Im Wald bei der Panzerkaserne sind viele Radler unterwegs. Foto: dpa/Jan Woitas

Im Wald bei der Panzerkaserne Böblingen sind viele Radler und Spaziergänger unterwegs. Dürfen sie das? Die US Army jedenfalls betont, dass das schnell gefährlich werden könne.

Vaihingen/Musberg - Christa Tast ist nicht nur Mitglied des Vaihinger Bezirksbeirats (Grüne), sondern auch im örtlichen Radsportverein (RSV) aktiv. Mit ihrem Mountainbike ist sie regelmäßig im Wald zwischen der A 8, Musberg, Steinenbronn, Schönaich und Böblingen unterwegs. Dann fährt sie nicht nur auf dem asphaltierten Musberger Sträßle, das einmal von Ost nach West quer durch das Gebiet führt. Denn dass sei „stinklangweilig“, sagt Tast. Stattdessen fährt die passionierte Radlerin gern offroad.

Um so überraschter war Tast, als der Vaihinger Bezirksvorsteher Kai Jehle-Mungenast kurz nach Ostern eine E-Mail an die Lokalpolitiker und andere Multiplikatoren im Stadtbezirk weiterleitete. Diese stammte von Carola Meusel. Sie ist die Verbindungs- und Öffentlichkeitsbeauftragte der US-Armee am Standort Stuttgart, und in ihrem Schreiben stand: „In den letzten Wochen konnten wir – sehr wahrscheinlich auch bedingt durch die Corona-Krise und eingeschränkte Möglichkeiten der Freizeit- und Sportgestaltung – wesentlich mehr Spaziergänger, Radfahrer, Jogger, etc. auf dem Standortübungsplatz ausmachen.“ Gemeint war eben jenes Waldgebiet, in dem Tast so gern unterwegs ist.

Lediglich das Musberger Sträßle darf betreten werden

Meusel weist daraufhin, dass dort regelmäßig militärische Übungen stattfinden würden. Das Gelände sei „den US-Streitkräften vom Bund zur ausschließlichen Nutzung“ überlassen worden. Die Bevölkerung sei „unbedingt angehalten, es nicht zu betreten. Schilder würden auf dieses Verbot und auf die „Gefahr für Leib und Leben“ hinweisen. Lediglich das Musberger Sträßle sei für die Öffentlichkeit zugänglich. Meusel schreibt in ihrer E-Mail auch, dass „sich innerhalb des US-Standortübungsplatzes Wildruhezonen befinden, die durch Freizeitsportler empfindlich gestört werden“. Der Übungsplatz sei ein Flora-Fauna-Habitat und ein europäisches Schutzgebiet.

Für Christa Tast ist die Situation alles andere als eindeutig. Mit der vom Bezirksvorsteher weitergeleiteten E-Mail der US-Öffentlichkeitsbeauftragten habe sie nichts anfangen können, sagt sie. Entlang des Mountainbike-Trails gegenüber der Panzerkaserne in Böblingen gebe es keine Verbotsschilder. Sicher, die Kaserne selbst sei mit Stacheldraht gesichert. Beim Wald stelle sich aber für sie die Frage, ob das wirklich Privatgelände sei oder aber öffentlicher Raum.

Ist die beliebte Mountainbikestrecke in Wahrheit ein Rückmarschtrail?

Meusel erwidert, dass es aufgrund der Weitläufigkeit des Geländes nicht möglich sei, es komplett einzuzäunen. Es gebe aber Schilder, und derzeit würden weitere aufgestellt. Was für Tast eine Mountainbike-Strecke sei, sei mit großer Wahrscheinlichkeit der sogenannte Ruckmarchtrail, der ursprünglich für das Training der Soldaten angelegt worden sei. „Dieser etwa fünf Kilometer lange Trail führt mitten durch das Gelände des Übungsplatzes und hat sich während der letzten Jahre zu einer beliebten Mountainbike-Strecke etabliert“, schreibt Meusel. Für die US Army sei das ein Anlass mehr, vermehrt darauf aufmerksam zu machen, dass es sich hier um ein militärisches Übungsgelände handelt.

Meusel erklärt, die Öffnung des Musberger Sträßle sei Ende der 1990er Jahre mit der Stadt Böblingen vereinbart worden, damit die Öffentlichkeit dort spazieren und radfahren könne. Ergänzt werden muss, dass der Wanderweg von 2001 bis Mai 2012 gesperrt war. Denn im Oktober 2001 waren die Sicherheitsvorkehrungen rund um die Panzerkaserne als Reaktion auf die Terrorangriffe erhöht worden. Später drängten die umliegenden Kommunen darauf, die Verbindung wieder zu öffnen.

US Army verteilt Informationskarten

Nun stellt die US Army fest: „Vieles hat sich über die Jahre verselbstständigt, und es befinden sich Stand heute zu viele Freizeitsportler und Ausflügler auf dem Gelände.“ Vielen sei trotz Beschilderung nicht bewusst, dass sie sich inmitten eines Standortübungsplatzes befinden.

Derzeit würden die für den Übungsplatz zuständigen Kollegen das Gelände täglich abfahren und Personen informieren, die dort unterwegs seien. Manchmal würden diese auch Informationskarten austeilen. Auf dieser sind die Panzerkaserne und das Waldgebiet zu sehen. Das Musberger Sträßle ist gelb markiert. Links und rechts davon steht in großen roten Lettern das Wort „verboten“. Am linken Rand befindet sich auf Deutsch und Englisch die Erklärung, dass es sich bei dem Gebiet um ein militärisches Übungsgelände handele und das man zur „eigenen Sicherheit“ auf dem Musberger Sträßle zu bleiben hat.

Christa Tast hat sich nun an Parteifreunde im Landtag gewandt. Sie will „juristisch wasserfest geklärt haben“, wer in dem Wald unterwegs sein darf und wer nicht, ob die Amerikaner im Recht sind oder ob sie sich nur etwas anmaßen.