Mehrere Tausend Menschen versammelten sich vor der Oper und rund um den Eckensee. Foto: LICHTGUT/Lichtgut/Leif Piechowski

Die Kultur in Stuttgart meldet sich eindrucksvoll zu Wort: Vor der Oper spielten die großen Orchester mit mehreren Tausend Menschen ein „Mitmachkonzert“ für die Ukraine.

Stuttgart - Die vier großen Stuttgarter Orchester, an einem Ort versammelt, nämlich auf den Stufen vor der Oper – das ist Premiere. Leider ist der Anlass für den gemeinsamen Auftritt der Stuttgarter Philharmoniker, des Staatsorchesters Stuttgart, des SWR-Symphonieorchesters und des Kammerorchester im Herzen des Kulturquartiers ein trauriger: der Krieg in der Ukraine.

Mit ihrem „Mitmachkonzert“ unter der Leitung der ukrainischen Dirigentin Viktoriia Vitrenko wollen die Berufsmusiker ein Zeichen gegen den Krieg setzen. Und sie sind damit nicht alleine. Mehrere Tausend Menschen vor der Oper und rund um den Eckensee stimmen am Samstagnachmittag mit ein, als die Bläser, Streicher und Sänger Beethovens „Ode an die Freude“ intonieren, die Europahymne, in der Schillers Utopie einer versöhnten Menschheit ihren musikalischen Ausdruck findet. Sie bildet einen Kontrapunkt zu Krieg und Gewalt. Ebenso wie der Kanon Dona nobis pacem (Gib uns Frieden) und der „Gefangenenchor“ aus Verdis Nabucco. Nur das Klappern der Skater vor dem Landtag stört den Gesang, der nach hinten abflacht. Hoch über dem Eingang zur Oper hängt die blau-gelbe Fahne der Ukraine mit dem Aufdruck „StandWithUkraine“. Die Staatstheater wollen helfen. Sie bitten um Spenden für die Ukraine-Aktion der Stuttgarter Hilfsorganisation Stelp (IBAN DE32 4306 0967 7001 8011 00, GLS Gemeinschaftsbank eG).

Die Landtagspräsidentin mahnt: „Wir brauchen einen langen Atem“

Landtagspräsidenten Muhterem Aras findet auf den Stufen vor der Oper eindringliche Worte: „Das Land Baden-Württemberg sendet von hier ein Signal der Solidarität mit der Ukraine aus. Und ein Signal für die Aufnahme von Geflüchteten.“ Sie kündigt ein „Schutzprogramm“ für Kulturschaffende und Oppositionelle auch aus Belarus und Russland an, „das ihnen Perspektiven eröffnet“. Sie schlägt den Bogen zu Russen, die gegen den Krieg sind und die Botschaft der „Ode an die Freude“ teilen: „Auch sie brauchen unsere Solidarität. Und die haben sie.“ Für diesen Mittwoch lädt sie zu einem Friedenskonzert in den benachbarten Landtag ein, das von Generalmusikdirektor Cornelius Meister geleitet wird. Die Landtagspräsidentin weiß jedoch, dass es mit Solidaritätsbekundungen alleine nicht getan sein wird. „Wir brauchen einen langen Atem und dürfen nicht nachlassen“, sagt sie unter dem Beifall der Menge, um sich dann direkt an den Aggressor Putin zu wenden: „Beenden Sie diesen verdammten Krieg!“

OB Nopper ruft aus: „Wir sind alle Ukrainer!“

Auch Stuttgarts Oberbürgermeister Frank Nopper betont die Solidarität mit der Ukraine: „Unsere Herzen sind Blau-Gelb“, sagt er und nimmt eine Anleihe bei John F. Kennedy und dessen berühmten Ausspruch „Ich bin ein Berliner!“ Mit lauter Stimme ruft Nopper aus: „Wir sind alle Ukrainer!“ Gelungen ist sein Hinweis auf die berühmte Rede („Speech of Hope“) des früheren amerikanischen Außenminister James F. Byrnes, die sich 2021 zum 75. Mal jährte. Byrnes hatte seine an die Deutschen gerichtete Versöhnungsrede just hier, in der Stuttgarter Oper gehalten. Ihre Botschaft ist zeitlos gültig. Auch mit Blick auf die Ukraine.

Unerwähnt lässt Nopper die Bemühungen der Stadt Stuttgart bei der Aufnahme von Geflüchteten aus der Ukraine. Die neu eingerichtete städtische Koordinierungsstelle hatte am Freitag die Einrichtung eines Ankunftszentrums beschlossen. Von Montag an ist zudem eine mehrsprachige Hotline für Ankommende und Helferinnen und Helfer geschaltet (07 11 /  722 35 11 21, die Mail-Adresse lautet Poststelle.ukraine-engagiert@stuttgart.de).