Die AWS soll auf das Gelände im Gewerbegebiet Tränke in Stuttgart-Degerloch ziehen, wo die Feuerwache derzeit stationiert ist. Foto: Baur

Die Lokalpolitiker in Stuttgart-Degerloch fühlen sich vor den Kopf gestoßen: Die Stadt plant, die Abfallwirtschaft Stuttgart von Vaihingen nach Degerloch zu verlegen. Das wollen die Fraktionen nicht einfach hinnehmen. Hier stehen die Gründe.

Degerloch - Der Bezirksbeirat will die Müllabfuhr nicht vor der eigenen Haustür haben. Das Gremium hat den entsprechenden Plänen der Stadt eine einstimmige Absage erteilt. Diese sehen vor, den AWS-Standort von der Vaihinger Liebknechtstraße auf das Gelände am Bruno-Jacoby-Weg zu verlegen.

 

In der Nähe des Standorts in Vaihingen plant die Allianz eine neue Verwaltungszentrale für 4000 Mitarbeiter. Die Versicherung benötigt dafür mehr Platz. Den macht die Stadt nun frei: Man habe der Allianz die von AWS und Tiefbauamt genutzten städtischen Flächen zur Verfügung gestellt, erklärte Susanne Frucht vom Stadtplanungsamt im Bezirksbeirat.

Als neuen AWS-Standort hat die Verwaltung das Gelände zwischen Bruno-Jacoby-Weg und Chemnitzer Straße ins Auge gefasst. Dort ist noch die Feuerwache 5 stationiert, soe soll mittelfristig nach Möhringen umziehen. Eine Machbarkeitsstudie und ein Gutachten zur Lärmbelastung seien in Auftrag gegeben worden, sagte Frucht, die Ergebnisse stünden noch aus.

Die AWS selbst sei vom Umzug nicht begeistert, sagte deren Geschäftsführer Thomas Heß. Gleichzeitig warb er bei den Lokalpolitikern um Verständnis: „Wir müssen weiter auf den Fildern tätig sein“, so Heß. Im Vergleich zur Feuerwehr könne die Präsenz der AWS gar ein Vorteil sein: Schließlich seien die Müllfahrzeuge verlässlich zu festen Zeiten tagsüber unterwegs – im Gegensatz zur Feuerwehr.

Schnell machte sich Skepsis breit

Im Bezirksbeirat machte sich Skepsis breit. Schnell wurde klar, dass auf Degerloch mehr zukommt als ein einfacher Umzug. Denn durch die flächendeckende Einführung der Biotonne müsse die AWS weitere Mitarbeiter einstellen, sagte Thomas Heß. Damit nicht genug: weil der Standort an der Türlenstraße wegen einer Wohnbebauung aufgelöst wird, sollen auch von dort Mitarbeiter und Fahrzeuge nach Degerloch verlagert werden. Unterm Strich heißt das, dass am Bruno-Jacoby-Weg nach heutiger Planung zwischen 40 und 50 Müllfahrzeuge ein- und ausfahren werden. Die Mitarbeiterzahl bezifferte Heß auf rund 100.

Vor allem die große Zahl der Fahrzeuge beschäftigte die Fraktionen im Beirat. EsLastwagen morgens um 6.30 Uhr die Straßen verstopfen würden, sagte Götz Bräuer (CDU). Er monierte außerdem das Vorgehen der Stadt: Zwar werde man informiert, aber gleichzeitig vor vollendete Tatsachen gestellt.

Der Standort sei offensichtlich aus der Not geboren, klagte Michael Huppenbauer (Grüne). Man müsse bedenken, dass sich in unmittelbarer Nähe Schulen befänden. „Morgens ist um die Zeit sowieso die Hölle los“, sagte Huppenbauer. Der Verkehr in Degerloch solle beruhigt werden. Da passten die Pläne einfach nicht rein. Man müsse zudem klären, wo die Müllfahrzeuge künftig ein- und ausfahren.

Selbst die Bezirksvorsteherin Brigitte Kunath-Scheffold äußerte dazu ihre Bedenken: „Die Chemnitzer Straße ist gewöhnlich vollgeparkt. Die Feuerwehr hat sich bereits beschwert, dass sie nicht mehr gut durchkommt“, sagte sie. Uli Demeter von den Freien Wählern bezeichnete es gar als „Unding“, überhaupt über den Umzug nachzudenken. „In der Epple- und der Sigmaringer Straße ist so viel los um diese Zeit, das ist nicht machbar“, so Demeter.

Lieber Firmen statt Müllabfuhr

Der zweite Einwand: Die Flächen in der Tränke sind knapp. Die Räte würden dort lieber Firmen oder Schulen sehen, nicht aber die Müllabfuhr. So hätten das Deutsche Rote Kreuz, die Freie Aktive Schule und ein Kindergarten Bedarf angemeldet, sagte Götz Bräuer. „Die Tränke ist ein gefragtes Gewerbegebiet, die Flächen sind rar“, ergänzte Ulrich-Michael Weiß (SPD). Habe die Stadt überhaupt Alternativen in Betracht gezogen? Das habe sie, sagte Susanne Frucht. Doch einzig dieser Standort habe sich auf den Fildern konkretisiert. Schließlich könne man nicht auf privaten Grundstücken bauen, sondern nur auf Gemeinbedarfsflächen, und die seien nun einmal Mangelware.

Der Bezirksbeirat will nun eine weitere Sitzung anberaumen, um weitergehende Anträge zu stellen. Ob es vor den Sommerferien dazu kommt, ist noch unklar. Das Veto hat nun jedenfalls zur Folge, dass der Umwelt- und Technikausschuss (UTA), der sich am nächsten Dienstag mit dem Thema befassen wird, einstweilen nicht über die Sache entscheiden kann.