Die Ursache für die verheerende Brandkatastrophe beim Londoner Grenfell-Tower wurde auch auf hoch entzündliche alte Dämmplatten zurückgeführt. Foto: AFP

Styropor ist bei vielen umweltbewussten Menschen verpönt, auch wegen der Brandgefahr. Aber es gibt Alternativen beim Dämmmaterial.

Stuttgart - Styropor ist in Verruf geraten: Spätestens nachdem die Fassade des Londoner Grenfell-Wohnturms im Juni 2107 in Flammen aufgegangen ist und mehr als 70 Menschen das Leben gekostet hat, haben viele Menschen Angst, in einem Haus zu wohnen, das mit diesem brennbaren Material gedämmt ist. Und umweltbewusste Hausbesitzer plagt die Frage, was mit der ausgedienten Dämmung geschieht, wenn die Fassade erneuert werden muss. Tatsächlich hat es in jüngster Vergangenheit erhebliche Irritationen gegeben, weil alte Dämmplatten aus expandiertem Polystyrol – kurz EPS, Handelsname Styropor – wegen eines bis 2015 eingesetzten Flammschutzmittels nicht mehr einfach verbrannt werden dürfen.

 

In Deutschland gibt es strengere Vorschriften

Gegen die Angst vor Bränden wehren sich Dämmexperten mit dem Argument, dass beim Greenfell-Tower nicht das Dämmmaterial, sondern vor allem die Wetterschutz-Konstruktion der Fassadenverkleidung die rasche Ausbreitung des Brandes auf der Außenwand verursacht habe. Und sie verweisen darauf, dass es in Deutschland strenge Vorschriften vor allem auch bei höheren Gebäuden gibt und dass bei Ein- und Zweifamilienhäusern die vergleichsweise seltenen Fassadenbrände kaum eine solch tödliche Gefahr darstellen. Doch das Unbehagen ist bei vielen Menschen groß, so dass Alternativen auf dem Vormarsch sind – wenngleich Styropor nach wie vor wegen des guten Preis-Leistungs-Verhältnisses das am meisten eingesetzte Dämmmaterial ist.

Immer häufiger kommen mineralische Dämmstoffe zum Einsatz

Insbesondere bei Ein- und Zweifamilienhäusern kommen Energiesparberatern zufolge aber immer häufiger mineralische Dämmstoffe zum Einsatz, also Stein- oder Glaswolle. Die dämmende Wirkung beruht dabei auf den vielen Luftbläschen, die in der Mineralwolle eingeschlossen sind. Der große Vorteil: Stein und Glas können eben nicht brennen – doch diese Sicherheit hat ihren Preis. Ebenfalls ökologischer als Styropor und Platten aus Polyurethan-Hartschaum (PUR) sind Holzfaserplatten (HFD). Insbesondere bei der energetischen Sanierung von Dächern werden sie gerne eingesetzt. In Brand geraten können sie natürlich auch, doch weil sie vergleichsweise langsam abbrennen, bleibt meist genügend Zeit für die Flucht.

Sogar Überreste von Seegras können zu Faserplatten werden

Daneben gibt es noch eine Fülle weiterer natürlicher oder naturnaher Dämmstoffe: Hanf, Flachs, Zellulose, Kork und sogar sogenannte Neptunballfasern. Das sind Überreste von Seegras, die sich an den Stränden des Mittelmeers in ballförmigen Klumpen ansammeln und aus ästhetischen Gründen entsorgt werden. Das Material lässt sich zu Faserplatten verarbeiten – ist allerdings recht teuer. Insgesamt spielen solche „exotischen“ Dämmungen aber eine ziemlich untergeordnete Rolle. Das liegt auch daran, weil sich viele Handwerker nicht wirklich damit auskennen. Und wenn sie keine ausreichenden Erfahrungen mit einem bestimmten Material haben, werden sie es ihren Kunden auch nicht anbieten.

Hier sind dann so engagierte wie umweltbewusste Hausbesitzer gefragt, die sich intensiv mit einer ökoverträglichen Dämmung ihres Hauses beschäftigen und nach geeigneten Betrieben für die Umsetzung suchen. Doch auch wenn ökologische Erwägungen nicht im Vordergrund stehen, sollte man sich gründlich über die Dämmeigenschaften der verschiedenen Materialien und Systeme informieren.