Mit Spruchbändern und deutlichen Worten wird vor der Schorndorfer Barbara-Künkelin-Halle protestiert. Foto: Gottfried Stoppel

Der Protest gegen eine AfD-Veranstaltung mit umstrittenen Bundespolitikern treibt in Schorndorf gut 3000 Menschen auf die Straße. Der OB setzt mit einer Rede auf der Gegenkundgebung ein Zeichen – wenn auch nicht in offizieller Mission.

Spruchbänder, Musik und deutliche Appelle gegen rechtsextremistisches Gedankengut: Die Empörung über eine Veranstaltung der AfD in der Barbara-Künkelin-Halle hat am Mittwoch in Schorndorf hunderte Menschen auf die Straße gebracht. „Keinen Raum der AfD, keinen Platz für Rassismus“, skandierten die Teilnehmer bei einer von einem breiten Bündnis aus politischen Parteien, kirchlichen Gruppen und lokalen Initiativen veranstalteten Gegendemonstration. Zu Ausschreitungen, im Vorfeld durchaus als Befürchtung geäußert, kam es auch dank eines starken Polizeiaufgebots nicht.

Das Bündnis hatte mit weniger Teilnehmern gerechnet

Das „Bündnis gegen Rassismus und Rechtsextremismus“ hatte nur mit bis zu 1000 Teilnehmern bei der Kundgebung gerechnet. Doch der Platz vor der Barbara-Künkelin-Halle reichte am Mittwochabend nicht aus, um die Menschen zu fassen – zumal auch die Polizei mit einem großen Aufgebot vor Ort präsent war.

Während drinnen im Saal die AfD-Landesgruppe zu einem „Neujahrs-Bürgerdialog“ mit der Bundestagsfraktion geladen hatte, machten die Teilnehmer der Protestdemo draußen vor der Tür ihrem Unmut über die ungewollte Politprominenz Luft. „Gottlieb Daimler würde sich schämen, wenn er sehen würde, wie hier versucht wird, Hass zu verbreiten“, sagte etwa ein IG-Metall-Vertreter aus dem Daimler-Motorenwerk in Stuttgart-Untertürkheim. Es sei gut und richtig, dass die Menschen auf die Straße gingen, um zu protestieren – „vom Sofa aus funktioniert das nicht mehr“.

Umstrittene AfD-Prominenz angekündigt

Für die Veranstaltung der AfD angekündigt war unter anderem die Bundestagsabgeordnete Christina Baum, die vom Verfassungsschutz als „extremistische Kraft“ bezeichnet wird und als Vertraute des Rechtsauslegers Björn Höcke gilt. Auch der frühere Staatsanwalt Thomas Seitz, wegen migrantenfeindlicher und islamophober Äußerungen aus dem Staatsdienst entlassen, sollte in der Barbara-Künkelin-Halle einen Auftritt haben. „Die AfD will die Vielfalt unserer Gesellschaft angreifen und zerstören“, sagte Wilhelm Pesch vom Schorndorfer Bündnis gegen Rassismus und Rechtsextremismus am Mittwoch. Er verwies auf die bei einem Geheimtreffen rechter Gesinnungsgenossen diskutierten Gedankenspiele von Massenabschiebungen missliebiger Menschen aus Deutschland. Die jüngst durch das Recherche-Netzwerk Correctiv ans Tageslicht gekommenen Ideen hatten bereits am vergangenen Wochenende bundesweit zu Gegendemonstrationen mit mehreren hunderttausend Teilnehmern geführt.

In Schorndorf traten am Mittwoch bei der Kundgebung gegen die AfD-Veranstaltung unter anderem Pfarrer Steffen Kläger-Lissmann von der evangelischen Stadtkirche und Schorndorfs Rathauschef Bernd Hornikel ans Rednerpult. Dieser mahnte unter anderem an, dass „verschiedene Dinge“ dringend an die Politik in Berlin adressiert werden müssten. Allerdings betonte der Oberbürgermeister ausdrücklich, dass er sich als Privatperson äußere und nicht in offizieller Funktion spreche. Hintergrund für diese Sprachregelung ist, dass sich Bernd Hornikel im Herbst eine Dienstaufsichtsbeschwerde eingehandelt hatte – nach der Teilnahme an einer Kundgebung gegen eine AfD-Veranstaltung in Oberberken zeigte ihn die Partei wegen einer angeblichen Verletzung der Neutralitätspflicht an.

Stadt lässt Mietwunsch der AfD prüfen

Dass die Stadt den ungebetenen Gästen überhaupt die Barbara-Künkelin-Halle für die Veranstaltung überlässt, hatte im Vorfeld des „Bürgerdialogs“ für kritische Nachfragen aus der Bürgerschaft gesorgt. Tatsächlich hatte Schorndorfs Rathausspitze auch juristisch prüfen lassen, ob die Stadt der AfD die Anmietung auch versagen kann. Die Antwort des beauftragten Rechtsanwalts fiel allerdings eindeutig aus: Weil politischen Parteien beim Zugang zu öffentlichen Einrichtungen ein Anspruch auf Chancengleichheit zusteht, kann die Stadt bei dem Mietwunsch nur mit den Zähnen knirschen. „Da die Barbara-Künkelin-Halle politischen Parteien auch in der Vergangenheit schon für Veranstaltungen überlassen worden ist, steht sie auch Parteien aus dem links- oder auch rechtsextremen Spektrum zu, solange sie vom Bundesverfassungsgericht nicht als verfassungswidrig erklärt worden sind“, erläuterte Stadtsprecher Dominique Wehrle.