Das Wohnhaus „Parasitic House“ von El Sindicato Architekten ist zwölf Quadratmeter klein und entstand 2019 auf dem Dach eines Hauses in Quinto, Ecuador. Foto: ©El Sindicato Arquitectura/Taschen Verlag

Auch kleine Wohnflächen können innovativ und vor allem ressourcenschonend gestaltet werden. Ein prachtvoller – und großer – Bildband zeigt, wie Architekten aus aller Welt das Konzept der kleinen Häuser umgesetzt haben.

Es gab mal Zeiten, das stand der Begriff des kleinen Hauses für ein bescheidenes Leben in engen, dunklen Räumen. Schon deswegen waren auch die namhaften Architektenbüros so gut wie gar nicht daran interessiert, sich auf diesem Feld zu engagieren, mit Ausnahme klein dimensionierter Reihenhäuser im sozialen Wohnungsbau in der Weimarer Republik.

Nach dem Zweiten Weltkrieg änderten sich allmählich die Maßstäbe auf den Baustellen, und mit dem Wohlstand im Wirtschaftswunder wuchsen auch die Wünsche und Ansprüche. Das Einfamilienhaus war und ist bis heute: ein deutscher Traum, der aber in den letzten Jahren immer seltener zu realisieren war. Die Menschen träumen aber trotzdem. Minihäuser mit Wohnflächen von 20 bis 50 Quadratmetern entsprechen nicht dem traditionellen Wohnverständnis, liegen aber im Trend.

Warum aber sehnen sich Menschen eigentlich nach einem Leben in einem solchen Tiny House? Damit ist vor allem eine Lebenshaltung verbunden: Minimalistisch zu leben, sich zu beschränken, mit wenig auszukommen, das scheint für viele eine zukunftweisende, weil ressourcenschonende Existenz zu sein. Und natürlich geht es um den Wunsch nach dem eigenen Häuschen, nach den eigenen vier Wänden, am besten in der schönen Natur.

Doch ein Minihaus einfach irgendwo romantisch am Waldrand abstellen, ist nicht möglich. Tiny Houses unterliegen zumindest in Deutschland als Wohnnutzung der Baugesetzgebung. Der in Karlsruhe ansässige Tiny-House-Verband (tiny-house-verband.de) informiert über rechtliche und bauliche Themen. Wegen der hohen Auflagen gibt es in Deutschland auch vergleichsweise wenige Tiny Houses.

Deshalb lohnt auch ein Blick jenseits des eigenen Landes, um die Vielfalt an Möglichkeiten beim Bau von Minihäusern zu erfassen, die mittlerweile von namhaften Architektinnen und Architekten geplant und umgesetzt werden.

Der Taschen-Verlag hat nun in einem großzügigen Bildband die schönsten und herausragendsten kleinen Häuser rund um die Welt gesammelt. Die Fotos aus Amerika, Australien oder Chile sind oft atemberaubend, die Schwere des Bildbandes ist es ebenfalls, seine Größe entspricht ungefähr einem Tiny House! Scherz beiseite, die vorgestellten Häuser stehen meist in einer idyllischen Naturlandschaft, nicht selten an einer Küste oder einem Ufer, die etwas größeren finden ihren Platz in Städten, meist eingepfercht auf Restgrundstücken zwischen zwei großen Wohnhäusern.

Häuser inmitten idyllischer Landschaften

Eines der kleinsten und architektonisch gelungensten Tiny Houses heißt sinnigerweise „Klein“, ist schwarz, besitzt ein gedrehtes Dach und wurde 2018 in Upstate New York errichtet.

Das Haus „Klein A 45“: Blick ins Buch „Small Houses“ Foto: Taschen-Verlag/BIG

Auf 17 Quadratmetern in einem Wald hat der dänische Architekt Bjarke Ingels von BIG Architekten alles untergebracht, was ein Mensch zum Leben benötigt. A 45, so der Werksname des Gebäudes, ist ein vollständig recycelfähiger Prototyp, der schnell demontiert und anderer Stelle wiederaufgebaut werden kann – vorausgesetzt, man hat ein Fundament und eine Genehmigung vom Baurechtsamt.

Supercool ist auch das gestapelte Holzstrandhaus des chilenischen Architekten Felipe Croxatto. Vor dem raffiniert einfachen Haus nichts als der Pazifik, Sand und Vögel. Wer träumt da noch von einem klassischen Einfamilienhaus mit Carport?

Philip Jodidio: Homes for our Time – Small Houses.
Taschen-Verlag. 424 Seiten, 60 Euro.

Info

„Homes for our Time – Small Houses“
von Philip Jodidio ist im Taschen-Verlag erschienen, hat 424 Seiten und kostet 60 Euro. www.taschen.com