EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker kommt zum Treffen in Brüssel. Foto: EPA

Neuer Anlauf für das Reform- und Sparpaket Griechenlands in Brüssel: Am Mittag kamen erneut die Euro-Finanzminister zu einer Sondersitzung zusammen. Auf der einen Seite liegen Reformvorschlägen aus Athen auf dem Tisch, auf der anderen die Vorstellungen der Geldgeber.

Brüssel - Im griechischen Schuldenstreit beraten erneut die Finanzminister der Euro-Staaten. Die erhoffte Einigung zwischen Athen und seinen Gläubigern liegt bei dem Treffen in Brüssel nicht auf dem Tisch. Griechenland droht die Pleite, weitere Hilfszahlungen soll es aber nur im Gegenzug für konkrete Reformzusagen erhalten.

Die Minister sollen über ein Papier mit Reformvorschlägen aus Athen beraten sowie über ein weiteres Dokument mit Vorstellungen der Geldgeber-Institutionen EU-Kommission, Europäische Zentralbank (EZB) und Internationaler Währungsfonds (IWF). Das bestätigten Brüsseler Diplomaten und griechische Regierungskreise gleichermaßen.

In der EU-Kommission begann am Donnerstagmorgen ein erneutes Spitzentreffen mit dem griechischen Ministerpräsidenten Alexis Tsipras. Daran nahmen dem Vernehmen nach wie bereits am Vortag EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker, IWF-Chefin Christine Lagarde, der Chef der Europäischen Zentralbank, Mario Draghi, sowie Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem und der Chef des Euro-Rettungsschirms ESM Klaus Regling teil. Die Spitzenrunde hatte in der Nacht ergebnislos getagt.

Das Reformpaket ist Voraussetzung für die Auszahlung von 7,2 Milliarden Euro blockierten Hilfen. Das von der Pleite bedrohte Griechenland braucht dringend frische Milliarden. Am 30. Juni läuft das bereits zweimal verlängerte Hilfsprogramm der Europäer für Athen aus.

EU-Diplomaten zufolge gibt es bislang nur minimale Annäherung in den Gesprächen. Die Griechen hätten in quasi allen von den Geldgebern geforderten Punkten - etwa bei Rentenkürzungen und Steuererhöhungen - noch Einwände. „Die beißen einfach nicht an“, sagte ein Diplomat.

Tsipras verlangt Verlagerung der Schulden auf Euro-Rettungsschirm

Bereits am Donnerstagmorgen hatten Fachleute wieder mit technischen Gesprächen begonnen. EU-Währungskommissar Pierre Moscovici schrieb beim Kurznachrichtendienst Twitter: „Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg.“

Bei den Spitzengesprächen forderte Tsipras laut Diplomaten eine Verlagerung der Schulden auf den Euro-Rettungsschirm ESM - was die Geldgeber ablehnen. Dies solle zunächst ausgeklammert werden, sagte ein EU-Diplomat. Österreichs Finanzminister Hans Jörg Schelling hatte diesen Vorstoß für die Schulden-Umschichtung als „drittes (Hilfs-)Programm durch die Hintertür“ bezeichnet. Unter den 19 Euroländern herrscht derzeit Einigkeit, dass es kein drittes Programm für Athen geben soll. Bisher gibt es bereits zwei Rettungspläne mit einem Umfang von insgesamt rund 240 Milliarden Euro. Griechenland ist der mit Abstand schwierigste Fall in der seit Jahren dauernden Euro-Rettungspolitik.

Laut Informationen der griechischen Seite gibt es unter anderem Differenzen bei der Mehrwertsteuer. Die Geldgeber forderten, dass der Satz für Restaurants auf 23 Prozent angehoben werde. Dies sei ein großes Problem für das vom Tourismus abhängende Land. Der IWF wolle Kürzungen bei den Renten, aber keine Erhöhung der Unternehmensteuer, wie sie zuletzt die Griechen vorschlugen.

Nach Ansicht von Commerzbank-Chef Martin Blessing sollte Griechenland nicht auf einen faulen Kompromiss hoffen. Die Menschen in Deutschland wollten, dass sich die Links-Rechts-Regierung von Ministerpräsident Tsipras bewege, sagte Blessing bei der Europa-Tagung des Internationalen Bankenverbandes IIF in Frankfurt. „Andere Länder haben enorme Anstrengungen unternommen, um die Anforderungen zu erfüllen. Darum ist es schwer zu erklären, warum es in diesem Fall einen besseren Deal geben sollte“, sagte Blessing.