Im Streit um eine Flüchtlingsunterkunft besucht der Petitionsausschuss des Landtags den kleinen Birkacher Stadtteil. Bei einer Sitzung erfahren die Besucher Bemerkenswertes.
Darf die Stadt im ehemaligen Pflegeheim in Schönberg künftig bis zu 376 Flüchtlinge unterbringen? Oder bleibt es bei höchstens 101 Personen? Mit diesen Fragen befasst sich seit dem November auch der Landtag. Die Bürgerinitiative Zukunft Schönberg hatte eine Petition eingereicht, um die Maximalbelegung zu verhindern. Nun kam der Petitionsausschuss zu einem Ortstermin in den Birkacher Stadtteil.
„Soziale Triage“ in Schönberg?
Die Sitzung im Gemeindesaal der Himmelfahrtskirche wurde von vielen Anwohnern und Bezirksbeiräten mit Spannung verfolgt. Der Sprecher der Bürgerinitiative, Rainer Schnauffer, betonte, dass die Petition das Ziele habe, zu verhindern, dass der Stadtteil, der über eine relativ schlechte Infrastruktur verfügt, durch zu viele Flüchtlinge „überfordert“ werde. Und es gehe darum, eine „soziale Triage“ abzuwenden. Diese nehme die Stadt vor, wenn sie die Flüchtlingsunterbringung höher priorisiert als die Versorgung der Bevölkerung mit Pflegeplätzen. In Relation zur Einwohnerzahl wäre bei einer Belegung der Unterkunft mit 376 Personen das rund 1300 Einwohner große Schönberg extrem dicht mit Flüchtlingen bewohnt. Die Initiative wirft der Stadt daher vor, sie halte sich nicht an den „Stuttgarter Weg“. Der Begriff beschreibt unter anderem die selbst auferlegte Regel, Geflüchtete gleichmäßig im Stadtgebiet zu verteilen.
Zum anderen verweist der Vorwurf der sozialen Triage darauf, dass die Unterbringung von Flüchtlingen den Bau eines neuen Pflegeheims an selber Stelle verzögere. Die Stadt argumentiert zwar, dass die Planungsphase für den Neubau lediglich überbrückt werde. Doch dem widerspricht die Bürgerinitiative entschieden: „Das Verhalten der Stadt ist die Ursache dafür, dass der Eigentümer keine Planung vorlegt“, sagte Schnauffer. Gerade weil die Stadt einen für den Investor attraktiven Mietvertrag abgeschlossen habe, werde das neue Pflegeheim nicht zügig gebaut. Auch der stellvertretende Vorsitzende des Petitionsausschusses, Andreas Kenner (SPD), betonte die Gefahr, dass Investoren, „die Not der Kommunen ausnützen“.
Bezüglich der Miethöhe wurde präzisiert, dass die jährliche Kaltmiete der Stadt für die Immobilie bei rund 1,4 Millionen Euro liege. Die Stadtverwaltung erklärte, dass der Eigentümer, der zuletzt gegenüber unserer Zeitung seine Absicht betont hatte, spätestens 2026 mit dem Bau beginnen zu wollen, bislang keinen Bauantrag gestellt habe.
Die Antwort auf die Frage des Degerlocher Landtagsabgeordneten Friedrich Haag (FDP), ob die Verwaltung eine Verlängerung des Mietvertrags über die vereinbarte Laufzeit in Betracht ziehe, ließ viele im Saal aufhorchen: Sven Matis, der Sprecher der Stadt, erklärte, das könne „im Moment niemand mit Sicherheit beantworten“. Er verwies darauf, dass es sich bei dem Gebäude um eine „zeitlich begrenzte Notunterkunft“ handele. „Hier geht es darum, einen Ort zu haben, der verhindert, Menschen in Turnhallen unterzubringen.“ Dass die Stadt hier vom Stuttgarter Weg abweichen müsse, sei der „normativen Kraft des Faktischen“ geschuldet.
Der stellvertretende Vorsitzende des Petitionsausschusses rechnet mit einem Votum des Gremiums im Juni.