MTU produziert Schiffsmotoren am Bodensee. Foto: MTU

Baden-Württemberg hat eine starke maritime Wirtschaft. Die Branche trifft sich jetzt in Friedrichshafen.

Berlin - Zwischen dem Süden Baden-Württembergs und der deutschen Küste liegen fast 700 Kilometer – Luftlinie, wohlgemerkt. Wer mit dem Auto an die Nord- oder Ostsee fahren will, muss eine deutlich längere Strecke zurücklegen. Über einen direkten Zugang zum Meer verfügt Baden-Württemberg bekanntlich nicht. Seehäfen, Werften oder Offshore-Windparks sucht man hier vergebens.

Dennoch ist das Bundesland mit seinen zahlreichen Maschinen- und Anlagenbau-Unternehmen eines der Zentren der maritimen Wirtschaft in Deutschland. Und das soll in dieser Woche auch sichtbar werden: In Friedrichshafen am Bodensee findet am Mittwoch und Donnerstag die 11. „Nationale Maritime Konferenz“ (NMK) statt. Veranstalter ist das Bundeswirtschaftsministerium, rund 800 Vertreter aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Gewerkschaften werden erwartet. Geplant sind unter anderem Reden von Kanzlerin Angela Merkel, Wirtschaftsminister Peter Altmaier sowie EU-Kommissar Günther Oettinger (alle CDU). Auch Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) wird in Friedrichshafen sein.

Konferenz im Binnenland

Zum ersten Mal findet die Konferenz im deutschen Binnenland statt. „Wir wollen damit zum Ausdruck bringen, dass wir auch sehr viele Unternehmen und Beschäftigte haben, die in ganz Deutschland ansässig sind“, sagt Wirtschaftsstaatssekretär Thomas Bareiß (CDU), der selbst aus dem Südwesten stammt.

Der Regierungskoordinator für die maritime Wirtschaft, Norbert Brackmann (CDU), betont, dass insbesondere Unternehmen aus Baden-Württemberg und Bayern in diesem Wirtschaftszweig eine hausragende Rolle spielen: Auf sie entfielen jeweils rund 20 Prozent des Umsatzes aller deutschen Schiffbau- und Offshore-Zulieferer. „Damit stellen sie den größten Anteil der maritimen Zulieferindustrie in Deutschland.“ Es geht bundesweit um eine Branche mit einem Umsatz von knapp elf Milliarden Euro, 400 Unternehmen und mehr als 60 000 Mitarbeitern. Der Wirtschaftszweig ist stark exportorientiert. „Deutschland maritim – global, smart, green“ lautet das Motto der Veranstaltung am Bodensee. Das Motto spiegelt die gewaltigen Veränderungen wider, vor denen die maritime Wirtschaft steht. So nimmt der Konkurrenzdruck unter den Seehäfen immer weiter zu, was enorme Investitionen erforderlich macht – unter anderem in die Digitalisierung. Die Windstrom-Erzeugung auf hoher See (offshore) bietet große Potenziale für Energiekonzerne, Anlagenbauer und klassische Werften.

Schiffe müssen sauberer werden

Im Schiffbau wiederum zeichnet sich – ähnlich wie bei den Automobilherstellern – ein tief greifender Wandel in der Antriebstechnik ab. Die Schiffe der Zukunft müssen sauberer und klimafreundlicher werden. Es geht darum, die maritime Energiewende einzuleiten und mittel- bis langfristig den Abschied von Schiffsdiesel und Schweröl hinzubekommen. Alternativen könnten beispielsweise Gas und synthetische Kraftstoffe sein. Die Industrie arbeitet bereits mit Hochdruck daran. Über all diese Themen soll bei der Nationalen Maritimen Konferenz diskutiert werden. Friedrichshafen bietet sich als Veranstaltungsort an, weil hier zwei zentrale Akteure der Branche ihren Sitz haben. Es handelt sich um die Firmen Rolls-Royce Power Systems sowie ZF Friedrichshafen, die auch eng zusammenarbeiten. Rolls-Royce Power Systems stellt unter anderem Diesel- und Gasmotoren für Schiffe und Jachten her und vermarktet diese unter der Marke MTU. Der ZF-Konzern wiederum, der vor allem als Automobilzulieferer bekannt ist, steuert Getriebe bei.

Rolls-Royce Power Systems ist ein Geschäftsbereich des britischen Technologiekonzerns Rolls-Royce. Die Sparte ist darauf spezialisiert, Antriebe für Fahrzeuge abseits der Straße sowie für Energieanlagen zu bauen. Sitz und größter Produktionsstandort ist Friedrichshafen, wo rund 5500 Beschäftigte für das Unternehmen arbeiten. Die am Bodensee ansässige Marine-Technik kam zuletzt auf einen Umsatz von etwas mehr als einer Milliarde Euro. Auf sie entfällt damit die Hälfte der Erlöse aller baden-württembergischen Schiffbau- und Offshore-Zulieferer.