Im Röhrer Weg in Böblingen wäre der Junge beinahe entführt worden. Foto: Jan-Philipp Schlecht

Eine versuchte Kindesentführung und die Rettung eines zehnjährigen Jungen zogen im Oktober die öffentliche Aufmerksamkeit auf Böblingen. Jetzt drängt die Staatsanwaltschaft darauf, dass der Fall vor Gericht kommt.

Ganz Böblingen hielt am 25. Oktober vergangenen Jahres den Atem an. Ein 51-Jähriger hatte Schulkindern am Röhrer Weg mit seinem VW Bus aufgelauert und schließlich einen zehnjährigen Jungen in sein Auto gezerrt. Eine Zeit lang hatte man in der Sache nicht viel gehört. Jetzt hat die Staatsanwaltschaft Stuttgart Anklage gegen den Mann erhoben. Sie lautet auf Verdacht der Freiheitsberaubung und der versuchten Entziehung Minderjähriger. Doch ob es zu einem Strafprozess kommt, ist noch nicht ganz sicher – der mutmaßliche Täter könnte schuldunfähig sein.

Die Entführung war im Oktober durch das Eingreifen von vier Männern verhindert worden, die auf das Geschehen aufmerksam geworden waren. Ein Mitarbeiter der Firma, vor der sich die Szene zutrug, hatte die lauten Hilferufe des Jungen gehört und die Arbeiter alarmiert, die zu diesem Zeitpunkt auf der Baustelle mit Kanalarbeiten beschäftigt waren. Drei von ihnen eilten zu Hilfe.

Das Landgericht ist jetzt am Zug

Zu dem Zeitpunkt soll der Angeklagte den zehnjährigen Jungen schon in seinen Bus gezerrt und gewaltsam auf den Beifahrersitz gedrückt gehabt haben. Ein Messer und K.O.-Spray soll der Mann dabei griffbereit gehabt haben. Auch das Fahrrad des Jungen hatte der Angeklagte wohl schon in seinem Wagen. Der Bauarbeiter Dusko Vukobrat hinderte den Angeklagten am Wegfahren, indem er mit seinem Bagger den Weg versperrte. Zeki Yasik und Dragan Vukobrat rissen den Fahrer aus dem Auto und befreiten das Kind.

Die Beinahe-Entführung und die Rettung des Jungen in letzter Sekunde gingen im vergangenen Jahr tagelang deutschlandweit durch die Medien. Die Männer, die während der versuchten Entführung eingriffen, sind Anfang Januar von der Stadt Böblingen für ihre Zivilcourage ausgezeichnet worden. Der vierte Mann bekam seinen Preis gesondert, er wollte nicht in die Öffentlichkeit.

Das Motiv des mutmaßlichen Täters soll nun in einer Gerichtsverhandlung festgestellt werden. Die Staatsanwaltschaft weist allerdings darauf hin, dass der Mann zum Tatzeitpunkt schuldunfähig gewesen sein könnte. Er sei derzeit in einer Psychiatrie untergebracht. Nun ist es am Landgericht Stuttgart, darüber zu entscheiden, ob ein Strafverfahren gegen den 51-Jährigen eröffnet wird, oder ob es ein Sicherungsverfahren gibt. Das Landgericht entscheidet auch über eventuelle Verhandlungstermine.