Das die Zahl der Delikte steigt, liegt auch an sogenannten Handystraftaten, die vor allem von Jugendlichen und Kindern begangen werden. Foto: dpa/Silas Stein

Eine Erkenntnis der Polizei aus dem vergangenen Jahr: immer mehr Kinder tauchen in der Kriminalstatistik auf. Warum ist das so? Und welche Auffälligkeiten gibt es noch?

Wie sicher lebt es sich in Ludwigsburg? Wie haben sich die Straftaten entwickelt? Und wie sieht es mit Unfallschwerpunkten aus? Die Polizei hat die Zahlen für das vergangene Jahr vorgestellt.

Wie hat sich die Zahl der Straftaten insgesamt entwickelt? Im Stadtgebiet von Ludwigsburg wurden im vergangenen Jahr insgesamt 5902 Straftaten begangen. Damit stieg die Zahl wieder in etwa auf das Vor-Corona-Niveau (2019: 5850), ist aber im Zehn-Jahres-Vergleich weit entfernt vom Höchststand. Den weist die Statistik für das Jahr 2014 mit 7243 aus. Für den Ludwigsburger Revierleiter Guido Passaro ist die Entwicklung keine Überraschung, die vergangenen beiden Jahre seien „Ausnahmejahre“ gewesen, in denen es über Wochen weniger Gelegenheiten für Straftaten gegeben habe. „Wenn die Läden zu sind, gibt es keinen Ladendiebstahl, in geschlossenen Kneipen gibt es keine Schlägereien.“ Einzige Ausnahme seien während Corona Betrugsdelikte gewesen, die auch in diesem Zeitraum nicht abgenommen hätten.

Warum tauchen immer mehr Kinder in der Statistik auf? Die Kriminalität unter Kindern und jungen Erwachsenen nimmt weiter zu. Die Zahl der Tatverdächtigen, die in die Kategorie „Heranwachsende“ (von 18 bis 21 Jahren) fallen, stieg um rund 23 Prozent auf 275 Fälle. Bei Kindern (bis 14 Jahre) ist der Anstieg mit 65 Prozent (134 Fälle) noch gravierender. Zurückzuführen sei das bei der jüngsten Gruppe vor allem auf Straftaten, die mit dem Handy begangen werden, vermutet Passaro. Teilweise würden die Geräte gleich klassenweise einkassiert, oft gehe es um pornografische Inhalte oder das Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Ein Bild weiterzuleiten reiche schon, um eine Straftat zu begehen. „Kinder machen sich da nicht viele Gedanken“, so Passaro. Er fordert auch mehr Pflichtbewusstsein aufseiten der Eltern. „Kinder bekommen oft viel zu früh ein Handy in die Hand gedrückt.“ Die Smartphones seien in den meisten Fällen nicht kindergerecht programmiert. „Die können einfach auf alles zugreifen, was es im Netz gibt.“

Gibt es sonst Auffälligkeiten? Auch wenn die überwiegende Mehrheit der Straftaten nach wie vor von Männern begangen wird, Frauen holen auf. Für nicht ganz ein Viertel sind sie inzwischen verantwortlich. Eine weitere Erkenntnis: Menschen ohne deutschen Pass machen fast die Hälfte aller Tatverdächtigen aus: 43 Prozent. Das sei aber schon seit Jahren so, sagt Passaro. „Die Gruppe ist in der Statistik insgesamt überrepräsentiert.“ Heißt: Ihr Anteil an den Tatverdächtigen ist höher als ihr Anteil an der Gesamtbevölkerung. Dabei spielen laut dem Ludwigsburger Polizeichef auch Flüchtlinge aus der Ukraine eine Rolle. „Man muss deutlich sagen: Es sind nicht nur Engel von dort zu uns gekommen.“ Auf das Konto von Asylbewerbern und Flüchtlingen geht rund jede zehnte Straftat. Dabei ist zu beachten, dass es Straftaten gibt, die nur diese Gruppe begehen kann, deutsche Staatsbürger aber nicht: etwa wenn es um das Aufenthaltsrecht geht.

Wie sieht es mit schweren Straftaten und Messerangriffen aus? Mord und Totschlag, die in die Kategorie „Straftaten gegen das Leben“ fallen, gab es in Ludwigsburg im vergangenen Jahr dreimal – ein Fall weniger als 2021. Die Zahlen bei Raub und räuberischem Diebstahl haben hingegen leicht zugenommen – von 34 auf 42 Fälle. Nichts, was Guido Passaro die Sorgenfalten ins Gesicht treibt. Genauso wenig Delikte, bei denen ein Messer im Spiel war. Die Debatte in der Landeshauptstadt Stuttgart und die messerfreie Zone dort könnten zwar den Eindruck erwecken, dass Stichwaffen allgemein ein Problem seien. Für die Barockstadt sieht Passaro das aber nicht – dementsprechend auch keine Notwendigkeit, Messer irgendwo zu verbieten. Angriffe mit solchen Waffen werden seit drei Jahren separat erfasst, ihre Zahl ist seitdem annähernd konstant geblieben. Im vergangenen Jahr verzeichnete die Polizei zehn solcher Fälle. Dabei müssen die Tatverdächtigen nicht unbedingt zugestochen haben. Als „Messerangriff“ wird schon das bloße Zücken oder Drohen mit einer Klinge gewertet.

Gibt es Brennpunkte in Ludwigsburg? Der Akademiehof war lange im Fokus, weil es dort immer wieder knallte. Mit dem Konzept, das Stadt, Polizei und andere Akteure auf die Beine gestellt haben, ist aber vorerst Ruhe eingekehrt. „Wir haben viel Arbeit reingesteckt“, sagt Heinz Mayer, der Fachbereichsleiter Sicherheit und Ordnung. „Aber das ist auch nur eine Momentaufnahme. Wie es sich entwickelt, wird man sehen.“

Rund um den Bahnhof, das zweite Sorgenkind, wenn man so will, gibt es nur eine gefühlte Unsicherheit. Wobei die laut einer Umfrage nachts noch mal deutlich sinkt. Dass die Ecke gefährlicher ist als andere, lässt sich statistisch aber nicht belegen. „Bahnhöfe sind in jeder Stadt eine kritische Zone“, sagt Passaro. Kurzfristig wird sich dort in Ludwigsburg nichts ändern, denn der Umbau des Busbahnhofs steht an, mit dem sich die Situation ohnehin verbessern soll.

Wie sieht die Unfallstatistik aus? Unfälle und Straftaten sind quasi parallel angestiegen. 1280 mal krachte es im vergangenen Jahr in der Barockstadt – unterschiedlich heftig natürlich. Die Hauptursachen sind Fehler beim Abbiegen, Wenden oder Rückwärtsfahren (136) sowie Vorfahrtsverstöße (179). Oft gingen die Unfälle glimpflich aus, allerdings wurden auch 44 Menschen schwer verletzt, zwei kamen ums Leben. Typische Unfallschwerpunkte gebe es nicht, so Passaro. Dass es entlang der B 27 sowie der Schwieberdinger- und Friedrichstraße, wo die meisten Autos fahren, öfter kracht, sei wenig verwunderlich.

Immer häufiger sind Radfahrer in Unfälle verwickelt. Die Zahl stieg von 99 auf 155. Meist sind die Radler dabei auch schuld am Unfall (99 Fälle). Passaro, nach eigenen Angaben selbst Radler, sagt: „Vermutlich liegt das daran, dass Radfahrer sich nicht immer so verhalten, wie sie sollten.“ Bürgermeister Sebastian Mannl pocht auf mehr gegenseitige Rücksichtnahme. Es gebe aber auch Nachholbedarf bei der Kennzeichnung der Verkehrswege.