Kroatiens Verfassungsgericht hält die Kandidatur des Präsidenten Zoran Milanovic als Spitzenkandidat der oppositionellen Sozialdemokraten für unvereinbar mit der Verfassung – und droht selbst mit einer Annullierung der Wahl.
Kroatiens prominentester Politlöwe hat gebrüllt, doch stößt bei den Verfassungsrichtern im Adriastaat auf ein ebenso eisiges wie ablehnendes Echo: Mit 9:2 Stimmen hat Kroatiens höchster Gerichtshof zu Wochenbeginn die Absicht von Staatschef Zoran Milanovic für unvereinbar mit der Verfassung erklärt, als parteiloser Spitzenkandidat für die oppositionellen Sozialdemokraten (SDP) in die von ihm ausgeschriebene Parlamentswahl zu ziehen, ohne von seinem Amt zurückzutreten.
Erst am Freitag hatte sich der Linkspopulist im Küstenstaat mit einem doppelten Paukenschlag wieder einmal ins Rampenlicht bugsiert. Erstmals beraumte der 57-Jährige die Parlamentswahl auf einen Mittwoch (17. April) an. Dann kündigte der streitbare Landesvater gar selbst seinen Einstieg in den Wahlring ein: Er werde als „unabhängiger“ Spitzenkandidat in den Stimmenstreit ziehen, so seine überraschende Botschaft.
Der Staatschef wirft dem Premier Korruption vor
Die anvisierte Rückkehr auf die Regierungsbank begründet der Ex-Premier nicht nur mit der florierenden Korruption des konservativen, seit 2016 amtierenden Premier Andrej Plenkovic (HDZ), sondern auch mit der von dem diesem forcierten Kür des wegen seiner Kontakte zu einem Justizflüchtling umstrittenen Richters Ivan Turudic zum neuen Generalstaatsanwalt.
Die Ernennung von Turudic sei „der Eimer“ gewesen, „der die Jauchegrube zum Überlaufen bringt“, so Milanovic. Es sei die Zeit gekommen, „die Pferde zu satteln“ und sich „aus der Komfortzone“ zu verabschieden. Er werde für eine Parlamentsmehrheit für eine „Regierung der nationalen Rettung“ sorgen, die sich „mit Vollgas“ daran machen werde, „den Augiasstall auszumisten, den Plenkovic und seine Truppe hinterlassen haben“, so der 57-Jährige: Von seinem Amt als Präsident werde er bei Erhalt des Regierungsmandat zurücktreten.
Regierungskritiker und Juristen äußern Zweifel
Sein um seine bereits sicher geglaubte Mission Wiederwahl bangender Erzrivale Plenkovic reagierte pikiert, die lange im Stimmungstief dümpelnde SDP euphorisch. Doch nicht nur Regierungspolitiker, sondern auch Juristen äußerten in ersten Reaktionen verfassungsrechtliche Zweifel an der Machbarkeit der von Milanovic angekündigten Doppelmission.
Tatsächlich stößt der von Milanovic anvisierte Jobwechsel nun auf ein erstes Hindernis: Ohne seinen vorherigen Rücktritt von seinem Präsidentenamt hält das Verfassungsgericht seinen geplanten Spitzenkandidateneinsatz für unvereinbar mit der Verfassung.
Kroatiens Verfassung schreibe vor, dass der Präsident eine unparteiische Persönlichkeit sein müsse, die sich weder an Parteiaktivitäten beteiligen noch auf einer Parteiliste kandidieren sollte, begründete die Vorsitzende Richterin Miroslava Separovica das von dem Gerichtshof mit 9:2 Stimmen gefällte Urteil: Laut der Verfassung dürfte ein Staatschef zudem keine zweite öffentliche Funktion ausüben.
Das Gericht stoppt auch den „Plan B“
Auch den von der SDP zur Debatte gestellten „Plan B“, dass Milanovic als ihr parteiloser Spitzenkandidat auf eine Parlamentskandidatur verzichten könnte, hat das Gericht mit der „Warnung“ vor der präsidialen Teilnahme an Wahlkampfveranstaltungen einer Partei eine klare Abfuhr erteilt.
Verfassungsrichterin Separovica forderte auch die SDP dazu auf, alle „verfassungswidrigen Aktivitäten sofort einzustellen“ und das Urteil zu „respektieren“. Eindringlich warnte das Gericht vor den etwaigen Folgen einer bewussten Missachtung seines Urteils: Bei Verfassungsverstößen werde das Gericht von allen „Optionen Gebrauch machen“ – einschließlich einer nachträglichen Annullierung der Wahl.
Vorab hatte „Zocker Zoran“ beteuert, weder von seinen Kandidaturplänen noch von seinem Präsidentenamt absehen zu wollen, weil er nicht zulassen wolle, dass die HDZ mit dem Amt des geschäftsführenden Präsidenten vor dem Urnengang auch noch die letzte Machtbastion im Küstenstaat übernehme. Doch ob der als beratungsresistente Politsolist geltende Präsident tatsächlich auf die vermeidbare Konfrontationskurs zu den Verfassungsrichtern geht, muss sich weisen: Tritt er von seinem Präsidentenamt zurück, steht dem von ihm anvisierten Duell von Kroatiens Alphatieren nichts mehr im Wege.