Ursula von der Leyen ist seit dem 1. Dezember 2019 ist sie Präsidentin der Europäischen Kommission. Für die Europawahl am 9. Juni ist sie die CDU-Spitzenkandidatin. Foto: Alexandros Michailidis/Shutterstock.com

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat als Kind ihre jüngere Schwester verloren. In einem neuen Interview schildert sie, wie der viel zu frühe Tod ihre Familie und ihr ganzes Leben verändert hat.

CDU-Politikerin Ursula von der Leyen (65) gibt selten private Einblicke. Vor der Europawahl hat sie in einem Interview mit "Bild" aber über den schweren Schicksalsschlag in ihrer Kindheit gesprochen, der sie bis heute prägt. Als sie gerade einmal 13 Jahre alt war, starb ihre zwei Jahre jüngere Schwester Eva-Benita an Krebs. Auch mehr als 50 Jahre später schmerzt sie der Verlust.

"Das war bitter"

Damals lebte die Familie in Brüssel. Es sei eine "dunkle Zeit" gewesen, erinnert sich von der Leyen. "Ihr Tod hat uns sehr verändert. Als Familie. Ich erinnere mich noch daran, wie ich als Kind die Hilflosigkeit und Verzweiflung meiner Eltern wahrnahm, weil sie ihr nicht helfen konnten." Denn ihre Schwester habe große Schmerzen gehabt und die medikamentöse Behandlung sei damals "nicht gut genug" gewesen. "Und dann diese vielen, vielen Monate des langsamen Sterbens. Das war bitter."

Ihre Mutter habe "wie eine Löwin" darum gekämpft, dass das Mädchen möglichst viel daheim sein konnte und nicht im Krankenhaus bleiben musste, obwohl zu der Zeit "die Mediziner gerne die Kinder in der Klinik hielten". Es sei richtig gewesen, dass ihre Mutter so gehandelt habe, findet von der Leyen, die selbst sieben Kinder hat. "Das hat mich sehr geprägt. Ich glaube, dass diese Erfahrung mit ein Auslöser dafür war, warum ich später Medizin studiert habe."

Nach dem Tod wurde alles anders

Acht Wochen nach dem Tod von Eva-Benita sei die Familie nach Deutschland gezogen. Von der Leyens Mutter war da wieder schwanger. "Drei Monate nach ihrem Tod wurde mein fünfter Bruder geboren und die Familienstruktur veränderte sich", schilderte die Politikerin. "Davor waren wir vom Alter her zwei Jungs, zwei Mädchen, zwei Jungs. Mit dem Tod meiner Schwester war ich ein Mädchen und fünf Brüder." Diese Zeit sei für sie ein "riesiger Einschnitt in meinem Leben" gewesen. "Alles war plötzlich anders und neu für mich, dazu kamen Deutschland und die Pubertät."

Und natürlich die Trauer um die verlorene kleine Schwester. "Wir waren nur zwei Jahre auseinander, haben alles miteinander geteilt. Sie war einfach immer da, und ich war auch immer für sie da. Und gerade, weil wir zwei ältere und zwei jüngere Brüder hatten, haben wir ganz fest zusammengehalten." Mit ihr habe sie eine enge Vertraute verloren. "Ihr Tod hat mich gelehrt, wie wichtig es ist, den Moment zu genießen, denn er kann jederzeit vorbei sein."

Umso mehr genießt sie die Zeit mit ihrer Familie, die sie unter anderem in Österreich verbringt. Dort, wo ihre Schwester die letzte Ruhe fand. "Da wir aus Brüssel wegzogen und in Deutschland noch nicht genau wussten, wo wir Fuß fassen, ist sie in Österreich beerdigt. Auf einer Alm, wo meine Eltern seit 1968 mit uns Urlaub machten. Es ist bis heute unser Familienort."