Erhöht die Zigarette am Steuer die Unfallgefahr? Foto: dpa/Marcus Führer

Eine Zigarette rauchen und das Lenkrad bedienen? James Bond konnte das. Jahrzehnte später wird ein Rauchverbot diskutiert. Die CDU im Kreis Ludwigsburg ist aber dagegen.

James Bond rauchte seine letzte Zigarette im Jahr 2002. Der Film trug den unfreiwillig raucherkritischen Titel „Stirb an einem andern Tag“. Mehr als 20  Jahre später sind die Risiken des blauen Dunstes unbestritten – auch beim Autofahren. Aktuell wird über Gesetze gegen das Qualmen am Steuer diskutiert. Ein solches Rauchverbot gibt es bereits in einigen EU-Ländern. Nicht viel von einem Verbot hält hingegen die CDU im Kreis Ludwigsburg. Sie stimmte kürzlich bei ihrem Parteitag in Bietigheim-Bissingen daher dagegen.

 

Fahren im Blindflug

Zuletzt hatte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach im Juli für Schlagzeilen gesorgt. Der SPD-Mann will Schwangere und Kinder in Autos gesetzlich schützen. Ob das überhaupt kontrollierbar ist, daran zweifeln die Kritiker des Vorstoßes. Für ein generelles Rauchverbot wäre hingegen die Senioren-Union im Kreis Ludwigsburg zu haben. Sie brachte den Antrag beim CDU-Kreisparteitag ein. „Für uns ist vor allem auch der Schutz der anderen im Verkehr wichtig“, sagt Hans-Dieter Pfohl, der Murrer CDU-Chef ist Kreisvorsitzender der Senioren-Union.

Rauchen lenkt vom Fahrgeschehen ab – darüber herrscht Einigkeit. „Es braucht nur einmal die Glut auf den Sitz zu fallen, dann bückt man sich und fährt im Blindflug“, sagt Jörn-Götz Dahlke, Taxi-Unternehmer aus Erdmannhausen. Drei Sekunden ohne Blick auf die Straße bedeuten laut Verkehrsclub ADAC innerorts einen absoluten Kontrollverlust auf 35 Metern. Für Dahlke Grund genug, für ein gesetzliches Rauchverbot zu sein. „Ich sehe oft, wie die Leute plötzlich Schlangenlinien fahren: Entweder blicken sie aufs Handy oder rauchen – das dürfte bei Unfällen eine Rolle spielen.“

„Wo anfangen und wo aufhören?“

Als Radfahrer würde sich Ulrich Klingner etwas sicherer fühlen, wenn es zum Rauchverbot im Auto käme. Der stellvertretende Vorsitzende des Allgemeinen Deutschen Fahrradclubs (ADFC) in Ludwigsburg mit rund 500 Mitgliedern ist dafür, möglichst alles zu verbieten, was gravierend vom Verkehrsgeschehen ablenkt. „Ich kenne keine Studien zu dem Thema Unfallgefahr durch Rauchen, aber ich gehe davon aus, dass die Dunkelziffer groß ist.“ Klingner hält den Ablenkungsfaktor beim Rauchen zwar für nicht ganz so groß wie den beim Blick auf Handys, aber er sei schwerwiegender, als während des Fahrens etwa vom Brötchen abzubeißen.

Was in einem Auto passiert sei für Außenstehende schwer zu beurteilen und von der Polizei zu kontrollieren, findet Fabian Gramling, CDU-Bundestagsabgeordneter im Kreis Ludwigsburg und Teilnehmer am Parteitag in Bietigheim-Bissingen. „Wo anfangen und wo aufhören?“, fragt er sich mit der großen Mehrheit der Delegierten. Denn auch das Bedienen eines Radios lenke ab – und letztlich liege es in der Verantwortung des Einzelnen, am Verkehr sicher teilzunehmen. Ein Verbot greife in die persönliche Freiheit ein. Das betreffe ebenso den gesundheitlichen Aspekt: „Dann müssten wir auch das Öffnen einer Flasche Cola während der Fahrt untersagen.“ Für Gramling zählt zusätzlich, dass das autonome Fahren der Autos den Fahrern in Zukunft mehr Handlungsfreiheit eröffne.

Kinder haben ein Recht auf Gesundheit

Das Rauchen am Steuer will auch Christa Holtzhausen, Vorsitzende des Kinderschutzbundes Ludwigsburg, nicht unter Strafe stellen. „Grundsätzlich haben alle Kinder ein Recht auf Gesundheit“, sagt sie mit Blick auf das Passivrauchen und dessen Langzeitfolgen, „aber was bringt ein Gesetz, das nicht kontrolliert werden kann?“ Auch an das Handyverbot hielten sich viele Autofahrer nicht. „Ich denke, dass eine breit angelegte Werbekampagne mehr erreichen würde.“

Der ADAC plädiert ebenfalls für die Eigenverantwortung der Raucher am Steuer. Zwar könne es fatal sein, wenn eine brennende Zigarette nach unten falle und der Fahrer sie wiederfinden wolle, teilt eine Sprecherin mit. Auch sollte es selbstverständlich sein, dass nicht geraucht werde, wenn sich Schwangere oder Kinder mit im Wagen aufhielten. Ein Gesetz brauche es aber nicht. Statistiken zum Thema Rauchen und Ablenkung seien nicht bekannt.

Polizei führt Rauchen nicht in der Statistik

Die Polizei führt das Rauchen nicht als Kenngröße in ihren Statistiken, es sei auch schwer als Unfallursache zu ermitteln, teilt Steffen Grabenstein, Pressesprecher des Polizeipräsidiums Ludwigsburg, mit. Rauchende Fahrer könnte man ähnlich wie Gurtmuffel oder Handynutzer bei Kontrollen aus dem Verkehr ziehen. Dies müsste aber erst gesetzlich näher geklärt werden.

Ein No Go ist das Rauchen am Steuer für Fahrlehrer im Dienst, erzählt Ralf Nicolai, stellvertretender Vorsitzender des Fahrlehrerverbandes Baden-Württemberg mit rund 2000 Mitgliedern. Ein Gesetz gegen den blauen Dunst im Wagen hält der Inhaber einer Ludwigsburger Fahrschule persönlich für nicht erforderlich. „Das Rauchen ähnelt eher der Nahrungsaufnahme, weniger dem Bedienen technischer Geräte.“ Für gefährlicher hält Nicolai da Displays – die seien in manchen Autos so komplex geworden, dass Gerichte nach Unfällen das Anhalten als angemesseneres Verhalten bewerteten, nachdem der Fahrer beim Bedienen der Heizung folgenschwer abgelenkt worden war.

Was gelten aktuell für Gesetze zum Rauchen im Auto?

Deutschland
Hierzulande gibt es noch kein Rauchverbot in Autos, informiert der ADAC. Einige Bundesländer wollen ein Gesetz auf den Weg bringen mit Strafen bis zu 3000 Euro. Geahndet werde bisher das Hinauswerfen brennender Zigaretten wegen der Umweltverschmutzung. Für die Ordnungswidrigkeit sind 20 bis 50 Euro fällig. Höhere Strafen drohen laut ADAC bei fahrlässiger Körperverletzung oder Waldbrand.

Europa
Ein Rauchverbot in Autos besteht laut ADAC in Italien, Frankreich und Österreich sowie in einigen anderen EU-Ländern und Großbritannien. Dieses Verbot gilt immer dann, wenn Minderjährige im Wagen sitzen. Die Altersgrenze wird unterschiedlich angesetzt. Sie kann bei 12, aber auch bei 18 Jahren liegen, je nach Land. In Griechenland ist das Bußgeld mit bis 1500 Euro besonders hoch, im Bus des ÖPNV können für den Fahrer 3000 Euro fällig werden.