Renata Jungo Brüngger von Mercedes (links) und Irene Armbruster von der Bürgerstiftung vor dem Plakat, das den Lebensmittelretter Harry Pfau und seine Bude würdigt. Foto: LICHTGUT/Max Kovalenko

Um den gesellschaftlichen Zusammenhalt in Stuttgart zu fördern, nimmt Mercedes-Benz 12,5 Millionen Euro in die Hand. So viel soll bis 2028 in soziale Projekte in der Heimatregion fließen. Die ersten 23 wurden jetzt bekannt gegeben.

Mercedes-Benz und Stuttgart – das gehört zusammen.“ Diese Feststellung von Renata Jungo Brüngger, im Mercedes-Vorstand zuständig für Integrität, Governance und Nachhaltigkeit, hat den Charakter eines Versprechens. Am Montagabend wurde es auf einem Feld bekräftigt und eingelöst, auf dem der Autohersteller verstärkt tätig werden will: Es geht um den gesellschaftlichen Zusammenhalt und die Frage, was es braucht, um ihn herzustellen und zu sichern. Dafür ist Mercedes-Benz bereit, auf lokaler Ebene Geld auszugeben: insgesamt 12,5 Millionen Euro, verteilt auf zwei Tranchen.

Um die Mittel zielgerichtet einzusetzen, war der Autohersteller im vergangenen Jahr auf die Stuttgarter Bürgerstiftung zugegangen, ein Kompetenzzentrum für Fragestellungen rund um die Themen Teilhabe, Integration und Armutsbekämpfung. Vereinbart wurde eine Beteiligungsinitiative „Mittendrin – Chancen für morgen gestalten“. In einer offenen Ausschreibung sollten geeignete Projekte für die drei Handlungsfelder „Teilhabe von Kindern und Jugendlichen“, „Integration“ und „Wege aus der Armut“ gesammelt werden.

Eine breite Palette von ausgewählten Projekten

Der Andrang war groß: 145 Organisationen reichten mehr als 160 Projekte ein. Eine Jury, die sich aus Vertretern der Zivilgesellschaft, der Stadt Stuttgart, der Wissenschaft und Mercedes-Benz zusammensetzte, wählte 23 Projekte aus, die bis 2028 mit 6,2 Millionen Euro gefördert werden. Dazu kommen 2,5 Millionen Euro für ein von der Bürgerstiftung geplantes „Haus des Engagements“, von dem Impulse zur Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements ausgehen sollen.

Die ausgewählten Projekte gaben Jungo Brüngger und die Geschäftsführerin der Bürgerstiftung, Irene Armbruster, am Montagabend bei einer feierlichen Veranstaltung im Mercedes-Museum bekannt, an der auch Landtagspräsidentin Muhterem Aras und Sozialbürgermeisterin Alexandra Sußmann teilnahmen. Sie reichen „von Frühstücksangeboten für Kinder, über die Förderung von mehr Diversität in der Lokalpolitik bis hin zu Unterstützung für berufsqualifizierende Abschlüsse für junge Menschen, die von Armut oder Armutsrisiken betroffenen sind“, wie es in einer Mitteilung heißt.

Renata Jungo Brüngger sprach von einer „überwältigenden Resonanz“. Der Zuspruch auf die Ausschreibung zeige, wie groß der Bedarf sei. Mit dem Geld sollten dauerhafte Verbesserungen erreicht werden: „Unsere Spenden sollen dort ankommen, wo sie wirklich etwas bewegen können.“ Armbruster betonte, die Beteiligung zeige, „dass es jede Menge Menschen mit passenden Ideen und Leidenschaft gibt“.

Konkret werden folgende Projekte gefördert: das Programm Familien Mittendrin der Evangelischen Gesellschaft, das sich für die Unterbringung von Großfamilien mit Migrationsgeschichte einsetzt. Eine Anlaufstelle der Behinderteneinrichtung BHZ für Menschen mit Behinderung und Migrationshintergrund. Das Programm Amour Sans Frontières der Kreisdiakoniestelle zur Schaffung von sicheren Räumen für queere Menschen mit Migrationsgeschichte. Ein Programm zur Bildungsarbeit für junge Menschen mit Migrationsgeschichte des Vereins Local Diversity. Unterstützung erhalten auch der Verein Afrokids International und der Verein Dialog Theater, der sich um interkulturellen Austausch kümmert sowie der Verein Kubus mit seinen Bemühungen, einen mobilen Ort für interreligiöse und interkulturelle Begegnungen zu schaffen.

Es geht auch um Demokratieförderung von Jugendlichen

Im Bereich „Teilhabe von Kindern und Jugendlichen“ werden gefördert: der 1. Kindersportverein Stuttgart mit seinen Schwimmkursen für sehbehinderte Schulkinder, der Verein Frühstück für Kinder, der an 24 Stuttgarter Schulen Frühstück anbietet und der Circus Calibastra, ein Kinder- und Jugendzirkus mit pädagogischen Angeboten für förderbedürftige Kinder und Jugendliche. Zu den ausgewählten Projekten zählt auch Harrys Bude mit dem Vorhaben Harrys Lab, das die „sozialökologischen Kompetenzen“ von Schülern stärken soll. Außerdem die Türkische Gemeinde mit ihrer Initiative „Lass uns Reden“; sie zielt auf die Demokratieförderung von Jugendlichen ab. Berücksichtigt werden auch die Mobile Jugendarbeit Stuttgart mit ihrem Kulturprojekt „StuttgART“ sowie der AWO-Kreisverband zusammen mit der Dualen Hochschule Baden-Württemberg in Stuttgart. Ihr Projekt Kids Cube richtet sich an Kinder und Jugendliche, die in Sozial- und Flüchtlingsunterkünften leben. Geld erhält auch das Gartenkulturlabor, das in Botnang einen Nachbarschaftsgarten pflegt.

Im dritten Handlungsbereich „Wege aus der Armut“ werden folgende Projekte unterstützt: eine Datenbank mit vielfältigen Unterstützungsangebote der Selbsthilfekontaktstelle Kiss und des Jobcenter Stuttgart. Ein Angebot des Malteser Hilfsdienstes zur kostenfreien zahnmedizinischen Behandlung von Menschen ohne Versicherungsschutz. Die Vermittlungs- und Beratungsangebote der Bahnhofsmission. Ein Gartenprojekt der Evangelischen Wohnheime zur psychischen Stabilisierung. Die Kreativwerkstatt des Sozialdienstes katholischer Frauen. Ein Programm der Bruderhaus Diakonie zur Wiedereingliederung psychisch kranker Menschen. Die Initiative „eva’s Media Raum“ zur Vermittlung von digitalen Kompetenzen der Evangelischen Gesellschaft. Und Initiative Plan A der Joblinge zur Unterstützung junger Menschen auf dem Weg in die Ausbildung und in den Beruf.

Armbruster sieht in der Auswahl eine gute Mischung. Es gehe darum, „Vorbildprojekte“ mit neuen Ansätzen zu fördern. Es sei aber auch wichtig, bewährte Projekte weiterzuentwickeln.

Die Förderung ist Teil einer „übergeordneten Initiative“

Einzelne Projekte können nach Angaben von Mercedes-Benz mit maximal 150 000 Euro gefördert werden, die Mindestfördersumme beträgt 10 000 Euro über fünf Jahre. Finanziert wird in dem Zusammenhang auch eine Stelle bei der Bürgerstiftung. Weitere Fördermittel für soziale Projekte in Stuttgart sollen in einer zweiten Runde ab 2026 ausgeschüttet werden.

Die Förderung ist laut Mercedes-Benz „Teil einer übergeordneten Initiative“ des Unternehmens. Neben den sozialen Projekten in Stuttgart engagiert sich das Unternehmen auch in den Bereichen Umwelt- und Klimaschutz und Kultur. Dafür stehen nochmals 11,5 Millionen Euro bereit.