Thüringens Landtagspräsidentin Birgit Pommer. Foto: Martin Schutt/dpa

Scheiben von Wahlkreisbüros werden eingeworfen, woanders prangen Hakenkreuze. Und eine Familie entgeht nur knapp der Katastrophe. Mehrere Angriffe gegen Politiker bereiten in Thüringen Sorge.

Waltershausen/Bleicherode - Steinwürfe, Hakenkreuze und ein Feuer: Die Angriffe auf ein Wohnhaus und mehrere Wahlkreisbüros teils prominenter Thüringer Landes- und Kommunalpolitiker haben Sorge ausgelöst. "Gewalt und Zerstörung sind kein Protest. Sie richten sich gegen unsere Demokratie - und gegen Menschen", erklärte Landtagspräsidentin Birgit Pommer (Linke). An ihr Wahlkreisbüro in Bleicherode wurden Hakenkreuze geschmiert.

In Waltershausen nahe Eisenach wurde laut Polizei Feuer am Haus eines Lokalpolitikers der SPD gelegt. Zuvor waren die Scheiben mehrerer SPD-Büros in Suhl eingeworfen worden - darunter auch das des Bundestagsabgeordneten und Biathlon-Olympiasiegers Frank Ullrich.

Der SPD-Lokalpolitiker Michael Müller, an dessen Haus in der Nacht zum Montag laut Polizei Feuer gelegt wurde, sagte der Deutschen Presse-Agentur: "Ich weiß nicht, wer es war. Es gab keine konkreten Drohungen gegen mich, ich habe keine Feinde." Müller ist nach eigenen Angaben stellvertretender Vorsitzender im SPD-Ortsverein und im Landesparteirat. In Waltershausen sei er sehr engagiert, unter anderem habe er Anfang Februar eine Demonstration gegen Rechtsextremismus organisiert.

Politiker: Brandanschlag gefährdet Menschenleben

Die Polizei ermittle wegen schwerer Brandstiftung in alle Richtungen, sagte Landesinnenminister Georg Maier (SPD) der dpa. Es sei auch Brandbeschleuniger vor Ort gefunden worden. "Eine politische Motivlage können wir nicht ausschließen, sondern die muss man in Betracht ziehen." Besonders besorgniserregend sei, dass mit einem solchen Angriff der Tod von Menschen in Kauf genommen werde. "Das ist eine Dimension, die wir in der Art und Weise noch nicht hatten." Mit Blick auf weitere Angriffe auf Politiker sagte Maier: "Da findet derzeit eine Entgrenzung statt, die bemerkenswert ist."

Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow schrieb auf der Plattform X (vormals Twitter): "Ein ungeheuerlicher Akt der brutalen Gewaltanwendung. Brandstiftung bedeutet den Tod von Menschen herbeizuführen oder billigend in Kauf zu nehmen." Die aus Thüringen stammende Vizepräsidentin des Bundestags, Katrin Göring-Eckardt (Grüne), sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland: "Dieser Brandanschlag hat Menschenleben gefährdet." Angriffe wie dieser seien auch Angriffe auf die Demokratie. "Sie sollen einschüchtern und Menschen in Politik verhindern."

SPD-Lokalpolitiker: "Natürlich macht mir das Angst"

Bei dem Haus handle es sich um sein Wohnhaus, das er aber auch immer wieder vermiete, wenn er selbst unterwegs sei, sagte Müller weiter. In der betreffenden Nacht sei eine Familie mit Baby in dem Haus untergebracht gewesen. "Sie haben den Brand zum Glück schnell bemerkt. Es ist ein Holzhaus, ein paar Minuten später wäre das bestimmt ein Vollbrand gewesen." Nun sei die Fassade und das Auto der Gastfamilie beschädigt worden. "Natürlich macht mir das Angst", sagte Müller. Es sei absurd, dass er teils durch Afghanistan reise, nun aber Angst habe, in seinem eigenen Bett zu liegen. "Ich brauche jetzt einfach Zeit, das zu verarbeiten."