Am neuen Standort sollen die Trauben künftig angenommen und gekeltert werden – auch der Wein wird dann dort ausgebaut. Foto: Gottfried Stoppel

Nächstes Jahr sollen die Bagger für die neue zentrale Kelter der Remstalkellerei in Grunbach anrollen. 20 bis 25 Millionen wird das Mammutprojekt voraussichtlich kosten.

Peter Jung möchte nicht zurückblicken, nur voraus. „Wir werden gemeinsam nach Grunbach auf einen Standort ziehen“, sagt der Remstalkellerei-Vorstandsvorsitzende und fasst damit die Zukunftspläne der Genossenschaft in einem Satz zusammen. Ebenso kurz und bündig fällt seine Antwort auf die Frage aus, wer diesen Schritt nun alles mitgeht. „Da gibt es seit zwei Jahren nichts Neues.“ Die Remstalkellerei sei schon längst mit den Ortsgenossenschaften fusioniert, sagt er, ohne auf die Austritte von Stetten, Korb und Steinreinach sowie Winnenden noch eingehen zu wollen.

 

Stetten kooperiert mit Weinkellerei am Ort

Die drei Ortsgenossenschaften zogen bei den Fusionsplänen nicht mit: Die Stettener schlossen sich stattdessen der Weinkellerei Kern in Kernen-Rommelshausen an. Korber und Winnender taten sich zusammen, um Vollablieferer bei der Württembergischen Weingärtner-Zentralgenossenschaft (WZG) in Möglingen zu werden. Wegen juristischer Winkelzüge im Genossenschaftsrecht gab es indes zuletzt Streit, ob die Weingärtnergenossenschaft Korb und ihre neuen Mitglieder von Winnenden ihre Trauben von diesem Jahr noch an die Remstalkellerei liefern müssen oder nicht. Inzwischen habe man sich jedoch geeinigt, dass die Korber ihre Trauben nicht bringen, sagt Jung: „Reisende soll man nicht aufhalten.“

Mit der Remstalkellerei eins geworden sind derweil die Weingärtner Remstal, die Weingärtnergenossenschaft Schnait und die Weingärtnergenossenschaft Remshalden-Schorndorf. Damit verfügt die Genossenschaft im gesamten Remstal über eine Anbaufläche von 340 Hektar, die von 600 der insgesamt 900 Mitglieder bewirtschaftet werden. Dabei betreibe zwar die Mehrheit den Weinbau im Nebenerwerb, der Großteil der Fläche liege aber in der Hand von rund 30 hauptberuflichen Wengertern, sagt Jung: „Der Strukturwandel, dass sich alles immer mehr auf Großbetriebe konzentriert, macht auch vor dem Weinbau nicht halt.“

Traubenannahme, Kelterei und Ausbau an einem Ort

Mit der Fusion ist die Grundlage für den nächsten großen Schritt bereitet. „Überwältigend groß“ sei bei einer Mitgliederbefragung die Zustimmung mit mehr als 96 Prozent zum Neubau in Remshalden-Grunbach gewesen, berichtet Jung mit breiter Brust, und somit sei die „Strukturveränderung geregelt“. Für diese geben die zuvor eigenständigen Ortsgenossenschaften, die lediglich Mitglieder der Remstalkellerei waren, ihre Keltern auf. Am neuen Standort sollen die Trauben künftig angenommen und gekeltert werden – auch der Wein wird dann dort ausgebaut.

„Dadurch kann effizienter gearbeitet werden, als wenn man an jedem Standort einen Maschinensatz separat unterhalten muss“, erläutert Jung, der sich durch diese Zentralisierung mit moderner Technik auch besseren Wein verspricht. „Qualitativ werden wir einen Schritt nach vorne machen.“ Der „ganz große Vorteil“ hierbei sei vor allem auch, dass der Kellermeister die Trauben von Anfang an einem Standort habe. „Riesensynergieeffekte“ erwartet Jung zudem personell. Denn bislang habe man in der Lesezeit die Traubenannahme nur durch viele motivierte Aushilfskräfte aus den Reihen der Mitglieder gestemmt bekommen. Durch die Zentralisierung würden diese nun entlastet.

Veränderung soll auch Kosten senken

Darauf angesprochen verhehlt Jung nicht, dass durch die Strukturveränderung auch Kosten gespart werden sollen. Dazu beitragen soll auch, dass man künftig keine eigene Abfüllanlage mehr unterhält, sondern bei Bedarf einen mobilen Dienstleister auf den Hof holen möchte – wobei man aber die Oberhand behalten werde, betont Jung und ergänzt: „Das Kostenthema wird sich auf das Traubengeld niederschlagen.“ In der Vergangenheit hatten Wengerter sinkende Traubengelder der Remstalkellerei bemängelt, bis hin zu ganz ausgesetzten Zahlungen, was letztlich zu den Austritten der drei Ortsgenossenschaften führte. Schuld an wirtschaftlichen Schwierigkeiten der Remstalkellerei war dabei aber vor allem auch, dass man 2017 auf Betrüger hereingefallen war. Für die Vermittlung von Handelsgeschäften hatte der damalige Vorstand diesen als Provision Goldbarren im Wert von rund 35 000 Euro gegeben.

Um schnellstmöglich mit dem zentralisierten Weinausbau loslegen zu können, sollen in einem ersten Bauabschnitt zunächst die Erfassungsstation und die Kelter errichtet werden – und erst danach Logistik, Kommission, Verwaltung und Barverkauf, sagt Jung, der davon ausgeht, dass im Laufe des nächsten Jahres die ersten Bagger am Grunbacher Ortsrand anrollen können. Momentan sei man allerdings noch in der Phase der öffentlichen Auslegung der Baupläne. „Wir haben das Ziel, dass 2024 der erste Jahrgang am neuen Standort erfasst wird.“ Bis alles fertiggestellt sei, rechne man aber mit einer Bauzeit von zwei Jahren plus x. In den Jahren 2025/26, so hofft Jung, soll der Umzug an den neuen Standort dann vollends über die Bühne gehen können.

20 bis 25 Millionen Euro werde man in den Neubau investieren müssen – „soweit die Kosten nach aktuellem Niveau zu berechnen sind“. Angesichts der sich sehr dynamisch entwickelnden Preise werde man allerdings den Mitgliedern nochmals eine tagesaktuelle Kostenerhebung vorlegen, wenn man das Projekt bis zur Baureife vorangetrieben habe. Finanziert werden soll das Bauvorhaben komplett mit Eigenkapital.

„Wir geben einen Standort auf, der Wert hat, und auch die Ortskeltern werden einen Beitrag leisten müssen“, sagt Jung zu geplanten Grundstücksverkäufen. Neben ihrem Areal in Beutelsbach besitzt die Kellerei noch fünf Ortskeltern: in Grunbach, Großheppach, Schnait, Strümpfelbach und Endersbach. Zudem habe man „ein paar Rücklagen“, sagt Jung. Über deren Höhe will er sich nicht äußern.

Und welche Konsequenzen wird die Zentralisierung für die Weine der Kellerei haben? Man werde sich stark auf Weißweine ausrichten, antwortet Jung. Das Terroir des Remstals sei durch das Mikroklima seiner Steillagen einfach für „fruchtbetonte Weine“ prädestiniert. Worunter er indes keine restsüßen Tropfen verstanden wissen will, vielmehr gehe es um ihre Aromatik. Vom klassischen Riesling sowie Weiß- und Grauburgunder reiche die Palette bis hin zu Chardonnay, Kerner und Gewürztraminer. Bei den Roten seien selbstverständlich Trollinger und Lemberger vertreten, der Zweigelt als lokale Spezialität sowie internationale Rebsorten wie Merlot, Cabernet Sauvignon und Surra, die durch die trockenere, wärmere Witterung mittlerweile auch auf den Anbauflächen im Remstal ausreiften.