Üben, üben, üben: Die Klasse 6b des Korntaler Gymnasiums pr Foto: factum/

Rappen, slammen, tönen, erzählen: Korntaler Gymnasiasten stehen am Sonntag mit dem renommierten Ensemble aus Stuttgart und dem Wortkünstler Timo Brunke auf der Bühne. Auch ein Wahrzeichen der Stadt Korntal-Münchingen spielt eine Rolle.

Korntal-Münchingen - Für Dana-Lina Gluhak, Ilirjon Lajqi und ihre Klassenkameraden gibt es kein Pardon: Mal sollen die Sechstklässler des Korntaler Gymnasiums langsamer sprechen, mal lauter, weil die Sätze sonst zu zaghaft klingen, mal sollen sie Wörter stärker betonen. Bei der Passage „Heiner, mein Grüner Heiner“ sollen sie erst gar nicht atmen, beim Erzählen zu grinsen ist tabu, und als Spickzettel nutzen dürfen sie bei ihrem großen Auftritt am Sonntag in der Korntaler Stadthalle allenfalls handgroße Karteikärtchen. Am besten, sie können ihre Texte auswendig.

Intensiv proben Dana-Lina und Ilirjon, beide zwölf Jahre alt, seit Februar im Unterricht. Zumal sie am Muttertag mit dem renommierten Stuttgarter Kammerorchester und Timo Brunke, Konzertpoet und Gründer des Stuttgarter Poetry-Slams, die Bühne betreten. Sie geben ein Muttertags-Familien-Poetry-Konzert.

Herausforderung Rhythmus und Timing

„Die Arbeit macht mega Spaß, ist aber auch anstrengend“, berichtet Dana-Lina. Texte hat sie schon öfter vorgetragen – „aber noch nie auf die Weise zu Musik“. Ilirjon sagt: „Rhythmus und Timing sind eine Herausforderung. Zuhause habe ich die schwierigen Stellen laut ausgesprochen.“ Auch Dana-Lina legte Extraschichten ein. Trotzdem heißt es für die Schüler weiter: üben, üben, üben. Mehrmals kamen Brunke und Musiker des Kammerorchesters wie die Violinistin Ulrike Stortz nach Korntal.

Die Gymnasiasten gestalten das Vorprogramm von Brunkes Stück „Hombre oder: die Schule des Don Juan Quichotte“. Der 47-jährige Stuttgarter beschreibt es als „Komödie mit Tiefgang“ über das Älterwerden von Kindern, Freiheit und Selbstbestimmung – und das Loslassen durch die Eltern. „Die Nerven liegen blank. Der Hombre ist eine Figur, die die Kinder aus ihrem Alltag weglockt“, so Brunke.

Ausflug zum Wahrzeichen

Einen Ausflug zum Grünen Heiner indes machen die Schüler in ihrem „sprachmusikalischen Aperitif“, den die Besucher zu Beginn des Konzerts erwartet. Es ist ein stürmischer Montag, alle sind müde, haben keine Lust auf Schule. Also erklimmen sie den von Nebel umhüllten Berg. Was sie dort erwartet, lässt ihnen den Atem stocken.

Die Texte entwickelten die Schüler mit ihrem Lehrer Andreas Strobel und Timo Brunke. Die Mädchen und Jungen rappen, slammen, tönen, erzählen. Dazu spielt das Kammerorchester Musik von Telemann und Boccherini. Der rote Faden zu „Hombre“: Die Titel, die die Schüler verwenden, spielt das Ensemble auch in jener „Italo-Western-Komödie der Gefühle“, lediglich in einer anderen Verarbeitung.

Texte auf die Musik sprechen

„Die Grundidee ist, dass die Texte auf die Musik gesprochen sind“, sagt Brunke, der sich seit Jahren in der kulturellen Bildung einsetzt. Bei der Konzertpoesie gehe es darum, dass die Worte der Musik Räume schaffen – und die Musik dies für die Worte tut. So würden in der Musik plötzlich Dinge wie Farben erkannt.

Wovon die Texte handeln, überließ Brunke den Schülern. Inspiriert hat sie zum Beispiel der Grüne Heiner: Solange die Bäume wenig Blätter tragen, sehen sie ihn vom Schulgebäude aus. An einem stürmischen Tag haben sie tatsächlich einen Ausflug dorthin unternommen.

Schüler profitieren

Das Konzert ist im Rahmen des 200-Jahr-Jubiläums von Korntal. Dabei wollte die Kulturreferentin von Korntal-Münchingen, Melanie Thamm-Beck, etwas Ungewöhnliches in die Stadt holen. Es ist zugleich etwas, von dem die Schüler profitieren: Das Projekt ist Teil des Education-Programms „Skohr-Labor“ des Kammerorchesters, gefördert vom Staatsministerium für Kultur und Medien. Die Musiker gehen in Kindergärten oder Schulen, um bei den Jüngsten die Neugier für Musik zu wecken. Gemeinsam erarbeiten sie ein Stück für die Bühne. Dieses Jahr liegt der Fokus auf Sprache und Musik. „Das ist eine Chance für viele, ihren eigenen Gefühlen und Gedanken nachzugehen, sie zu äußern und öffentlich zu präsentieren. Das kostet oft Überwindung“, sagt Ulrike Stortz. Sie konzipiert und entwickelt das Programm mit.

Am Samstag proben die Sechstklässler mit dem gesamten Kammerorchester. Das ist aufregend, finden Dana-Lina und Ilirjon. Lampenfieber hätten sie aber nicht. Dana-Lina wirkt als Teil des Schulchors regelmäßig in Musicals mit, und Ilirjon macht es so viel Spaß, auf der Bühne zu stehen, dass er fast vergisst, nervös zu sein.

Termin Das Konzert für Besucher von zehn Jahren an ist an diesem Sonntag, 12. Mai, um 18 Uhr in der Stadthalle Korntal. Karten gibt es dort (07 11 / 83 95 0759) und in der Münchinger Bücherei (0 71 50 / 92 07 15 31).