Im Überlinger Nebel nehmen Autofahrer eine unangenehme Botschaft wahr. Foto: Stadt Überlingen

Seit dem 1. Februar gibt es in Überlingen keine öffentlichen Parkplätze mehr. Der neue Oberbürgermeister kann da gar nichts dafür. Trotzdem hat er jetzt Ärger mit der Polizei.

Überlingen - Überlingen gilt unter Kommunalpolitikern am Bodensee als ein schwieriges Pflaster. Den hohen Anspruch bekamen die vergangenen drei Oberbürgermeister zu spüren. Alle mussten nach einer Wahlperiode ihren Sessel wieder räumen. Nun spürt Jan Zeitler den rauen Wind, der in der ehemals freien Reichsstadt am lieblichen Nordufer weht. Kaum hat sich der SPD-Mann die Amtskette umgelegt, hat er auch schon eine Anzeige am Hals.

Hintergrund ist die neue Stellplatzverordnung, mit der der Überlinger Gemeinderat ein ebenso einfaches wie radikales Gegenmittel gegen den ausufernden Parkplatzsuchverkehr ersonnen hat. „Liebe Autofahrer“, heißt es auf großen Plakaten an den Einfallstraßen. „Es gibt keine Parkplätze in der Innenstadt.“ Um Missverständnisse zu vermeiden, haben die Stadtväter das Wort „keine“ in Großbuchstaben geschrieben. Alternativ solle man doch bitteschön die Parkhäuser benutzen.

Ein Herz fürs Handwerk

Ziel der Maßnahme sei es, den Autoverkehr zugunsten von Fußgängern, Radfahrern und öffentlichen Omnibussen zurückzudrängen, heißt es. Allerdings hat die Stadtverwaltung auch ein Herz fürs Handwerk. Denn viele öffentliche Parkplätze wurden kurzerhand in „Handwerkerstellplätze“ zum Be- und Entladen umgewandelt.

Thomas Bieler kommt aus Stockach und ist kein Handwerker, aber Jurist mit einer unheilbaren Phobie gegen Parkhäuser. „Schon beim Reinfahren bekomme ich Beklemmungen“, sagt er. Nach dem Aussteigen werde es noch schlimmer. „Vom Abgasgeruch werde ich verrückt.“ Alle Behandlungsversuche hätten nicht gefruchtet.

Plädiert der OB auf „nicht schuldig“?

Als der 52-Jährige vergangene Woche Überlingen besuchte, bekam er regelrechte Schweißausbrüche. „Das ist doch Nötigung“, findet Bieler und hat deshalb bei der Staatsanwaltschaft Anzeige gegen den OB erstattet. Zeitler äußerte sich nicht, doch dürfte er wohl auf „nicht schuldig“ plädieren. Schließlich wurde er erst am 2. Februar, dem Tag nach Inkrafttreten der Stellplatzverordnung, ins Amt eingeführt. Der Fall sei etwas fürs Stockacher Narrengericht, heißt es derweil in den Leserbriefspalten in Anspielung auf Bielers Heimatort. Eine gute Idee. Die Narren lösen juristische Probleme meist mit ein paar Eimern Wein. Danach sollte man ohnehin lieber Bus fahren.