Foto: Michael Steinert

Bürgerhaus oder Veranstaltungszentrum? Beim Betreiberkonzept für den Kursaal sind der Bezirksbeirat und die Stadtverwaltung unterschiedlicher Meinung.

Bad Cannstatt - Den Vorwurf mehrerer Ratsmitglieder, die Stadt setzte den Bad Cannstatter Bezirksbeirat unter Druck, um eine Entscheidung zu erreichen, bei der die Cannstatter am Ende des Nachsehen hätten, wies der Erste Bürgermeister Michael Föll am Ende einer mehr als einstündigen Diskussion im Bezirksbeirat zurück. „Sie haben keinen zeitlichen Druck“, sagte Föll. Das Gremium habe vor der Entscheidung im Gemeinderat am 21. März noch weitere Sitzungen. In diesen könne beraten werden, wie und von wem der Große und der Kleine Kursaal künftig genutzt werden sollen, wer die Belegung organisiert und wie das gastronomische Angebot aussehen soll. Auch dass ein laut dem Grünen-Bezirksbeirat Peter Mielert bereits länger vorliegendes Gutachten den Mitglieder des Bezirkbeirats erst kurz vor der jüngsten Sitzung zugänglich gemacht worden ist, sei kein taktisches Manöver gewesen. Vielmehr, so Föll, habe auf Basis des Gutachtens ein Betriebskonzept entwickelt, mit dem besonders Bad Cannstatter Belange berücksichtigt würden. Das habe seine Zeit gebraucht.

Das von der Stadt vorgestellte Betriebskonzept sieht vor, dass die örtlichen Vereine und Organisationen die Räume in den für 15 Millionen Euro sanierten Gebäuden vorrangig belegen können. An Tagen, an denen die Räumlichkeiten nicht von lokalen Nutzern beansprucht werden, sollen sie wirtschaftlich sinnvoll vermarktet werden.

Mehr als 400 Veranstaltungen

Nach den Vorstellungen von Michael Föll soll dies über die städtischen Veranstaltungsgesellschaft In Stuttgart erfolgen. Eine Ansiedlung des Betriebs bei der Bezirksverwaltung sei rund 80 000 Euro teurer. Damit die örtlichen Nutzer bei der Belegung nicht das Nachsehen haben, soll es einen Nutzerbeirat geben.

Mehr als 400 Veranstaltungen sollen jährlich in den Kursälen sattfinden. Die Sanierung des Großen Kursaals wird laut Föll Ende September beendet sein, die Quellensanierung und die Fertigstellung des Brunnenhofes werde 2014 erfolgen.

Roland Schmid (CDU) glaubt nicht, dass der Kursaal zu dem angestrebten Bürgerhaus werden kann. Regelmäßige Angebote und ein Übungsbetrieb seien dort kaum zu realisieren. Er regte an, langfristig eine weitere Räume für Vereine zu schaffen. Schließlich gehe es auch um die Bewahrung des Schmuckkästchens. Peter Mielert (Bündnis 90/Die Grünen) befürchtet durch eine zu intensive Vermarktung, dass es bei großen Events zu wenig Parkplätze gibt. Auch will er – wie das Gros der Bezirksbeiräte – die Betriebsführung bei der Bezirksverwaltung ansiedeln. Ebenso Stefan Conzelmann (SPD), der die möglichen Mehrkosten bei einem Betrieb durch die Bezirksverwaltung für vertretbar hält, wenn dadurch die Interessen der Cannstatter mehr Berücksichtigung finden.

Wunsch nach Mitsprache

Gerhard Veyhl (Freie Wähler) findet es unerträglich, dass die Gastronomie nur ein knappes halbes Jahr vor Eröffnung ausgeschrieben werden soll. Da finde man keinen guten Gastronom mehr. Dieter Laube (SÖS/Linke) warnte zudem davor, mit der Vergabe des Betriebs an In Stuttgart einen Präzedenzfall zu schaffen. Wenn dies so komme, würden möglicherweise bald auch andere Bürgerhäuser nur noch nach dem Grundsatz der Wirtschaftlichkeit betrieben. Bernd Zimmermann (FDP) hält die anvisierte Veranstaltungszahl für zu hoch. „Das wären ja 1,1 Veranstaltungen pro Tag“, rechnete er kopfschüttelnd vor.

Werner Schüle, der als stellvertretender Vorsitzender der Vereinigung der Cannstatter Vereine (VCV) gehört wurde, kritisierte, dass die potenziellen Nutzer bei der Erstellung des Betriebskonzeptes bisher nicht gehört worden sind. Dies wird laut Föll Ende Februar oder Anfang März noch geschehen. Bis nach der öffentlichen Diskussion setzte der Bezirksbeirat daher auch seine Beratung aus.