Bundeskanzler Olaf Scholz gibt eine Regierungserklärung zum Terror der Hamas gegen Israel ab. Foto: dpa/Bernd von Jutrczenka

Bundeskanzler Olaf Scholz trifft bei seiner Regierungserklärung zu den Terrorangriffen der islamistischen Hamas gegen Israel den richtigen Ton.

Olaf Scholz hat sich noch vor seiner Regierungserklärung von seinem Platz erhoben – und er applaudiert, wie die Abgeordneten des Bundestags, stehend. Der israelische Botschafter in Deutschland, Ron Prosor, ist auf der Ehrentribüne des Deutschen Bundestags zu Gast. Er nimmt – mit höflich angedeuteten Verbeugungen – die Sympathiebekundung des Kanzlers und der Abgeordneten entgegen.

Der Kanzler bringt nach dem Angriff der islamistischen Hamas auf Israel die Haltung Deutschlands in einer Regierungserklärung auf den Punkt, für die ihm danach auch Oppositionsführer Friedrich Merz danken wird. „In diesem Moment gibt es für Deutschland nur einen Platz: den Platz an der Seite Israels“, sagt Scholz. „Das meinen wir, wenn wir sagen: Die Sicherheit Israels ist deutsche Staatsräson.“

Fakten, die Emotionen wecken

Bei seiner Rede steht Scholz mit beiden Füßen komplett parallel hinter dem Pult, den Körper kerzengrade, den Kopf leicht gebeugt. Zu Beginn zählt der SPD-Politiker noch einmal die Fakten auf – und weckt gerade damit Emotion: Der Kanzler spricht über den Morgen des 7. Oktober, über die Tausenden Raketen, die von der Hamas auf Israel gefeuert worden sind. Er spricht von den Terroristen, die mordend durch Städte und Dörfer gezogen sind. „Weit über 1000 Bürgerinnen und Bürger Israels sind dem Terror bislang zum Opfer gefallen.“

Der Kanzler trifft den richtigen Ton. Er kann auch Worte wie „widerwärtig“ und „menschenverachtend“ in einem nüchternen Tonfall vortragen, der in diesem Fall angemessen wirkt: eben, weil es eine Beschreibung der Tatsachen ist.

Scholz hat zudem, über die grundsätzlichen Bekenntnisse hinaus, eindeutige Botschaften mitgebracht – und auch Entscheidungen. Der Kanzler kündigt ein Betätigungsverbot für die Hamas in Deutschland an. Zudem soll das palästinensische Netzwerk Samidoun verboten werden. Seine Mitglieder haben die Hamas-Terrorakte auf den Straßen gefeiert.

Ein Versprechen an Netanjahu

„Unser Vereinsrecht ist ein scharfes Schwert“, erklärte Scholz. „Und dieses Schwert werden wir als starker Rechtsstaat hier ziehen.“ Es ist ein Moment, in dem sich jeder vorstellen kann, dass es stimmt, was sein Umfeld über Scholz immer sagt: Der Kanzler werde nie laut oder gar ausfallend, wenn er ungehalten oder empört sei, sondern eher noch ein bisschen leiser als sonst – dafür aber schneidend.

Es herrscht eine ernste, beklommene Stimmung im Bundestag. Viele Abgeordnete haben ihre Hände gefaltet vor sich gelegt, fast wie beim Gebet. Es ist ruhiger als sonst im Plenum. Deshalb ist jedes Geräusch genau zu hören – etwa, wenn eine Tür zufällt.

Deutschland sei auch zu praktischer Hilfe für Israel bereit, so der Kanzler. „Klar ist: Unsere Solidarität erschöpft sich nicht in Worten“, betont er.

Er habe Premierminister Benjamin Netanjahu gebeten, „in engem Kontakt“ zu bleiben und die Bundesregierung „über jeglichen Unterstützungsbedarf“ zu informieren. Das gelte zum Beispiel für die Versorgung Verwundeter. Aber auch andere Bitten Israels würden unverzüglich geprüft.

Eine schlimme Vorahnung

Die Parteien der Ampelkoalition und die oppositionelle Union beschließen an diesem Tag einen gemeinsamen Antrag, der die Terrorangriffe der Hamas gegen Israel aufs Schärfste verurteilt. Unionsfraktionschef Friedrich Merz sagt in seiner Rede unmittelbar nach dem Kanzler, niemand wisse, wie lang der Krieg dauern werde. Die Mahnung des CDU-Chefs: Die Solidarität zu Israel dürfe keine Risse bekommen. Das müsse auch dann gelten, wenn Israel das Notwendige tue, um seine Sicherheit herzustellen. Dahinter liegt die Vorahnung, dass dieser Krieg noch viele hässliche Bilder liefern könnte.

Wie kompliziert Außenpolitik in diesen Zeiten ist, zeigt sich auch daran, dass Kanzler Scholz an diesem Tag nur wenige Stunden nach seiner Regierungserklärung den Emir des Golfstaats Katar empfangen wird. Ein Schwerpunkt des Gesprächs ist das Schicksal der von der Hamas verschleppten Geiseln, darunter auch Deutsche. Scholz weist Kritik an diesem Treffen bereits vorab in seiner Regierungserklärung zurück. Der Kanzler sagt: „Es wäre unverantwortlich, in dieser dramatischen Lage nicht alle Kontakte zu nutzen, die helfen können.“