Fühlen, sehen, kippen – so erkennt man Blüten. Foto: dpa-tmn/Franziska Gabbert

Von wegen alles bargeldlos – die Zahl der sichergestellten Falschgeldscheine hat im vergangenen Jahr wieder zugenommen. Was sind das eigentlich für Blüten?

An der Supermarktkasse in Plieningen fällt der junge Mann nicht auf. Brav legt er die Waren aufs Kassenband und zahlt mit einem Fünfziger. Dann verschwindet er mit dem üppigen Restgeld. Die Masche funktioniert in verschiedenen Märkten auf den Fildern scheinbar reibungslos. In genau 17 Fällen. Denn dass die 50-Euro-Scheine aus einem Tintenstrahldrucker stammen, fällt erst später beim Kassensturz auf.

Von wegen alles bargeldlos – es gibt wieder mehr Falschgeld. Die Bundesbank hat eine Zunahme um 5,2 Prozent registriert. Im vergangenen Jahr wurden bundesweit 44 100 falsche Euro-Banknoten sichergestellt – mit einem Nennwert von 2,7 Millionen Euro. Im Südwesten sieht es nicht anders aus: „Ja, der Trend in Baden-Württemberg entspricht dem im Bundesgebiet“, sagt Jörg Lauenroth, Sprecher des Landeskriminalamts (LKA).

Bündelweise Blüten

Das liegt auch an dem Plieninger Fall. Denn die Ermittler der Kripo stoßen am Ende auf mehr als nur 17 Blüten. Die Spur führt zu einem bereits polizeibekannten 19-Jährigen aus dem Stadtbezirk. Bei der Wohnungsdurchsuchung finden die Beamten fast 200 gefälschte 50-Euro-Noten und dazu mehr als zwei Dutzend 200-Euro-Scheine. Der 19-Jährige wird verhaftet.

Mehr als 70 Falschgeldnoten werden in einem weiteren Fall bei einer Personenkontrolle in der Altstadt entdeckt. Ein Beifang sozusagen: Als Streifenbeamte frühmorgens um 3.30 Uhr auf dem Leonhardsplatz eine Personengruppe überprüfen, leistet eine 36-jährige Frau heftigen Widerstand. Sie hat bündelweise 50-Euro-Noten dabei. Dabei handelt es sich um sogenanntes „Movie Money“ – also Geldscheine ohne Sicherheitsmerkmale und dem klein gedruckten Vermerk: „This is not legal. It is to be used for motion props.“ Die Scheine dürfen also angeblich nur als Kinorequisiten verwendet werden.

Bestellung aus China per Internet

„Diese sogenannten veränderten Banknotenabbildungen, kurz VBNA, umfassen aktuell ungefähr 50 Prozent aller sichergestellten Falschnoten“, stellt LKA-Sprecher Lauenroth fest. Diese Veränderung sei seit Jahresende 2019 feststellbar. Die kinoreifen Scheine stammen meist aus chinesischer Herstellung, werden zu niedrigen Preisen in großer Stückzahl angeboten. Ganz einfach übers Internet. „Das Darknet ist nicht mehr der Schwerpunkt beim Vertrieb“, sagt LKA-Sprecher Lauenroth.

Woher die 36-Jährige vom Leonhardsplatz ihre Blüten hat? „Das ist unklar geblieben, vermutlich aus China per Internetbestellung“, sagt der Stuttgarter Polizeisprecher Sven Burkhardt. Ähnlich offen bleibt die Quelle des 19-Jährigen aus Plieningen. „Er hat sich nicht geäußert“, sagt Burkhardt. Man habe nur feststellen können, dass das Papier mit einem Tintenstrahldrucker bedruckt und die Hologramme aufgeklebt worden seien. Auch das gibt es alles, samt Herstellungsanleitungen, im Internet. „Natürlich gibt es auch noch klassische Fälscherwerkstätten, etwa in Italien“, sagt LKA-Sprecher Lauenroth. Dass das Falschgeldaufkommen wieder steigt, liegt laut Bundesbank wohl am Ende der Corona-Einschränkungen und dem Wiederaufleben der Volksfeste und Weihnachtsmärkte, wo überwiegend mit Bargeld gezahlt werde. Mit 41 Prozent wird die 50-Euro-Note am häufigsten gefälscht, zu 28 Prozent ist es die 20-Euro-Note.

Wo das meiste Falschgeld im Land auftaucht

In Baden-Württemberg liegt der Schwerpunkt der Falschgeldverbreitung übrigens nicht unbedingt in Stuttgart. „Das waren die Großregionen Freiburg und Mannheim“, heißt es beim Landeskriminalamt. Die 36-Jährige vom Leonhardsplatz wird zu einer Haftstrafe von einem Jahr und acht Monaten verurteilt, wegen Geldfälschung und Widerstands gegen Vollzugsbeamte. Gegen den 19-Jährigen wird eine Jugendstrafe von zwei Jahren verhängt, die Haft wird zur Bewährung ausgesetzt. Das Gericht gewährt ihm somit noch einen letzten Kredit.