Staatschef Xi grüßt zum Abschluss der Winterspiele. Foto: dpa/Natacha Pisarenko

Chinas Staatschef Xi und Kremlchef Putin versprachen sich erst kürzlich „grenzenlose Freundschaft“. Aber die könnte auch ein Verfallsdatum haben.

Peking - Selten war die tägliche Pressekonferenz im Pekinger Außenministerium derart überfüllt wie am Donnerstagnachmittag. Sämtliche Fragen der internationalen Presse zielten auf Chinas Haltung zum russischen Angriffskrieg. Doch die Antworten von Sprecherin Hua Chunying waren ein ums andere Mal ein Lehrstück in Sachen politischer Krisenkommunikation. Chinas Regierung musste sich zwar irgendwie äußern, doch vermied sie jedwede Festlegungen. Dementsprechend hagelte es an leeren Worthülsen: Die Angelegenheit habe einen „komplizierten historischen Hintergrund“, man warte noch auf „zusätzliche Informationen“ und dem „Frieden sollte eine Chance gegeben werden“.

Peking und Moskau brauchen sich auf internationalem Parkett

Fakt ist: China hält sich mit direkter Kritik an Wladimir Putin zurück. Schließlich wurde der russische Präsident erst vor wenigen Wochen noch bei der Eröffnungszeremonie der Winterspiele in Peking wie ein „lao peng you“, ein alter Freund begrüßt. Xi und Putin eint ihre Opposition gegenüber den Vereinigten Staaten und ihrer hegemonialen Weltordnung, und beide brauchen sich auf dem internationalen Parkett. Doch die „grenzenlose Freundschaft“, die man sich versprochen habe, wird sich schon bald als enden wollend erweisen. Denn Peking kann aus der hochkomplexen Dreieckskonstellation zwischen Moskau und dem Westen nur als Verlierer hervorgehen.

Es ist eine Zweckgemeinschaft

Der politische Druck steigt, dass Xi den Angriffskrieg Russlands verurteilt und seinem strategischen Partner in Moskau keinen ökonomischen Rettungsanker zuwirft, um die Sanktionen zu umgehen. Andernfalls würde sowohl Washington als auch Brüssel mit Konsequenzen drohen. Genau hier liegt für Peking die Gretchen-Frage. Denn das Bündnis zwischen Russland und China ist vor allem eine Zweckgemeinschaft. Die Volksrepublik wird sich erst dann von Putin distanzieren, wenn die politischen und wirtschaftlichen Kosten deutlich dem strategischen Nutzen seiner Partnerschaft mit Russland übersteigen.

Für die Volksrepublik steht viel auf dem Spiel

Staatschef Xi Jinping wird nicht den Eindruck erwecken wollen, dass ihm das Ausland vorschreibt, was zu tun sei. Doch für die Volksrepublik steht immens viel auf dem Spiel: Insbesondere die Beziehungen zu Europa werden in den kommenden Wochen auf eine harte Bewährungsprobe gestellt. Wenn die EU im Zuge des Angriffskriegs noch stärker in die Arme Washingtons getrieben wird, wäre dies für Xi Jinping ein regelrechtes Schreckensgespenst.

Kritik an Waffenlieferanten der Ukraine

China sieht vor allem die USA als Aggressor in diesem Konflikt. Im Außenministerium verurteilte man am Donnerstag auch sämtliche westliche Staaten, die der Ukraine in den letzten Jahren Waffen geliefert haben. Doch ganz egal wie China seine Argumentation auch dreht und wendet, am Ende bleiben stets offensichtliche Löcher in der Logik: Das diplomatische Grundprinzip der Chinesen beruht schließlich auf der Nichteinmischung in die Angelegenheiten souveräner Staaten. Wie kann man angesichts dessen einen Angriffskrieg gutheißen?

China hat selbst territoriale Wünsche

Gleichzeitig muss Xi Jinping gegenüber seinem strategischen Partner im Kreml die Füße stillhalten. Zwar ist Moskau wirtschaftlicher und politischer Juniorpartner in dieser asymmetrischen Beziehung, und dennoch braucht Peking unbedingt einen engen Verbündeten unter den ständigen Mitgliedern im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen. Denn mittelfristig wird Peking auf die Loyalität von Russland zählen, wenn man seine eigenen territorialen Ansprüche in die Realität umsetzen will - nämlich in Form von Taiwan, der aus Chinas Sicht „abtrünnigen Provinz“.