Die Schmiergelder, die die ehemalige Mitarbeiterin der Leonberger Zulassungsstelle für die illegalen Zulassung erhielt, gingen in die Tausende Foto: /Unsplash

Eine Mitarbeiterin der Leonberger Zulassungsstelle des Landratsamts Böblingen soll von Autoschmugglern Tausende Euro Schmiergelder kassiert haben. Vor Gericht kam ans Licht, dass sie förmlich in Geld schwamm.

Leonberg/Stuttgart - Mit grell geschminkten Lippen und Frühlingsblumen auf dem Haar posiert die 28-Jährige in die Kamera, in der Hand hält sie aufgefächert Dutzende 500-Euro-Scheine. Am zweiten Prozesstag gegen die Sachbearbeiterin der Leonberger Kfz-Zulassungsstelle, die wegen Bestechlichkeit auf der Anklagebank sitzt, haben die Stuttgarter Richter gestern mit der Beweisaufnahme begonnen.

Der jungen Frau wird vorgeworfen, drei Jahre lang Fahrzeuge von Autoschmugglern zugelassen zu haben, obwohl die Fahrzeuge illegal aus arabischen Ländern eingeführt und nicht zulassungsfähig waren (wir berichteten). Dafür habe die Mitarbeiterin der Leonberger Außenstelle des Landratsamtes von dem 46-jährigen mutmaßlichen Kopf der Bande insgesamt weit über 100 000 Euro Schmiergeld erhalten. In dem Prozess geht es um genau 537 Fälle.

Die Vorwürfe der gewerbsmäßigen Bestechlichkeit – sich als Amtsperson also Vorteile mit Geldempfang zu verschaffen – hat die angeklagte 28-Jährige bereits eingeräumt. Damit wird ihr die 13. Große Wirtschaftsstrafkammer am Stuttgarter Landgericht einen großzügigen Straferlass gewähren. In der Regel um ein Drittel, wie der Vorsitzende Richter betonte.. Laut Paragraf 300 des Strafgesetzbuches (Bestechlichkeit in besonders schwerem Fall) sind bis zu fünf Jahre Haft möglich. Die Verteidiger hoffen auf eine Bewährungsstrafe. Ob die Staatsanwältin da mitmacht, ist noch offen.

Die Bestechungsgelder der Autoschmuggler soll die 28-Jährige stets und in der Regel täglich in bar vom Bandenboss erhalten haben, und zwar meist in 500er Euro-Noten. Am zweiten Verhandlungstag sichtete das Gericht mit Hilfe einer Zeugin der Ludwigsburger Polizeidirektion die Aufnahmen, die die Frau in den Jahren 2017 bis 2019 mit ihrem Handy selbst gemacht hat und die die Polizei mit technischer Hilfe wieder sichtbar werden ließ. Dabei sind Bilder zu sehen, in denen sie sich mit Dutzenden von 500-Euro-Noten in der Hand präsentiert. Auch Fotos, auf denen bündelweise Geldscheine auf dem Beifahrersitz ihres Autos liegen, wurden auf die großen Bildschirme im Gerichtssaal des Landgerichts vorgeführt. Diese Gesamtsumme ist unklar. Ein weiteres Geldbündel prangt zwischen den Lüftungsgittern der Fahrzeugheizung.

Weiter berichtete die Zeugin, die einen Teil der Ermittlungen führte, dass die Schmugglerbande sich offenbar untereinander einig war, der 28-jährigen Mitarbeiterin der Leonberger Kfz-Zulassungsstelle Geld für die illegalen Zulassungen zu zahlen: In Chat-Protokollen sei nachzulesen, dass einer dem anderen mitteilt: „Ich muss diesem Mädchen für ihre Arbeit was geben…“ Dann wird auf den Gerichtsmonitor ein Foto projiziert, auf dem ein dickes Bündel Geldscheine zu sehen ist.

An einem einzigen Tag im Mai 2018 soll die Angeklagte für die Bande insgesamt 27 Neuzulassungen auf einen einzigen Fahrzeughalter getätigt haben. Für Fahrzeuge der gehobenen Klasse wie Bentley oder Porsche habe sie bis zu 800 Euro Schmiergeld erhalten. Bei Fahrzeugen der mittleren und unteren Preisklasse sollen es um die 500 Euro gewesen sein.

Die beiden mutmaßlichen Drahtzieher der Bande sitzen seit Juni letzten Jahres in Untersuchungshaft. Laut Polizeibericht sollen bei der Wohnungsdurchsuchung bei dem 46-Jährigen rund 50 000 Euro Bargeld, mehrere Gewehre und sogar Handgranaten sichergestellt worden sein. Wann der Prozess gegen das Duo am Stuttgarter Landgericht beginnt, ist noch offen.