Flüchtlinge kommen am Bahnhof Neumünster in Schleswig-Holstein an. Foto: dpa

Ungarns Präsident Viktor Orban wehrt sich gegen eine quotenbasierte Verteilung der Flüchtlinge in Europa. Wegen der Reisefreiheit ließe sie sich gar nicht durchsetzen. Orban sieht sein Land in der Flüchtlingsdebatte als das „schwarze Schaf“, weil es gegen die EU-Kommission aufbegehre.

Berlin/Budapest - Nach der Massenankunft von Flüchtlingen ringt die EU weiter um eine dauerhafte Regelung für die Verteilung unter den Mitgliedsstaaten. Kanzlerin Angela Merkel forderte eine gemeinsame „Kraftanstrengung“, der ungarische Regierungschef Viktor Orban bezeichnete die geplante Quotenregelung hingegen als nicht realisierbar. Von Griechenland aus waren am Montag erneut Tausende auf dem Weg über den Balkan. An der Grenze zu Mazedonien kam es zu Reibereien, weil Hunderte gleichzeitig zum Übergang drängten.

Der französische Präsident François Hollande gab bekannt, dass sein Land 24.000 weitere Ankömmlinge aufnehmen werde. Er und Merkel hätten sich auf einen Mechanismus zur fairen Verteilung der Migranten in Europa geeinigt.

Der wegen der chaotischen Zustände in Ungarn in den vergangenen Tagen vielfach kritisierte Orban erklärte hingegen, eine solche Quotenregelung mache im Schengenraum, in dem Reisefreiheit herrsche, gar keinen Sinn, weil sie nicht durchgesetzt werden könne. „Wie soll das funktionieren? Hat das irgendjemand durchgedacht?“, sagte Orban vor ungarischen Diplomaten. Sein Land sei in der Flüchtlingsdebatte das „schwarze Schaf“, weil es anders als die übrige „Herde“ der EU-Staaten gegen die EU-Kommission aufbegehre.

Ausnahmeregelung aufgrund einer Notsituation

Über das Wochenende waren mehr als 14.000 Menschen von Ungarn aus nach Österreich gelangt. Die meisten von ihnen reisten umgehend weiter nach Deutschland. In beiden Staaten wurde betont, dass es sich um eine Ausnahmeregelung durch die besondere Notsituation gehandelt habe. Das hielten auch die Spitzen der Koalition in Berlin in ihrer Einigung von Sonntagnacht fest. Sie beschlossen darin auch sechs Milliarden Euro zusätzliche Hilfe für Flüchtlinge, die unter anderem für die Unterbringung in winterfesten Quartieren genutzt werden sollen.

Jenen EU-Staaten, die keine Flüchtlinge aufnehmen wollen, machte Merkel klar, dass eine solche Position auf Dauer nicht tragbar sei. „Die Zeit drängt für eine gemeinsame Lösung“, sagte sie.

Das zeigt sich auch am Montag wieder entlang der Balkanroute, die Flüchtlinge auf ihrem Weg in die EU nutzen. In Nordgriechenland versuchten in den frühen Morgenstunden rund 2000 Migranten, die Grenze nach Mazedonien zu überqueren. Weil die mazedonischen Behörden aber nur jede halbe Stunde kleine Gruppen durchließen, kam es zu Handgemengen. Bis Mittag hatten schließlich bereits rund 1000 die Grenze überquert. In den 24 Stunden davor waren es nach Angaben der Polizei 5000.

Weitere wurden in den kommenden Tagen erwartet. Der griechische Einwanderungsminister Giannis Mouzalas sagte dem Sender ERT1, dass mindestens zwei Drittel der bis zu 18 000 Menschen, die auf der Insel Lesbos gestrandet waren, in den kommenden Tagen mit Fähren aufs Festland transportiert werden sollen. Von der nahe gelegenen türkischen Küste kommen täglich mehr als tausend Menschen nach Lesbos und die anderen ostägäischen Inseln, die von dem Ansturm überfordert sind. Die Flüchtlinge lebten dort unter „fürchterlichen“ Umständen, sagte Mouzalas.