußangeln. Besonders aufmerksam sollte man bei günstigen Angeboten sein. „Uns werden immer wieder Fälle bekannt, bei denen Dämmplatten im Ausland besorgt und dann auf die Wände genagelt wurden“, berichtet der EBZ-Chef aus seinem Erfahrungsschatz. Gerade bei Wärmedämmverbundsystemen, kurz WDVS, sind gut aufeinander abgestimmte Komponenten wichtig und heimische Normen müssen erfüllt werden. Zudem ist viel Fachwissen für die Montage gefragt. Und es muss zusätzlich kontrolliert werden, ob die Dämmung auch wirklich genauso angebracht wird wie vom Hersteller vorgeschrieben. Diese Aufgaben können Architekten, Bauleiter und Energieberater übernehmen.
Die zusätzlichen Kosten sind gut investiertes Geld, denn Fehler können letztlich sehr teuer werden. Ein Beispiel: Im Zuge der Fassadendämmung muss heute unter den Fensterbänken eine wasserundurchlässige Abdichtung angebracht werden, damit kein Wasser unter die Dämmplatten sickern und dann Schaden anrichten kann. Früher war das nicht vorgeschrieben – und weil es Mühe macht und Geld kostet, ist die Versuchung groß, einfach darauf zu verzichten. Um böse Überraschungen zu vermeiden, gelte dann der alte Spruch: „Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser“, so König.
Wer eine Sanierung ins Auge fasst, sollte möglichst alles auf einmal machen. So ist es wenig sinnvoll, eine neue Heizung anzuschaffen, die in einem ungedämmten Haus ordentlich Heizleistung bringen muss. Wird dann später das Haus isoliert, ist die Heizung überdimensioniert. Ähnliches gilt für die Fenster. Werden sie ausgetauscht und Jahre später die Fassade mit einer dicken Dämmung versehen, dann droht der Schießscharteneffekt: Die Fenster verschwinden in dunklen Höhlen. Das sieht nicht gut aus, zudem gelangt weniger Tageslicht ins Gebäude. Deshalb werden bei einer umfassenden Sanierung die Fenster um einige Zentimeter nach außen gesetzt.
Stuttgart fördert auch schrittweises Sanieren
Sanieren Hausbesitzer ein ganzes Gebäude, kostet das eine ordentliche Stange Geld. Zahlreiche Fördermöglichkeiten und niedrige Zinsen mögen zwar die Entscheidung für eine energetische Sanierung erleichtern, doch nicht wenige Hausbesitzer scheuen die zunächst hohen Kosten und sanieren lieber Stück für Stück. Deshalb fördert die Stadt Stuttgart auch eine dünnere Dämmung, wenn noch recht neue Fenster nicht ausgetauscht werden sollen. Dann gibt es aber weniger Förderung. „Zehn Zentimeter Dämmung sind in einem solchen Fall deutlich besser als nichts“, meint König.