Die Bäume zum Ernten sind durch Banderolen markiert. Foto: Werner Kuhnle, Sabine Armbruster

Immer mehr Kommunen erlauben das Obstpflücken. In manchen ist es aber nur ein erster Versuch.

Marbach/Bottwartal - Die Stadt Marbach und die dort angesiedelte n*Gruppe, von der auch die Idee stammt, haben es im vergangenen Jahr vorgemacht: Kommunale und private Obstbäume, die mit der Banderole „Pflück mich“ gekennzeichnet sind, dürfen abgeerntet werden. So landet regionales Obst bei den Bürgern, statt auf den Wiesen zu verfaulen oder nur Mäusen und Wespen als Nahrung zu dienen. „Das ist im vergangenen Jahr gut angelaufen“, resümiert Marbachs Bürgermeister Jan Trost. „Ich bin dankbar, dass es das gibt – auch im Sinn der Nachhaltigkeit.“ Auf der interaktiven Homepage mundraub.org sind in der Schillerstadt sieben Standorte verzeichnet, gar 13 sind es nahe Rielingshausen. Auch in Affalterbach und Erdmannhausen finden sich Einträge darüber, wo man legal selbst ernten kann.

Erdmannhausen nimmt zum zweiten Mal teil. Kirschen und Mirabellen seien dieses Jahr rege geerntet worden, sagt Kämmerer Eberhard Immel. Er kümmert sich für die Gemeinde um die Gemeinschaftsaktion mit den örtlichen Grünen. Für die gemeindeeigenen Bäume, die alle zur Aberntung freigegeben sind, sind die Schilder nun bereits wieder aufgestellt. Und die Banderolen für die Bürger liegen in der Bücherei zur Abholung aus. Gespannt ist Eberhard Immel darauf, wie die Aktion angenommen wird, schließlich habe es im Vorjahr sehr wenig Obst gegeben. „Daher lässt sich zur Resonanz nicht viel sagen.“

Neu ist Kirchberg mit dabei. Wer ein Stückle hat, dessen Obst er nicht alleine nutzen kann oder möchte, kann sich auf dem Rathaus eine Banderole abholen. Bislang sei das Interesse aber gering, sagt die Haupt- und Ordnungsamtsleiterin Hanna Selig: „Erst vier oder fünf Leute haben Banderolen abgeholt. Vielleicht ändert sich das aber auch, wenn die Apfelernte richtig losgeht.“ Die Gemeinderätin Gudrun Wilhelm hatte ebenfalls bislang eher geringes Interesse an dem von ihr markierten Apfelbaum der alten Sorte Jakob Fischer festgestellt: „Aber der Baum steht auch weit unten, und wenn man sich ein paar Äpfel für einen Kuchen holt, fällt das ja auch nicht so auf“, meint sie.

In Steinheim soll die Pflück-mich-Aktion nach einem Antrag der Grünen-Fraktion, der bereits im vergangenen Herbst gestellt wurde, und einem entsprechenden Gemeinderatsbeschluss nun bald starten. Der Umweltbeauftragte der Stadt, Eric Hirsch, hat dazu etliche Papierschilder bedrucken und beschichten lassen, damit sie auch einen oder mehrere Regengüsse unbeschadet überstehen. Die Schilder sollen in den nächsten zwei Wochen mit Reißnägeln an den Bäumen befestigt werden. „Pflück mich“ steht darauf, und darunter: „An diesem Baum darf geerntet werden – aber bitte rücksichtsvoll und ohne die Bäume und die Wiese zu beschädigen.“

Denn das, betont Hirsch, sei ein wichtiger Punkt: „Wer selber ein Grundstück hat und pflegt, der geht damit meist sorgsamer um als Menschen, die nur eine reiche Ernte im Sinn haben und vielleicht sogar Äste abreißen, um leichter an die Früchte zu kommen.“ Deshalb sieht er das Ganze auch als einen Versuch: „Der Schaden soll nicht größer sein als der Nutzen.“ Rund 30 Obstbaumgrundstücke, vor allem mit Äpfeln und Birnen, habe die Stadt, wobei man sich in einem ersten Schritt auf die ortsnahen beschränke. In einem zweiten könnten dann auch private Besitzer, so dies wollten, ihre Bäume zur Ernte freigeben. Es ist nicht gestattet, dazu die Feldwege mit dem Auto zu befahren. Sollte den Obstfreunden bei der Ernte etwas passieren, seien sie über die Gemeinde versichert, erklärt der Umweltbeauftragte.

Ebenfalls als einen Versuch geht man die Aktion in Großbottwar an. Dort hatte Oliver Hartstang (SPD) in der letzten Gemeinderatssitzung vor der Sommerpause den Antrag gestellt, dass die Stadt ebenfalls mitmacht. Da über den Antrag aber erst in der nächsten Sitzung, und damit nach der Sommerpause abgestimmt würde, schlug Bürgermeister Ralf Zimmermann vor, das Thema an den Obst- und Gartenbauverein zu übergeben. Dessen zweiter Vorsitzender ist Oliver Hartstang, der jetzt erläutert: „Die Vorbereitung läuft. Die Bänder sind bestellt.“ Diese können dann im Bürgerbüro und in der Stadtbücherei kostenfrei abgeholt werden.

Nicht begeistert von der Aktion war in der Sitzung Friedrich Link (FBWV), selbst Stücklesbesitzer. Er befürchtet, dass „nicht nur von Bäumen mit Banderolen gepflückt wird, sondern auch von Nachbarbäumen, an denen das Obst vielleicht schöner aussieht“. Und sowieso sei es so, dass die Menschen dadurch glaubten, dass Grund und Boden „nichts wert“ seien. Auch das Gefühl für Eigentum gehe verloren. Dabei sei die Pflege von Obstwiesen doch sehr kraft- und zeitintensiv.

In Beilstein gibt es keine vergleichbare Aktion. Doch komme es immer mal wieder vor, dass Bürger bei der Kämmerei nachfragten, ob sie vom einen oder anderen städtischen Baum pflücken dürften, erklärt Bürgermeister Patrick Holl. „Und das funktioniert dann auch problemlos.“ Meistens handle es sich um Nussbäume, es sei aber manch ein Obstbaum darunter.