Kiew will von Deutschland Leopard-Kampfpanzer, doch Berlin zögert. Nun wächst auch der Druck von den Verbündeten in der Nato. Foto: dpa/Armin Weigel

Bei einem Treffen in Ramstein will das Bündnis den weiteren Kurs abstecken. Die Forderung an Berlin, die Blockadehaltung bei der Lieferung von Leopard-Panzern aufzugeben, wird immer lauter.

Der Druck auf Deutschland in der Leopard-Frage steigt. Inzwischen scheint es nur noch eine Frage der Zeit, bis Berlin der Lieferung von modernen Kampfpanzern in die Ukraine zustimmt. Bei seiner Sitzung in Straßburg will auch das EU-Parlament am Mittwoch über einen Änderungsantrag der Grünen-Fraktion abstimmen, in dem Bundeskanzler Olaf Scholz dazu aufgefordert wird, dass die Bundesregierung Staaten wie Polen oder Finnland grünes Licht für die Lieferung der Panzer gibt. In der Regel muss die Weitergabe von Rüstungsgütern aus deutscher Produktion an Dritte genehmigt werden.

EU-Parlament ist für Lieferung von Panzern

Das EU-Parlament hatte sich bereits im Oktober dafür ausgesprochen, die Ukraine mit Leopard-Panzern zu versorgen, um sich gegen den russischen Überfall zu wehren. Damals hatte auch die konservative EVP-Fraktion, zu der CDU und CSU gehören, die Entschließung unterstützt. Daher gilt es als wahrscheinlich, dass die Konservativen am Mittwoch den Änderungsanträgen zustimmen und das EU-Parlament seine Forderung nach Leopard-Lieferungen bekräftigt. Auch die deutsche EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat sich bereits mehrfach dafür starkgemacht, die Ukraine mit durchschlagskräftigeren Waffensystemen zu unterstützen.

Die Regierung in Kiew bittet vor allem Deutschland seit Monaten um weitere schwere Waffen. Berlin hat der Ukraine bisher neben anderen Waffen- und Luftabwehrsystemen die weniger schlagkräftigen Schützenpanzer vom Typ Marder zugesichert. Bundeskanzler Scholz hatte sein Nein zur Lieferung von Kampfpanzern bisher unter anderem damit begründet, dass es keinen deutschen Alleingang geben solle.

Die Nato ist keine Kriegspartei

Beobachter hoffen, dass es bei den Gesprächen in Ramstein in dieser Frage wichtige Fortschritte geben wird. Auf der US-Militärbasis in Rheinland-Pfalz beraten am Freitag die 30 Nato-Staaten und weitere Länder der sogenannten Ukraine-Kontaktgruppe. Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg betonte zuletzt immer wieder, dass das westliche Verteidigungsbündnis keine Kriegspartei sei, obwohl seine einzelnen Mitglieder die Ukraine mit Waffen versorgen.

Zuletzt wurde das deutsche Zögern in Sachen Leopard immer schwerer begründbar, da Großbritannien angekündigt hat, der Ukraine 14 Kampfpanzer vom Typ Challenger 2 zur Verfügung zu stellen. Stoltenberg unterstrich, dass diese Zusagen für schweres Kriegsgerät für Kiew überlebenswichtig seien. Der Nato-Chef schob nach, dass er schon in naher Zukunft weitere Lieferungen erwarte.

Druck auf Berlin aus Osteuropa

Großen Druck bekommt Deutschland vor allem aus den Ländern Osteuropas. So mahnte der polnische Ministerpräsident Mateusz Morawiecki bei einem Besuch in Berlin weitere Waffenlieferungen an. „Eine Niederlage der Ukraine könnte das Vorspiel für einen dritten Weltkrieg sein“, sagte der Premier aus Warschau am Montag. Es gebe deswegen keinen Grund, die Unterstützung für Kiew zu blockieren.

In dieselbe Kerbe schlägt das Nato-Mitglied Estland. Dessen Außenminister Urmas Reinsalu rief die Bundesregierung zu einem entschlosseneren Vorgehen auf. „Für Deutschland hat die Entscheidung, Offensivwaffen bereitzustellen, besonderes politisches Gewicht. Aber das Paradigma muss sich ändern, damit die Ukraine sich nicht nur verteidigen, sondern die Oberhand gewinnen kann“, sagte Reinsalu im estnischen Rundfunk.

Die Positionen im Bündnis werden abgesteckt

Um ihre Positionen vor den Gesprächen in Ramstein noch einmal abzustecken, werden die Verteidigungsminister mehrerer europäischer Staaten am Donnerstag in Estland zusammenkommen. Bei dem Treffen auf dem estnischen Militärstützpunkt Tapa wollen Estland, Großbritannien und mehrere andere Länder ihre neuesten Hilfspakete für Kiew vorstellen. Diese beinhalteten auch „schwere Waffen, die die Ukraine braucht, um der russischen Aggression entgegenzuwirken“, wie das Verteidigungsministerium in Tallinn mitteilte.