Paukenschlag in Stuttgart. Die österreichische Bawag P.S.K., die seit Längerem auf Expansionskurs ist, greift bei der Südwestbank zu. Diese soll offenbar das Geschäftsmodell der Österreicher ergänzen. Auch deshalb gibt man sich in Stuttgart für die Zukunft zuversichtlich.
Stuttgart - Die Südwestbank bekommt neue Eigentümer. Die österreichische Bank Bawag P.S.K. übernimmt die baden-württembergische Privatbank und steht damit vor dem Sprung auf den deutschen Markt. Das teilten beide Banken am Mittwoch in Stuttgart mit. Die Unterzeichnung des Verkaufsvertrags ist in einigen Wochen vorgesehen. Über die Kaufsumme machten die Banken keine Angaben.
Die Bawag P.S.K. ist seit Jahren auf der Suche nach Zukäufen im deutschsprachigen Raum. Sie ist mit mehr als 2,2 Millionen Kunden und einer Bilanzsumme von 40 Milliarden Euro Österreichs viertgrößte Bank und gehört dem US-Finanzinvestor Cerberus. Die Stuttgarter Südwestbank gehört mit 28 Filialen, 100 000 Kunden, 650 Mitarbeitern und einer Bilanzsumme von 7,4 Milliarden Euro zu den kleineren deutschen Banken. Sie ist bisher ausschließlich in Baden-Württemberg aktiv. Eigentümer sind die Unternehmer-Zwillinge Andreas und Thomas Strüngmann, die 2004 über ihre Beteiligungsgesellschaft Santo Holding bei der Regionalbank eingestiegen waren.
Die Banken gehen davon aus, dass die Prüfungen durch die Aufsichtsbehörden – der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) und der Europäischen Zentralbank (EZB) – noch bis Ende des Jahres gehen werden. Ob Einsparungen bei der Südwestbank geplant seien und Stellen abgebaut werden sollen, könne noch nicht beantwortet werden. Der Name und die Marke Südwestbank sollen erhalten bleiben, sagte ein Südwestbank-Sprecher am Donnerstag. Außerdem werde es keine Eingriffe in bestehende Kundenverträge geben. Die Banken geben bisher keine Auskunft darüber, ob der Vorstand der Südwestbank bleibt. Derzeit ist Wolfgang Kuhn der Vorstandssprecher. Außerdem gehören Andreas Maurer und Wolfgang Jung dem Leitungsorgan an.
Die Südwestbank soll der Bawag P.S.K. als Basis für weitere Zukäufe dienen
Die Südwestbank solle als Basis für die weitere Expansion der Bawag P.S.K. Gruppe in Deutschland dienen. „Deutschland ist ein sehr, sehr attraktiver Markt für uns“, sagte Bawag-Vorstandschef Anas Abuzaakouk. „Wir sehen uns einige Möglichkeiten an, die unser Geschäftsmodell ergänzen würden.“ Deutschland biete für das Tochterunternehmen Easybank durch die Nutzung ihrer schlanken Infrastruktur interessante Wachstumsperspektiven, um als Direktbank in den wesentlich größeren, weiterhin wachsenden Online-Markt zu expandieren.
Das Kreditinstitut hat in den vergangenen zwei Jahren in Österreich bereits die VB Leasing, Immo-Bank und Start-Bausparkasse erworben und hat bereits im Vorjahr erste Vorbereitungen für einen Schritt nach Deutschland getroffen. Sogar eine Übernahme der Postbank hatte sie Finanzkreisen zufolge ins Auge gefasst. Zuletzt hatte sie Interesse an der Oldenburgischen Landesbank angemeldet, hat dort aber offenbar gegen den US-Finanzinvestor Apollo den Kürzeren gezogen. Die Übernahme der Südwestbank eröffne dem österreichischen Kreditinstitut direkten Kundenzugang in Deutschland. Zudem zeichne sich Baden-Württemberg „als ökonomisch stabile Region mit hohen Wachstumsraten und diversifizierter Wirtschaftsstruktur aus“, teilte die Bawag auf Anfrage unserer Zeitung mit. Nach dem erfolgreichen Abschluss der Transaktion werde die neue Eigentümerin gemeinsam mit der bestehenden Mannschaft der Südwestbank die künftige Strategie der Südwestbank erarbeiten. Die Südwestbank werde dabei als Basis für die weitere Expansion der Bawag P.S.K. Gruppe in Deutschland dienen.
Die Südwestbank sieht für die Zukunft mehr Chancen als Risiken
„Alles läuft über die Südwestbank – das ist für uns ein Vorteil“, sagte ein Südwestbank-Sprecher. „Die Bawag hat in den vergangenen Jahren extrem viel in die IT und Digitalisierung investiert – davon kann die Südwestbank profitieren.“ Außerdem habe die Bawag einen günstigeren Zugang zum Kapitalmarkt als die Südwestbank. „Wir sehen klar eher die Chancen als die Risiken“, so der Sprecher. Die Mitarbeiter der Südwestbank seien am Mittwoch über den geplanten Verkauf informiert worden, sagte ein Südwestbank-Sprecher. „Das kam überraschend. Aber ich glaube, dass es den Führungskräften gelungen ist, die Perspektiven aufzuzeigen.“ Ein Vorteil sei, dass die Bawag P.S.K. die Südwestbank als Basis für die Expansion in Deutschland betrachte: „Das bietet auch Chancen, dass wir über Baden-Württemberg hinauswachsen – das ist eine spannende Perspektive.“
Die Südwestbank kam im vergangenen Jahr auf ein Betriebsergebnis von 79 Millionen Euro vor Steuern. Die Strüngmann-Zwillinge – die Gründer des Pharmaherstellers Hexal und seit dessen Verkauf an Sandoz Milliardäre – hatten die ehemalige Genossenschaftsbank für rund 100 Millionen Euro von der DZ Bank gekauft. Vor drei Jahren hatten sie der Südwestbank eine 400 Millionen Euro schwere Kapitalspritze verpasst.