Am Samstag, 2. Dezember, muss um 21 Uhr der letzte Kunde gehen: Der Vollsortimenter in Schmidens Ortsmitte schließt. Foto: Gottfried Stoppel

Was sind die Gründe für das Aus? Der Tegut-Markt mit Bäckerei-Filiale an der Gotthilf-Bayh-Straße wird aufgegeben. Die Eröffnung des Vollsortimenter nach dem Abschied des Discounters Netto im Jahr 2018 war als Frequenzbringer in der Ortsmitte willkommen.

Die Regale werden immer leerer, an vielen Produkten sind rote Schildchen mit Rabatten aufgeklebt – der Tegut-Markt in der Ortsmitte von Fellbach-Schmiden leert sich nach und nach. Am Eingang steht ein Aufsteller, der den Kunden das Aus verkündet: „Vielen Dank für Ihre Treue. Wir schließen am Samstag, 2. Dezember, um 21 Uhr.“

„Der Markt hat sich leider in den letzten Jahren nicht so entwickelt, wie wir es uns gewünscht und vorgestellt haben“, sagt Johanna Ammermann von der Unternehmenskommunikation und ergänzt: „Der Markt wird demnach aus wirtschaftlichen Gründen geschlossen.“ Der Nahversorger in der Ortsmitte Schmidens habe leider unter mangelnder Frequenz gelitten. Die Bäckerei-Filiale in dem Markt hatte schon viele Monate vorher aufgegeben.

Tegut in Waiblingen hat viel größere Fläche mit rund 1200 Quadratmeter

Anders sieht es offenkundig in Waiblingen aus. Dieser Markt liegt zentral in der Waiblinger Kernstadt an der Ecke Fronackerstraße und Albrecht-Roller-Straße und ist von Fellbach aus gesehen der nächste im Rems-Murr-Kreis. Der Waiblinger Supermarkt hat mit rund 1200 Quadratmetern eine ganz andere Fläche und ein weitaus größeres Sortiment mit mehr als 23 000 Produkten. Die Frequenz sei dort auch eine andere als in Fellbach-Schmiden, so die Sprecherin.

Im März 2018, nach dem Abschied des Discounters Netto aus der Ortsmitte, war die leer stehende Handelsfläche an der Schmidener Gotthilf-Bayh-Straße wieder belegt worden – mit dem Vollsortimenter Tegut. Laut der Marktinhaberin damals waren bis zu 11 000 Produkte in den verschiedensten Qualitätsstufen erhältlich – von Eigenmarken zum kleinen Preis bis zur Markenware in Bio-Qualität.

Die Fläche im Schmidener Einkaufsmarkt umfasst 530 Quadratmeter. Für die Kundschaft gibt es elf Parkhaus-Stellplätze. Neben frischen Lebensmitteln sind auch Getränke, Drogerieartikel sowie Zeitschriften im Sortiment. Wert wird nach Angaben des Unternehmens auch auf aus der jeweiligen Region stammende Waren gelegt.

Die Supermarktkette hat auch die Kaufzurückhaltung bei Bioprodukten gespürt

Die nächsten Tegut-Filialen sind laut dem Filialfinder im Marstall in Ludwigsburg, mehrere Filialen in Stuttgart – unter anderem am Mailänder Platz, in der Königstraße und anderen Stadtteilen – dann die bereits genannte Filiale in der Albert-Roller-Straße in Waiblingen sowie weiter remsaufwärts in der Oberen Halde und im City-Center in Schwäbisch Gmünd.

Ganz allgemein hat Tegut im vergangenen Jahr die Kaufzurückhaltung der Verbraucher bei Bio-Lebensmitteln deutlich zu spüren bekommen. Während der Gesamtnettoumsatz mit 1,25 Milliarden Euro in etwa auf dem soliden Vorjahresniveau blieb, verringerte sich der Bio-Anteil an den Erlösen auf 28,4 Prozent, wie das Unternehmen Anfang des Jahres mitteilte. Der Rekord-Bioanteil von 30,5 Prozent im Jahr 2021 konnte 2022 nicht mehr erreicht werden. „Der Kunde kauft weiter ökologisch, aber die günstigeren Varianten“, erläutert Tegut-Geschäftsführer Thomas Gutberlet, „die Frische, Obst und Gemüse, ist rückläufig.“ Das entspreche im Übrigen auch der aktuellen Entwicklung, „wonach die Kundinnen und Kunden zum Beispiel nicht beim Urlaub sparen, sondern im Alltag“, so der Geschäftsführer.

Geschäft mit den digitalen Kleinstläden „teo“ ausgebaut

Neben dem Online-Geschäft, bei dem Tegut mit dem Versandhändler Amazon zusammenarbeitet, hat die Supermarktkette auch ihr Geschäft mit den digitalen Kleinstläden „teo“ ausgebaut. Seit 2013 ist Tegut ein Teil der Genossenschaft Migros Zürich.

Tegut hat seinen Hauptsitz in Fulda, vor den Toren der osthessischen Stadt entsteht aktuell das neue Logistikzentrum Michelsrombach, „ein Megaprojekt“ (Gutberlet) für 800 Beschäftigte. Überregionale Aufmerksamkeit machten Berichte, wonach die Firme mit der Vier-Tage-Woche neue Fachkräfte anlocken wolle.

Das Unternehmen, das sich selbst auch gerne als „Bio-Pionier“ bezeichnet, hat 1982 erstmals Bio-Lebensmittel ins Sortiment aufgenommen, heute sind es über 4600 Bio-Produkte. Das Handelsunternehmen betreibt aktuell 315 Märkte mit unterschiedlichsten Vertriebskonzepten – in Hessen, Thüringen, Bayern, Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Niedersachsen. Auch 2023 sind neue Märkte geplant, hieß es zu Jahresanfang, von denen sich viele in Bau befinden, so in Niederdorfelden und Bischofsheim in der Rhön. Schmiden allerdings kann man demnächst von Märkte-Liste streichen.