Alexander Wehrle war am Sonntag zu Gast im „Doppelpass“ – und es ging ordentlich zur Sache. Foto: Pressefoto Baumann/Hansjürgen Britsch

Wer ist verantwortlich für die zweite VfB-Saison im Abstiegskampf? Vorstandsboss Alexander Wehrle kritisiert in der TV-Sendung „Doppelpass“ den Ex-Sportdirektor Sven Mislintat – gerät aber auch selbst unter Druck.

Spielt der VfB Stuttgart auch in der kommenden Saison in der Bundesliga? Das ist zum jetzigen Stand noch völlig offen. Sicher ist aber jetzt schon: Nach dem letzten Spieltag soll unabhängig vom Ausgang in einer umfassenden Analyse nach den Ursachen für die schwierige sportliche Lage gesucht werden – das hatte der Vorstandsvorsitzende Alexander Wehrle zuletzt mehrfach angekündigt. Einen Aspekt nahm Wehrle nun bereits vorweg – und kritisierte den früheren Sportdirektor Sven Mislintat am Sonntag in der TV-Sendung „Doppelpass“ auf Sport 1. Zwar nicht zum ersten Mal, aber doch offen wie selten zuvor.

Der erste Vorwurf: Es sei, was die Kaderzusammenstellung angeht, in Mislintats Amtszeit in Stuttgart eine „One-Man-Show“ gewesen, weshalb er zusätzliche Kompetenz durch die beiden Berater Sami Khedira und Philipp Lahm in den Verein geholt habe. „In Zukunft geht es darum, im Team zu agieren. Es war mir wichtig, den VfB breiter aufzustellen, unterschiedliche Perspektiven zuzulassen und nicht nur von einer Person abhängig zu sein.“

„Herr Wehrle, da haben Sie eine große Schuld daran“

Mislintats Kaderplanung bemängelte Wehrle. „Der Kader hat ein paar Defizite. Wir haben viel individuelle Topqualität, aber es fehlen auch ein paar Bausteine. Da muss man ein Stück weit die strategische Kaderzusammensetzung hinterfragen.“ Schon in der Winterpause hatte Wehrle auf die aus seiner Sicht fehlende Erfahrung in der Mannschaft hingewiesen.

Ein zweiter Kritikpunkt des Vorstandschefs an Mislintats Weg: Man gebe einerseits einen zweistelligen Millionenbetrag für das Nachwuchsleistungszentrum aus – müsse aber andererseits zugleich eine ähnlich hohe Summe für das Gehalt der vielen Leihspieler aufbringen, die meist von außen kamen und den Durchbruch beim VfB dann doch nicht schafften. „Dann hast du einfach ein paar Fehler gemacht“, sagte Wehrle, „du machst entweder das eine oder das andere. Aber beides geht halt nicht.“

Unwidersprochen blieben seine Äußerungen allerdings nicht. Vor allem vom freien Journalisten Martin Quast kam eine Menge Gegenwind, insbesondere mit Blick auf die Qualität der Mannschaft: „Ich bin da anderer Meinung, dieser Kader ist nicht zu schlecht.“ Der VfB spiele tollen Fußball und habe eigentlich nichts im Tabellenkeller zu suchen. Platz 10 bis 13 sei problemlos zu erreichen.

Wehrle: „Der Trainerwechsel hat uns gar nichts gekostet“

Die Schuld sei vielmehr auf Ebene der Führungsriege zu suchen: „Es gab grobe handwerkliche Fehler vonseiten des Vorstands“, sagte der Journalist – und sprach anschließend den Vorstandsboss und die häufigen Trainerwechsel während seiner Amtszeit direkt an: „Dieser Abstiegskampf ist hausgemacht. Herr Wehrle, da haben Sie eine große Schuld daran.“

Der Kritik einer kostspieligen Trennung von Cheftrainer von Bruno Labbadia (Vertrag bis 2025) widersprach Wehrle indessen mit einer überraschenden Aussage: „Der Trainerwechsel hat uns gar nichts gekostet.“ Labbadia sei dem VfB bei Vertragsausgestaltung nämlich sehr entgegen gekommen. Er habe den Vertrag schließlich gemacht und kenne dessen Inhalt.

Zuspruch erhielt Wehrle von ARD-Reporter Tom Bartels – insbesondere hinsichtlich der Kaderzusammenstellung. „In dem Kader ist schon das Problem, dass man einige Dolmetscher braucht, um alles rüberzubringen.“ Zudem stoße man mit den vielen begabten Spielern im Abstiegskampf an einem gewissen Punkt an eine Grenze. Vier Spiele bleiben dem VfB im Saisonendspurt, um den Klassenverbleib noch zu realisieren.