Der neue Eigentümer, die österreichische Bank Bawag, sichert den Wachstumskurs der Südwestbank, sagt Südwestbank-Chef Wolfgang Kuhn. Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Nach ihrem Verkauf an die Wiener Bank Bawag richtet die Südwestbank ihre Strategie neu aus. In welchem Bereich die Bank künftig stark wachsen will, und welche Rendite der neue Eigentümer erwartet, darüber spricht Südwestbank-Chef Wolfgang Kuhn im Interview.

Stuttgart – - Nach ihrem Verkauf an die Wiener Bank Bawag richtet die Südwestbank ihre Strategie neu aus. „Das Wachstum soll künftig stark aus dem breiten Privatkundengeschäft kommen“, sagt Südwestbank-Chef Wolfgang Kuhn. Im Gespräch mit dieser Zeitung erklärt er, wie sich das Kreditinstitut dafür aufstellen will. Der Name Südwestbank soll auf jeden Fall erhalten bleiben.
Herr Kuhn, der Verkauf der Südwestbank hat die Öffentlichkeit überrascht. Sie auch?
Ja, dass es überhaupt zum Verkauf kam, war für uns überraschend. Aber die Motive sind nachvollziehbar. Unsere Eigentümer, die U nternehmer Andreas und Thomas Strüngmann, wollten die nächste Generation in der Familie nicht mit schwierigen Themen wie Regulierung und Kapitalisierung von Banken belasten.
Die Südwestbank gehört seit Juli zu einer österreichischen Bank, zur Bawag. Warum hat kein deutsches Institut zugegriffen?
Die Frage kann ich nicht beantworten. Wir haben absolut solide Bilanzkennzahlen und keinerlei Risiken. Vielleicht sind die deutschen Banken zu sehr mit sich selbst beschäftigt. Die Bawag gehört mehrheitlich dem US-Finanzinvestor Cerberus, und dieser beurteilt den Einstiegszeitraum jetzt als extrem günstig.
Warum?
Die Banken hierzulande befinden sich in einer Konsolidierungsphase, es bieten sich also Kaufgelegenheiten. Und die Branche treibt die Digitalisierung voran. Kapitalstärke und Technologiekompetenz sind im Moment die beiden wichtigsten Wettbewerbsfaktoren im breiten Privatkundengeschäft. Cerberus und Bawag stehen für beides. Und sollten über kurz oder lang die Zinsen steigen, werden sich die Margen im Bankgeschäft auch wieder verbessern.

Südwestbank-Kunden zeigen Interesse am neuen Eigentümer

Beunruhigt Sie nicht, dass hinter Bawag der US-Finanzinvestor Cerberus steht?
Mich persönlich beunruhigt das nicht, im Gegenteil, die Bawag sichert den Wachstumskurs der Südwestbank. Bei unseren Kunden spüren wir Interesse am neuen Eigentümer, aber Unruhe kann ich nicht erkennen.
Welche Renditeerwartungen müssen Sie künftig erfüllen?
Die Erwartungen liegen deutlich über dem, was wir derzeit erreichen, obwohl wir mit unseren 4,5 bis 5 Prozent vor Steuern im deutschen Markt gut dastehen. Erwartet wird eine Rendite im zweistelligen Bereich.
Cerberus hat bei der Bawag die Digitalisierung vorangetrieben und die Kosten gesenkt. Wird das auch der Weg der Südwestbank sein?
Ja. Das Wachstum soll künftig stark aus dem breiten Privatkundengeschäft kommen, zu dem auch die Gewerbekunden zählen. Bietet man hier eine hohe Geschwindigkeit und faire Konditionen, sehe ich im Wettbewerb gute Chancen. Zudem kann man Abläufe relativ stark standardisieren. Denken Sie nur an Autofinanzierungen. Damit ist die Bawag in Österreich sehr erfolgreich unterwegs.
Wieviel macht das breite Privatkunden- und Gewerbekundengeschäft bei der Südwestbank aus?
Wir haben 70 000 Kunden in diesem Segment. Die Südwestbank wird künftig nicht nur organisch wachsen, sondern die Bawag wird auch weitere Banken zukaufen. Denn um in Deutschland im breiten Privatkunden- und Gewerbekundengeschäft erfolgreich zu sein, sind mindestens 600 000, besser eine Million Kunden nötig.

Südwestbank richtet sich strategisch neu aus

Was ist bei Ihren vermögenden Kunden und mittelständischen Firmenkunden geplant?
Die strategische Ausrichtung muss man zweigeteilt sehen – bis hin zu einer Zwei-Marken-Strategie. Der Name Südwestbank soll auf jeden Fall erhalten bleiben. Darauf sind wir auch stolz.
Zwei-Marken-Strategie?
Wir haben heute vier Kontomodelle im Privatkundenbereich und weitere vier im Unternehmenskundensegment – angelehnt an die Typologie und Bedürfnisse unserer Kunden. In Zukunft kann ich mir vorstellen, dass wir das Breitengeschäft für einfache Finanzgeschäfte mit einer begrenzten Produktauswahl ausstatten und daher günstigere Preismodelle anbieten. Daneben gibt es Modelle für die vermögende Privatkundschaft und für Firmenkunden, die bei komplexen Finanzierungen und Anlagethemen natürlich auch einen höheren Beratungsbedarf haben.
Wo sehen Sie Möglichkeiten, Kosten zu senken?
Im Sachkostenbereich lassen sich Kosten senken, beispielsweise über einen billigeren Einkauf im größeren Verbund. Möglicherweise gibt es günstigere Lizenzen im IT-Bereich. Wir profitieren künftig auch von Erfahrungen der Bawag bei der Digitalisierung. Das wird dazu führen, dass die bisherige Arbeit effizienter gestaltet wird. Ziel ist es, die vorhandenen Mitarbeiter über Wachstum auszulasten.
Woher soll das Wachstum außerhalb des standardisierten Privatkundengeschäfts kommen?
Wir sind bisher extrem erfolgreich in der Vermögensverwaltung, auch bei der Vermittlung von Fondssparplänen. Ein großer Treiber wird nach wie vor das Kreditgeschäft bei mittelständischen Firmenkunden sein. Durch unsere starke Muttergesellschaft können wir künftig größere Einzelkredite vergeben. Heute gehen wir selten bei einem Kredit über 20 Millionen hinaus, das wird sich ändern.

Südwestbank als Plattform für weitere Zukäufe

Ein Eigentümerwechsel bringt Unruhe ins Haus. Wie begegnen Sie dem?
Extrem hilfreich war unsere Mitarbeiterveranstaltung, die wir Ende August hatten. Hier hat Andreas Strüngmann den Mitarbeitern erklärt, warum sich die Familie nach 13 Jahren von der Bank getrennt hat. Von der Bawag waren drei Vorstandsmitglieder und zehn Führungskräfte anwesend. Das unterstreicht doch das Interesse an der Südwestbank.
Sehen Sie Bawag als längerfristigen Investor?
Ja. Bawag-Chef Abuzaakouk sieht die Südwestbank als Plattform für weitere Zukäufe in Deutschland. Bis der Prozess abgeschlossen ist, vergehen ein paar Jahre. Später sind natürlich alle Optionen offen. Wenn die Bank dann eine entsprechende Größe erreicht hat, wäre selbst ein Börsengang denkbar.
Das Umfeld bleibt schwierig: Niedrigzinsen, Wettbewerb, hohe Regulierungskosten. Worauf müssen sich Kunden einstellen?
Die Niedrigzinsphase wird aus meiner Sicht noch anhalten. Weil der Wettbewerb in Deutschland so hoch ist, erhalten die Kunden im Vergleich zu anderen Ländern eine optimale Versorgung zu niedrigen Preisen. Aber wenn die Phase der Fusionen beendet sein wird, müssen sich die Konsumenten auf höhere Preise einstellen. Aktuell wird es aber nicht mehr zu größeren Gebührenerhöhungen kommen.
Auch die Südwestbank hat Gebühren angehoben. Sehen Sie da noch Spielraum nach oben?
Im Moment nein. Ich glaube, dass die Zinsen ihren Tiefpunkt überschritten haben. Anders wäre es, sollte die Konjunktur einbrechen und sollten wir eine Rezession bekommen. Aber das sehe ich nicht. Im Gegenteil: die Wirtschaft brummt und das wird nächstes Jahr auch noch anhalten.