Hanno Berger (Mitte) im Gespräch mit seinen Anwälten. Foto: dpa/Oliver Berg

Der Angeklagte meldet sich im Prozess nun doch zu Wort – sehr zum Leidwesen seiner Verteidigung.

Hanno Berger sollte zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen schweigen, so hatten es seine Verteidiger zu Beginn des Cum-Ex-Prozesses in Bonn erklärt. Doch einfach nur still dasitzen und zuhören – das hält der 71-Jährige, selbst Anwalt und einst als Koryphäe auf dem Gebiet des Steuerrechts bekannt, schon am zweiten Verhandlungstag nicht mehr aus. „Darf ich auch eine Frage stellen“, hebt er an und diskutiert mit dem Zeugen, einem Finanzbeamten, über Regeln der Dividendenbesteuerung. „Lassen Sie es“, zischt irgendwann sein Verteidiger Richard Beyer.

Lesen Sie aus unserem Angebot: Prozess gegen Cum-Ex-Schlüsselfigur

Die strittigen Cum-Ex-Geschäfte waren Aktiengeschäfte rund um den Dividendenstichtag, für die nur einmal Kapitalertragsteuer entrichtet, aber gleich mehrfach deren Erstattung beantragt wurde. Erfunden hat Berger diese Masche zwar nicht, aber er hat Banken dazu beraten und soll auch bei der Anwerbung privater Investoren geholfen haben, denen auf Cum-Ex-Geschäften basierende Fonds als Geldanlage verkauft wurden. Seine Beteiligung hat Berger, der seine Karriere selbst als Finanzbeamter begann, nie geleugnet – er verteidigte die Geschäfte aber stets als legal.

Der Fiskus war ein leichtes Opfer

Dass der Staat diese spezielle Form der Steuerhinterziehung ziemlich leicht gemacht hat, wurde in der Gerichtsverhandlung am Donnerstag erneut deutlich. Allein im Jahr 2009 habe seine Behörde von Banken 87 000 Sammelanträge auf Erstattung von Kapitalertragsteuer erhalten, in denen es um 23 Millionen Einzelansprüche ging, berichtete ein Referatsleiter des Bundeszentralamts für Steuern.

Abgewickelt wurden die Anträge überwiegend in einem automatisierten Verfahren, rund zwei Milliarden Euro wurden ausgezahlt. „Zugespitzt könnte man ja sagen, die Kasse war geöffnet“, bemerkte der Vorsitzende Richter Roland Zickler. Man habe auf die von den Banken ausgestellten Steuerbescheinigungen vertraut, sagte dazu der Finanzbeamte.

Allerdings verschickte das Bundesfinanzministerium im Mai 2009 ein Rundschreiben, das auf die Gefahr der Ausstellung unrichtiger Steuerbescheinigungen hinwies. Die Banken wurden verpflichtet, spätestens im Folgejahr eine Bestätigung eines Steuerberaters oder Rechtsanwalts abzuliefern, dass es keine verdächtigen Absprachen des Steuerpflichtigen gegeben habe. Die meisten Banken hätten entsprechende Bescheinigungen abgegeben,seine Behörde habe damals in weniger als 20 Fällen zuvor erstattete Steuern zurückverlangt, berichtete der Beamte. „Da ist ein kleiner zweistelliger Millionenbetrag rausgekommen.“