Die Grundschulen in Baden-Württemberg stehen erneut im Fokus (Archivbild). Foto: dpa

Einer bundesweiten Studie zufolge schneiden Grundschüler in Baden-Württemberg sehr schlecht ab. Die Politik reagiert mit Schuldzuweisungen – doch auch erste Verbesserungsvorschläge werden gemacht.

Stuttgart - Bisher hatten die Grundschulen im Land einen sehr guten Ruf. Bei der Präsentation des IQB-Bildungstrends vor fünf Jahren bescheinigte Ties Rabe, der damalige Präsident der Kultusministerkonferenz (KMK) den deutschen Grundschülern noch einen „hohen Leistungsstandard“. Baden-Württemberg hatte es 2012 in Mathematik sogar noch in die Spitzengruppe geschafft. Susanne Eisenmann, die CDU-Kultusministerin und aktuelle KMK-Präsidentin wird an diesem Freitag wenig Erfreuliches zu verkünden haben. Baden-Württemberg ist fast das Schlusslicht. Da tröstet es wenig, dass kein Land ein Rezept gefunden habe, mit der zunehmend heterogenen Schülerschaft umzugehen.

 

Jetzt beginnen die Schuldzuweisungen. Wolfgang Reinhart, der Chef der Landtags-CDU sieht die Verantwortung bei der SPD, die in der Zeit, als die getesteten Viertklässler die Grundschule besuchten, den Kultusminister stellte. Der setzt sich zur Wehr. Andreas Stoch sagte dieser Zeitung: „Wir haben keine einzige strukturelle Maßnahme zum Nachteil der Grundschule getroffen.“ Vielmehr habe Grün-Rot die Fächerverbünde aufgelöst, die zu fachfremdem Unterricht geführt hätten, die Unterrichtszeit um vier Stunden erhöht und Poolstunden zur individuellen Förderung an Grundschulen eingeführt. Diese Maßnahmen hätten sich allerdings noch nicht auf die im aktuellen Bildungstrend im Jahr 2016 getesteten Viertklässler ausgewirkt.

Die Zuwanderung führt zu Herausforderungen

Im wirtschaftsstarken Baden-Württemberg spielt die Zuwanderung eine immer größere Rolle. Stoch verwies darauf, dass im jüngsten Leistungsvergleich der Anteil der Schüler mit einem Elternteil, der nicht Deutsch als Muttersprache hatte, in Baden-Württemberg am höchsten gewesen sei. Der Fraktionschef betont, „wir brauchen Zuwanderung“. Für ihn ist die Herausforderung der Zukunft: „Wir brauchen ein Bildungssystem, mit dem wir die Phänomene der Zuwanderung bewältigen können“.

Sprachförderung gilt als zentrales Element. Karl-Wilhelm Röhm, der bildungspolitische Sprecher der CDU, betonte gegenüber dieser Zeitung: „Wir sind auf dem richtigen Weg. Wir haben die Lernzeit für Lesen, Rechnen und Schreiben um ein Drittel erhöht.“ Röhm will die Schwachen intensiv fördern. Angesichts der Heterogenität geht für ihn zum Beispiel „Lesen vor Sachkunde“. Zur Unterstützung denkt Röhm beispielsweise an Lesepaten.

Nach Wunsch der Grünen sollen die Lehrer länger studieren

Die Grünen präsentierten ein Konzept zur Qualitätssicherung an Grundschulen. Sie wollen die Ausbildung der Grundschullehrer verbessern und das Studium von acht auf zehn Semester erhöhen. Gleichzeitig soll die kontinuierliche Fortbildung besonders zu den Themen Inklusion und Heterogenität gestärkt werden. Bereits im Haushaltsplan 2018/19 sollen 200 neue Studienplätze an den Pädagogischen Hochschulen finanziert werden. Es gelte, die Fachlichkeit der Grundschullehrer zu stärken, sagte der Grünen-Fraktionschef Andreas Schwarz. Grundschulen hätten die heterogenste Schülerschaft und den höchsten Anteil an inklusiven Schülern. Er sieht die Grundschulen „mit Blick auf die zu leistenden Integrationsaufgaben vor großen Herausforderungen“. Die Schulleiter der kleinen Grundschulen sollten nach dem Willen der Grünen in die Gehaltsgruppe A13 eingestuft werden.

Beim Koalitionspartner CDU stößt das Konzept auf wenig Gegenliebe. Karl-Wilhelm Röhm spricht lediglich von Vorschlägen. Dass Grundschullehrer zehn Semester studieren sollten, hält er nicht für notwendig. Röhm bricht eine Lanze für den Frontalunterricht. In Zukunft müsse man „stärker hinterfragen, was in der Unterrichtsstunde passiert“ und vor allem „Lehrer, Lehrer sein lassen“. Der Bildungspolitiker spricht sich auch für regelmäßige landesweite Vergleichsarbeiten in Klasse vier aus.