Auch bei Autoschieberbanden beliebt: ein Porsche Panamera Foto: dpa

Seit Wochen lassen organisierte Diebesbanden Luxusautos aus dem Raum Stuttgart verschwinden. Landesweit geht der Schaden in die Millionen. Jetzt konnte die Polizei einen gestohlenen Porsche aus Stuttgart sicherstellen – mitsamt einem mutmaßlichen Bandenmitglied am Steuer.

Stuttgart - Da sage noch einer, der Diebstahl von Luxusfahrzeugen wäre nicht anstrengend. Der Mann, der einen gestohlenen Porsche Panamera aus Stuttgart-Rohr zu seinen Hintermännern bringen sollte, wurde jedenfalls nach gut 200 Kilometern müde. Eine Ruhepause mit Folgen: Der 20-Jährige, mutmaßliches Mitglied einer litauischen Diebesbande von Edelkarossen, muss sich jetzt ausgiebig hinter Gittern ausruhen.

Wie die Polizei am Donnerstag mitteilte, ist der Diebstahl eines weißen Porsche Panamera in der Nacht zum Montag in der Straße Auf der Heide im Stadtteil Rohr nunmehr geklärt. Der Sportwagen war dort spurlos verschwunden – an einem Wochenende, an dem in Stuttgart insgesamt drei Porsche und ein Mercedes mit schlüsselloser Funktechnik gestohlen wurden.

Die Achillesferse heißt Keyless Go

Der Porsche mit den auffälligen weißen Felgen wurde, wie das Landeskriminalamt (LKA) aus ermittlungstaktischen Gründen erst jetzt mitteilt, bereits wenige Stunden später in einem Waldstück im unterfränkischen Kreis Schweinfurt entdeckt. Mit laufendem Motor, mit schlafendem Fahrer hinterm Lenkrad. Spaziergänger schöpften Verdacht und verständigten die Polizei.

Das ist nämlich das Problem der Autodiebe, die das sogenannte Keyless-Go-System der Fahrzeuge austricksen. Bei der schlüssellosen Technologie werden die Funksignale der Autoschlüssel angezapft und die Türen geöffnet. Auch der Motor kann so ohne Originalschlüssel gestartet werden – allerdings darf der Fahrer den Motor dann nicht mehr abstellen. Er bekäme ihn fernab ohne Schlüssel nicht ein zweites Mal gestartet.

Der junge Mann ist kein unbeschriebenes Blatt

Deshalb musste der 20-jährige Fahrer den Motor laufen lassen, als er in einem Wald bei Schweinfurt am Kreuzungspunkt der Autobahnen A 7, A 70 und A 71 gegen 10 Uhr eine Ruhepause einlegte. Das Geräusch im Wald war dann doch etwas zu auffällig.

Der 20-Jährige, der von der Polizei aus allen Träumen gerissen wurde, ist kein unbeschriebenes Blatt. Im Herbst 2015 war er wegen bandenmäßigen Diebstahls von teuren Navigationssystemen in Bayern zu einer Haftstrafe verurteilt worden. Bis Mitte Februar 2016 saß er deswegen hinter Gittern. Beeindruckt hat ihn dies offenbar nicht.

Die Polizei ist nach einer Serie von ähnlichen Diebstählenin Alarmbereitschaft. Betroffen sind vor allem die Marken Porsche, Mercedes und BMW. „Seit Jahresbeginn hat es in Baden-Württemberg 80 solcher Fälle gegeben“, sagt LKA-Sprecher Horst Haug. Der Schaden wird auf mehrere Millionen Euro geschätzt Die Ermittlungsgruppe „Premium“ von LKA und Polizeipräsidium Stuttgart versucht Zusammenhänge zu erkennen, konzentriert sich auf etwa 20 Fälle. „Dabei geht es nicht nur um die Fahrer“, sagt LKA-Sprecher Haug. „Wir wollen vor allem an die Hinterleute im Ausland ran.“

Zwischenstation und Logistikzentrum ausgehoben

Offenbar aber werden die gestohlenen Fahrzeuge nicht immer direkt ins Ausland gebracht. Wie hochprofessionell und arbeitsteilig die Banden vorgehen, zeigt sich bei einem Ermittlungserfolg der Polizei im niedersächsischen Oldenburg. Dort flog vor wenigen Wochen das Logistikzentrum einer Bande auf. Die in Osnabrück, Dortmund und Essen gestohlenen Autos wurde in einer Halle zwischengeparkt, teilweise zerlegt und per Aufleger weitertransportiert. Festgenommen wurden sechs Litauer im Alter von 26 bis 37 Jahren, die in der Wohnung eines Landsmanns untergebracht waren.

Welchen Unterschlupf der 20-Jährige im Stuttgarter Fall gehabt hätte, versuchen die Ermittler nun herauszufinden.