Guido Wolf (links) – will er mehr Macht? Und wird Peter Hauk (rechts) die seine behalten? Foto: dpa

Alle predigen Geschlossenheit, aber bei der Landes-CDU ist nach der Wahl von Guido Wolf zum Spitzenkandidaten für die Wahl 2016 ein heftiger Machtkampf entbrannt. Wer ihn gewinnt?

Stuttgart/Köln - Eigentlich waren sich Sieger Guido Wolf und Verlierer Thomas Strobl vergangenen Freitag einig. Jetzt, nachdem die Mitgliederbefragung zur Findung des CDU-Spitzenkandidaten für die Landtagswahl 2016 so problemlos gelaufen sei, müsse man an dieser Harmonie festhalten und geschlossen für den Machtwechsel kämpfen. Doch die guten Vorsätze hielten nicht lange.

Seit Montag wird heftig um Posten gerungen. Die drei Hauptbeteiligten: Wolf, Strobl und Landtagsfraktionschef Peter Hauk. Offiziell herrscht Ruhe vor dem Sturm. Der Grund: An diesem Dienstag bewirbt sich Landesparteichef Strobl beim Bundesparteitag in Köln erneut um einen der Stellvertreterposten von CDU-Chefin Angela Merkel. „Jetzt ist erst mal diese Wahl wichtig. Danach klären wir die anderen Fragen“, sagte am Montag ein führendes Mitglied der Südwest-CDU. Kein Zweifel: Die Sorge vor größerem Schaden ist spürbar.

Dabei gibt es schon jetzt unübersehbare Brüche. Beispiel Hauk. Noch am Freitag hatte er darauf beharrt, seinen Posten bis zum Ende dieser Legislaturperiode behalten zu dürfen. So hatte er es im April dieses Jahres bei der CDU-Klausur in Ulm mit Wolf vereinbart und im Gegenzug auf eine eigene Bewerbung als Spitzenkandidat zur Landtagswahl verzichtet.

Nun aber brechen die unterschiedlichen Lager in der Fraktion auf. Auf der einen Seite die Wolf-Fans wie der Aalener Landtagsabgeordnete Winfried Mack, der eine Entmachtung von Hauk verklausuliert befürwortet („Wir müssen jetzt gemeinsam besprechen, wie es weitergeht“) , damit Wolf als eigentlicher Oppositionsführer im Landtag gegen Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) ins Feld ziehen könne. Auf der anderen Seite gibt es aber Parlamentarier wie Karl Zimmermann (Kirchheim): „Ich sehe keine Notwendigkeit, dass Guido Wolf als Spitzenkandidat automatisch auch den Fraktionsvorsitz übernimmt.“ Denkbar sei doch auch, dass Wolf Landesparteichef wird: „Das ist doch auch eine herausragende Position.“

Die aber hat noch Thomas Strobl inne – und zwar bis 2015. Ob der Heilbronner Bundestagsabgeordnete und Chef der CDU-Landesgruppe im Bundestag das Amt aufgeben würde, gilt freilich als offen und dürfte auch von seinem Wahlergebnis in Köln abhängen. Strobl selbst macht klar, dass man die Frage des Landesvorsitzes „in den nächsten Tagen und Wochen in aller Ruhe und Freundschaft besprechen“ werde.

Scheinbare Loyalität?

Ob es so kommt? „Wolf will jetzt die komplette Macht“, sagt einer. In diesem Poker wird Hauk nicht nur zum Getriebenen, er könnte am Ende auch der Verlierer sein. Im Frühjahr hatte er die Absprache mit Wolf getroffen und zuletzt mehrfach betont, der Sieger werde auch ohne den Posten des Fraktionschefs nun jederzeit Rederecht im Landtag erhalten. Aber mancher in der Fraktion will Hauk dennoch loswerden. „Da sind jetzt einige Bluthunde unterwegs“, so ein führender Fraktionär am Montag. Oder wie es eine Abgeordnete umschreibt: „Der Peter hat sich auf die scheinbare Loyalität mancher Leute verlassen. Das rächt sich nun.“

Hauk selbst hält sich zu alle dem bedeckt, hat aber klare Erwartungen. Er sei „gesprächsbereit“, das müssten aber auch andere sein. Soll heißen: Auch Wolf muss sich nun bewegen. Es müsse doch jetzt „das Ziel sein, eine gemeinsame Lösung zu finden“, meint Hauk. Auf seine Initiative wird es deshalb am Rand des Parteitags in Köln ein Gespräch unter sechs Augen mit Strobl und Wolf geben. „Wenn bis nach dem Bundesparteitag kein Lösungsmodell auf dem Tisch liegt, geht der Rückenwind der Mitgliederbefragung ein Stück weit verloren“, warnt Hauk.

Wie aber könnten Lösungsmodelle aussehen? Variante eins: Strobl gibt den Landesvorsitz beim Parteitag am 24. Januar 2015 an Wolf ab und konzentriert sich fortan ganz auf die Bundespolitik. Variante zwei: Ein Jobtausch: Hauk wird Landtagspräsident, Wolf wird Fraktionschef. Aber das „ist nicht vermittelbar“, warnt ein erfahrener Parlamentarier vor dem Eindruck eines Postengeschachers. Die Lösung hätte nur einen Vorteil: Beide müssten keine Gehaltseinbußen befürchten, weil beide Posten die doppelte Abgeordnetendiät (also monatlich 14 000 Euro) erhalten und den Genuss eines Fahrers mit sich bringen.

Nur, für den Posten des Landtagspräsidenten, den Wolf Ende Januar niederlegt, werden schon jetzt auch andere Namen gehandelt: Ex-Minister Wolfgang Reinhart (Tauberbischofsheim), Ex-Staatssekretärin Friedlinde Gurr-Hirsch (Eppingen) und Ex-Landtagspräsident Willi Stächele (Achern). Variante drei im Polit-Poker: Hauk tritt den Posten des Fraktionschefs an Wolf ab und vertraut darauf, dass er im Gegenzug nach der Landtagswahl einen Ministersessel bei Wolf erhält. „Undenkbar, weil unkalkulierbar“, meint ein Insider. Variante vier: eine Doppelspitze. Hauk wird Parteichef, Wolf wird Fraktionschef. Ein gutes Miteinander der Widersacher bezweifeln aber viele.

So taumelt die Südwest-CDU nach der als Erfolg gefeierten Mitgliederbefragung in eine ungewisse Zukunft. „Die Lage ist sehr angespannt“, sagt einer, „alles ist im Fluss.“ Zumal ein anderer Faktor hinzukommt: Nach seinem 55,9-Prozent-Sieg gegen Strobl (44,1) keimen bei vielen in der Landes-CDU – von Abgeordneten und Funktionären bis zu Oberbürgermeistern und Landräten – die Hoffnungen, unter Wolf etwas zu werden. „Da schläft jetzt mancher mit offenem Fenster, um den Ruf nicht zu überhören“, frotzelt ein CDU-Vorstandsmitglied.

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