Robert Habeck (Mi.) und andere Spitzenvertreter der Grünen in Berlin Foto: dpa/Bernd von Jutrczenka

Die Grünen stecken in der Krise. Mit ihrem großen Versprechen vom Klimaschutz können sie kaum noch punkten – im Gegenteil. Jetzt versuchen sie es mit einem neuen Thema.

Die Grünen regieren – und sind unbeliebt wie lange nicht mehr. Die Partei bräuchte dringend einen Erfolg. Doch der ist nicht abzusehen. Immerhin: Noch stehen die Grünen geschlossen zusammen. Wir analysieren den Stand der Dinge zur Halbzeit der Legislaturperiode.

Die Lage

Sie stecken in der Defensive – und das seit bald einem Jahr. Das Beliebtheitstief der Grünen begann mit einem Patzer von Wirtschaftsminister Robert Habeck. Der machte sich im Herbst mit seinem Vorstoß zur Gasumlage unbeliebt. Später nahm er die Idee zurück. Und obwohl Habeck das Land danach einigermaßen warm durch den viel beschworenen Kältewinter brachte, stecken die Grünen seitdem in der Krise. Ihre Umfragewerte haben sich bei 15 Prozent eingependelt.

Der Streit um das Heizungsgesetz hat ihnen schwer geschadet. Immerhin steht die Partei geschlossen zusammen – obwohl die Parteilinken in den vergangenen Monaten viel zu schlucken hatten. Bislang haben sie sich jedoch zusammengerissen. Auch sie wissen, dass die Partei geschlossen immer am erfolgreichsten war. Und noch mehr Krise will sich gerade niemand erlauben.

Das Problem

Das Problem sind natürlich immer die anderen. In der eigenen Koalition haben die Grünen es nicht leicht, so klagen sie selbst gern. Da ist die FDP, mit der sie politisch einfach nicht zusammenfinden. Und da ist die SPD, die in den Grünen einen Konkurrenten sieht, den es kleinzuhalten gilt. Allerdings wissen die Grünen, wenn sie ehrlich zu sich sind, dass nicht nur ihre Regierungspartner schuld an ihrer Lage sind. Zum Verhängnis wurden der Partei auch handwerkliche Patzer, die vor allem im Wirtschaftsministerium passierten. Auch bei der Kindergrundsicherung von Familienministerin Lisa Paus geht es kaum voran. Und dann ist da noch der Klimaschutz, das Kernthema der Grünen. Das Problem: Je mehr sie sich dafür einsetzen, desto deutlicher zeigt sich, dass viele Bürger das Klima lieber in der Theorie als in ihrem Heizungskeller schützen. Zumal die Grünen es immer wieder verpassen, ihre Vorschläge sozial abzufedern.

Die Strategie

Nett bleiben – besonders, wenn es schwerfällt. Das versucht zumindest die Parteispitze, meistens zumindest. Nur Robert Habeck leistete sich zwischendurch auch mal motzige Auftritte. Ansonsten versuchen die Grünen, sich als Partei des Anstands und der Fairness zu positionieren. Das klingt vernünftig, hat ihnen aber auch den Ruf als Partei der Besserwisser eingebracht. Zur Taktik gehört es auch, nach jedem Misserfolg zu versichern, dass man künftig besser kommunizieren werde. Dabei sei dahingestellt, ob das die Krise lösen würde. Eine echte Chance könnte allerdings das neue Thema bieten, das die Grünen sich gesetzt haben: die Wirtschaft. Davon spricht die Parteivorsitzende Ricarda Lang immer öfter, seitdem sie kürzlich durch die USA gereist ist. Sollte es den Grünen gelingen, die Wirtschaftslage spürbar zu verbessern, könnte es für sie wieder bergauf gehen. Doch das müssen sie erst mal schaffen.

Auf- und Absteiger

Der Abstieg war klar mitzuverfolgen: Robert Habeck, einst beliebtester Politiker, rutschte zwischenzeitig auf den untersten Platz im Beliebtheitsranking der Ministerinnen und Minister. Während der Trauzeugen-Affäre in Habecks Ministerium fielen sogar Rücktrittsforderungen. Die sind inzwischen verstummt, sodass man auf der Suche nach einem Aufsteiger plötzlich wieder bei Habeck landet. Die Sympathiewerte gehen für ihn plötzlich wieder nach oben. Und fast immer fällt sein Name, wenn es um die nächste Kanzlerkandidatur der Grünen geht. Doch das muss die Partei jetzt noch nicht entscheiden. Erst einmal muss sie sich wieder so aufstellen, dass die Frage nach der Kanzlerkandidatur überhaupt relevant wird.

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