Pegida-Anhänger bei einer Veranstaltung in Villingen-Schwenningen (Schwarzwald-Baar-Kreis) am Montag. Foto: dpa

Während in Villingen-Schwenningen zum ersten Mal im Südwesten etwa 100 Pegida-Anhänger eine Kundgebung durchgeführt haben, sind in mehreren Städten tausende Menschen gegen Rassismus und für Toleranz auf die Straße gegangen.

Villingen-Schwenningen/Stuttgart/Heidelberg  - Erstmals hat die islamfeindliche Pegida-Bewegung auch in Baden-Württemberg eine Kundgebung veranstaltet. Die Aktion mit rund 100 Teilnehmern in Villingen-Schwenningen (Schwarzwald-Baar-Kreis) wurde nach Angaben eines Polizeisprechers am Montagabend aber von etwa 200 Gegnern quasi durch Niederbrüllen verhindert. Die Proteste gegen Rassismus und Pegida im Südwesten dauern nach den Terroranschlägen von Paris an - und erfahren deutlich mehr Zulauf als die islamkritische Aktion im Schwarzwald. Derweil wächst bei Muslimen die Sorge um ihre Sicherheit etwa in Moscheen.

Wegen der Rufe der Gegner aus dem antifaschistischem Spektrum sei von der eigentlichen Kundgebung in Villingen-Schwenningen so gut wie nichts zu verstehen, sagte der Polizeisprecher. Auf einem Platz in der Nähe hätten sich weitere gut 800 Menschen zu einer bürgerlichen Kundgebung gegen Pegida versammelt. Die Polizei sprach von einem tumultfreien Verlauf. Allerdings hätten einige Antifa-Mitglieder mit Wasser gefüllte Luftballons in Richtung der Pegida-Anhänger geworfen, sagte der Sprecher. Am Villinger Münster waren am Abend - wie zuvor etwa in Köln - die Lichter ausgeschaltet worden.

3000 in Heidelberg auf der Straße

Allein in Heidelberg gingen unter dem Namen „Nogida“ 3000 Menschen gegen Islamfeindlichkeit und für Flüchtlinge auf die Straße, wie ein Polizeisprecher sagte. Die Aktion soll es dort künftig jeden zweiten Montag geben. In Stuttgart setzten laut Polizei rund 300 Bürger unter dem Motto „Stopegida“ ein Zeichen gegen Islamfeindlichkeit. Auf Plakaten war etwa zu lesen: „Hoch die internationale Solidarität“.

Schon am Wochenende hatte es in einigen Städten Baden-Württembergs Solidaritätsaktionen mit den ermordeten französischen Mitarbeitern der Satirezeitschrift „Charlie Hebdo“ gegeben. In der Pegida-Hochburg Dresden folgten am Montagabend mehr als 15.000 Menschen dem Aufruf der Bewegung „Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes“ (Pegida). Trotz der Ankündigung, mit Blick auf die Terroropfer von Paris mit Trauerflor aufzumarschieren, waren nur wenige Deutschlandfahnen mit schwarzen Bändern zu sehen.

Der Vorstandsvorsitzende der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Baden-Württemberg, Muhittin Soylu, sagte am Montag, es sei eine gewisse Unruhe bei Muslimen entstanden. „Besorgnis ist schon da.“ Moscheen riefen auch zu besonderer Wachsamkeit auf. Einige der Einrichtungen überlegten, ob sie Videokameras zur Überwachung installieren sollten, sagte Soylu. Die Islamische Glaubensgemeinschaft in Baden-Württemberg plane in dieser Woche zudem eine Mahnwache, ein genauer Termin stehe aber noch nicht fest.

Schmid: Islam ist nicht gleich Terror

Vize-Regierungschef Nils Schmid (SPD) rief dazu auf, einer Gleichsetzung von Islam und Terror entschieden entgegenzutreten. Gerade die Menschen in Baden-Württemberg wüssten, dass gesellschaftliche Vielfalt eine Bereicherung und Chance und nicht etwa Bedrohung und Verlust seien, sagte Schmid angesichts der Anschläge von Paris bei einer Regionalkonferenz der SPD am Montagabend in Stuttgart. Er verwies auf den Migrantenanteil von über 25 Prozent in dem Bundesland.

SPD-Landeschef Schmid lobte einen Gemeinschaftsgeist in Baden-Württemberg, der sich auch darin zeige, dass viele Bürger den zahlreichen Flüchtlingen zur Seite stünden.

Terroranschläge wie in Paris lassen sich nach den Worten von Innenminister Reinhold Gall (SPD) auch mit schärferen Sicherheitsgesetzen nicht hundertprozentig verhindern. Da solle man den Menschen keinen Sand in die Augen streuen, sagte Gall der „Stuttgarter Zeitung“ (Montag). Es gehe um die richtige Balance zwischen Sicherheit und Freiheit.

Eine abstrakte Terrorgefährdung bestehe auch für Deutschland, erklärte Gall. Auch in Baden-Württemberg seien nach den Pariser Anschlägen Maßnahmen ergriffen worden. „Wir haben im grenznahen Bereich, ergänzend zu dem, was die Bundespolizei gemacht hat, die Kräfte verstärkt“, erklärte der Minister. Zudem hätten die Sicherheitsbehörden geschaut, wo sich die Menschen befänden, die als „Gefährder“ eingestuft worden seien. Moscheevereine seien darauf hingewiesen worden, verdächtige Wahrnehmungen zu melden.