Dem Stadtplanungsamt schwebt Foto: Alexandra Kratz

Die Lokalpolitiker haben gegen den Bebauungsplan für die Seerosenstraße gestimmt.

Vaihingen - Mit einem solchen Sturm der Entrüstung hatte Michael Hausiel nicht gerechnet. Der Mitarbeiter des Amts für Stadtplanung und Stadterneuerung war in die Sitzung des Vaihinger Bezirksbeirats gekommen, um über den neuen Bebauungsplan für das Gebiet zwischen der Seerosen-, der Katzenbach- und der Gartenstraße zu berichten. Der Entwurf sieht vor, das Areal in zwei Teilbereiche aufzuteilen. Die Bachstraße markiert die Trennlinie. „Unser Ziel ist es, das Verfahren für den südlichen Teil zügig voranzutreiben ohne die Entwicklung im Norden vorwegzunehmen“, sagte Hausiel.

Hintergrund ist, dass es für das Grundstück an der Gartenstraße 6 eine Bauvoranfrage gab. Ein Investor wollte dort drei Doppelhäuser und ein Einfamilienhaus nebst Garagen bauen. Diese Ideen entsprechen jedoch nicht den von der Verwaltung und den Stadträten verfolgten Zielen für die künftige städtebauliche Entwicklung. Dennoch wäre die Realisierung dieser Pläne nach derzeit geltendem Recht möglich gewesen. Darum hat der Gemeinderat eine Veränderungssperre erlassen und bereits einmal verlängert. Nun drängt die Zeit, denn die Veränderungssperre endet im September 2013. Um den Ideen des Investors endgültig einen Riegel vorzuschieben, muss ein neuer Bebauungsplan aufgestellt werden.

„Uns ist es wichtig, dass keine Häuserschlucht entsteht“

Der Entwurf für den südlichen Teil sieht vor, das Areal als ein „besonderes Wohngebiet“ auszuweisen. Das bedeutet, dass neben Wohnungen auch kleinere Gewerbebetriebe zulässig sind. Dies entspricht der derzeitigen Struktur des Gebiets. Vergnügungsstätten wie Spielhallen und Wettbüros sind verboten. Geplant ist außerdem, eine sogenannte geschlossene Bauweise entlang der großen Straßen. So soll der Innebereich mit seiner aufgelockerten Bebauung und Gärten vor Lärm und Schadstoffen geschützt werden. Hausiel sprach von ein „Stärkung der Blockränder“.

Nördlich der Hauptstraße und im südlichen Bereich der Garten- und Seerosenstraße sind laut Entwurf zwei bis drei Geschosse zulässig, jeweils zuzüglich eines Dachgeschosses. Im nördlichen Bereich sind entlang der Seerosen- und der Gartenstraße bis zu drei Vollgeschosse, an der Bachstraße und im Blockinneren bis zu zwei Vollgeschosse möglich.

Einigen Bezirksbeiräten gefielen diese Ideen ganz und gar nicht. Sie hatten bereits im Juli 2010 gefordert, dass nur entlang der Hauptstraße ein Block mit drei Geschossen gebaut werden darf. „Uns ist es wichtig, dass keine Häuserschlucht entsteht“, sagte Sven Ostertag von der SPD.

Hausiel argumentierte, dass sich eine dreigeschossige Bebauung besser in das Ortsbild einfüge. Denn auf der gegenüberliegenden Straßenseite werde derzeit das Mehrgenerationenhaus gebaut, das einen massiven Baukörper darstelle. Und im weiteren Verlauf der Seerosenstraße habe die Stuttgarter Wohnungs- und Städtebaugesellschaft (SWSG) zwei Mehrfamilienhäuser mit drei Geschossen und einem großzügigen Dachgeschoss gebaut.

Grundsatzfrage: Dorf oder Stadt?

Mit den gestärkten Blockrändern wolle man zwischen dieser Bebauung und dem sich anschließenden Teil vermitteln, sagte Hausiel. Ostertag entgegnete, dass der Bezirksbeirat mit dem Abriss des Farrenstalls und dem Bau der beiden SWSG-Gebäuden noch nie einverstanden gewesen sei, und dass diese nun nicht als Argument für eine Ausdehnung der massiven Bebauung herangezogen werden könnten.

Auch Gerhard Wick (SÖS) argumentierte, dass wenn man jetzt eine Blockbebauung entlang der Seerosenstraße festschreibe, sich diese Bauweise „immer weiter fresse“. Kristin Wedekind (Grüne) störte sich insbesondere daran, dass eine dreigeschossige Bebauung an der Seerosenstraße die Bachstraße zu stark verschatten würde. Auf diese Weise entstehe ein „regelrechter Canyon“. Wick ergänzte: „Es ist beängstigend an solchen Schluchten entlang zugehen.“ Konrad Ruf (Freie Wähler) fand den vorgestellten Bebauungsplanentwurf grundsätzlich nicht schlecht, plädierte aber auch für eine etwas weniger dichte Bebauung. Heike Engelhardt (SPD) konnte hingegen den geplanten Blockrändern einen gewissen Charme abgewinnen. „Es geht um die Grundsatzfrage, ob wir Dorf oder Stadt sein wollen“, sagte die SPD-Bezirksbeirätin. Wolfgang Georgii (CDU) gab sogleich eine Antwort: „Wir sind eine Stadt, da sind drei Geschosse eigentlich in Ordnung.“

Hausiel wies freilich darauf hin, dass es zu rechtlichen Schwierigkeiten führen könnte, wenn die Zahl der Geschosse auf maximal zwei festgesetzt werde. Denn für einige der betroffenen Grundstückseigentümer könnte dies eine Wertminderung bedeuten. Doch von diesem Argument ließen sich nicht alle der Bezirksbeiräte überzeugen. Die CDU, die FDP und die Freien Wähler stimmten für den Bebauungsplan, die SPD, die Grünen und die Fraktionsgemeinschaft SÖS/Linke votierten dagegen. Damit wurde die Beschlussvorlage mit knapper Mehrheit abgelehnt.