Der Mann hat eine B Foto: Archiv (dpa)

Ein 31-jähriger Niederländer ist nach vier Monaten Untersuchungshaft auf Bewährung frei.

Pleidelsheim/Marbach - Das Ludwigsburger Schöffengericht hat einen 31-Jährigen aus dem niederländischen Rotterdam, der organisierten Drogenhändlern zu scharfen Schusswaffen verholfen hat, mit einem Urteil von einem Jahr und acht Monaten Haft auf Bewährung wieder auf freien Fuß gesetzt. Der Mann ist in Deutschland ohne festen Wohnsitz und zählt auch nicht zu den dicken Fischen einer Bande, die mit Marihuana und Kokain im größeren Stil Handel treiben soll. Allerdings wurden durch ihn einige Zusammenhänge klarer.

In der Justizvollzugsanstalt Stuttgart-Stammheim ist der in Rotterdam aufgewachsene Holländer gelandet, nachdem er am 24. August vergangenen Jahres in Holland festgenommen und nach Deutschland ausgeliefert werden konnte. Er kam darauf in Untersuchungshaft. Was diesem die Stuttgarter Staatsanwaltschaft vor dem Ludwigsburger Schöffengericht zur Last legte, war eine Tat vom April 2016.

Diese ließ der holländische Angeklagte per Verteidiger-Erklärung vollumfänglich einräumen: Nämlich zusammen mit einem vor dem Landgericht Stuttgart bereits zu einem Jahr und acht Monaten Haft auf Bewährung Verurteilten aus einer Rockergruppe mit zahlreichen, europäischen Niederlassungen, Waffen nach Pleidelsheim geliefert zu haben. Woher diese Rockergruppe wurzelt, wurde auf Nachfrage der Pressevertreter seitens der Staatsanwaltschaft, der Verteidigung und des Gerichts nicht mitgeteilt. Es hieß lediglich, diese Gruppe stünde im Zusammenhang mit einer Verbindung in der Nähe der „Hells   Angels“ Hamburg.

Der Holländer soll laut Anklage 1500 Euro für die Waffen verlangt haben: Dabei handelte es sich um eine Beretta und um eine Schreckschusswaffe, die zu einer scharfen Pistole umgebaut worden war. Für den Handel kam der Angeklagte auf Geheiß eines Pleidelsheimer ins Bottwartal.

Dort steuerte er ein Ladengeschäft in Marbach an. Der Interessent hätte aber die Waffen weder in dem Geschäft noch in seiner eigenen Wohnung in der Schillerstadt übernehmen wollen. Um letztere seien der Niederländer und dessen Mittäter auch zur Tatzeit herumgekreist. Den Besitzer gewechselt hätten die Waffen dann schließlich in der Wohnung eines ebenfalls der Szene angehörigen Pleidelsheimer, der als Kronzeuge fungiert. Dieser ist ebenfalls vor dem Stuttgarter Landgericht angeklagt und erhoffte sich durch seine Aussagen und das Belasten anderer Täter ein milderes Strafmaß.

Der Fall vor dem Ludwigsburger Schöffengericht beschränkte sich lediglich auf den Besitz, das Führen und das Überlassen von Schusswaffen samt Munition. Andere Tatvorwürfe des Drogenhandels waren schon im Vorfeld fallen gelassen worden. Die Polizei hatte den Niederländer zwar erwischt – aber nur mit einer Kleinmenge Marihuana in Steinheim. In den Gesamtzusammenhang sollten Polizeibeamte dann diesen Fall für das Ludwigsburger Schöffengericht unter Vorsitz von Richterin Koblinger stellen.

Ein Polizist des Marbacher Reviers konnte berichten, dass am 12. April 2016 auf einem Feldweg in Steinheim ein zur Fahndung ausgeschriebenes Auto gesichtet wurde. Es bestand der Verdacht, dass der Holländer den Wagen ohne Führerschein gefahren hat und wegen Drogendelikten bekannt ist. Ein Kriminalhauptkommissar des Rauschgiftdezernats vom Präsidium Ludwigsburg-Böblingen stellte „relativ schnell“ fest, dass es sich dabei um ein umfangreiches Verfahren gegen mehrere Beschuldigte handelte. In Ludwigsburg ging es „nur“ noch um die Waffen, welche der Angeklagte an Personen des organisierten Verbrechens geliefert haben soll.

Die Ludwigsburger Kripo durchsuchte darauf die Wohnung des Pleidelsheimer Waffen-Beziehers und Kronzeugen. Sie fand dort unter einem Sofakissen die Kiste mit Schusswaffen. Eine Marihuana-Aufzuchtanlage im Keller war „in Vollbetrieb“. Zum Abtransport hat es nach Angaben der Polizei einen 7,5-Tonner gebraucht. Mit dem Kronzeugen hat die Polizei rund 14 Vernehmungen machen müssen, damit der Holländer auf den Anklagestuhl gebracht und verurteilt werden konnte.