Aufgabe der Privatsphäre in sozialen Medien: Evan Badens „Emily“ (aus der Serie „Technically Intimate“, 2010). Foto: Evan Baden

In „Teil der Lösung“ hat Ulrich Peltzer 2007 einen Roman über den Überwachungsstaat geschrieben. Ein Thema, das durch die NSA und Prism wieder aktuell ist. Doch etwas ist anders. Das Web 2.0 hat die Gesellschaft und ihre Werte verändert, sagt Ulrich Peltzer.

Stuttgart/Berlin - Schriftsteller Ulrich Peltzer hat keine Lust auf soziale Netzwerke wie Facebook: „Ich bin doch nicht verrückt!“, sagte der 56-Jährige den Stuttgarter Nachrichten: „Ich habe gar keine Zeit dafür, und ich interessiere mich für mich selber nicht genug, als dass ich ein Foto mache und sage: Schaut her, ich war auf einer Wanderung und jetzt mache ich eine Lesung.“ Peltzer zählt zu den rund 40 Autoren, die Juli Zehs Petition an Angela Merkel unterschrieben haben, die sie zum Handeln in der NSA-Affäre aufgefordert.

Ulrich Peltzer. Foto: dpa

Peltzer, der in seinem Roman „Teil der Lösung“ im Jahr 2007 das Thema Überwachungsstaat aufgegriffen hatte, glaubt, dass heutzutage die Angst, nicht dazu zu gehören größer ist, als der Wert, der der Privatsphäre beigemessen wird. „Viele, vor allem jüngere Menschen, haben panische Angst davor, ausgeschlossen zu werden“, sagte Peltzer. „Diese Angst ist so groß, dass man dafür sein Innerstes nach außen kehrt.“ Durch die sozialen Netzwerke werde ein enormer Druck zur Selbstoptimierung erzeugt. „Man muss zeigen, dass man auf einer Superparty war, dass es ein Superurlaub war – auch wenn es gar nicht so ist.“ Vor 30 Jahren hätten die Menschen freiwillig nie so viel Privates preis gegeben, wie sie es heute tun, sagte der Autor.

Peltzer, der bereits mit zahlreichen Literaturpreisen ausgezeichnet wurde – zum Beispiel mit dem Düsseldorfer Literaturpreis (2008) oder dem Kölner Heinrich-Böll-Preis (2011) – arbeitet derzeit an einem neuen, noch namenlosen Roman, der in der Finanzwelt von São Paulo spielt und der im Herbst 2014 erscheinen soll.