Die Menschen in der Ukraine leiden unter den Folgen des russischen Überfalls auf ihr Land. Der Kreml hat den Angriff auch im Internet mit einer Propagandaoffensive über Monate vorbereitet. Foto: AFP/DIMITAR DILKOFF

Der Krieg in der Ukraine ist auch eine Propagandaschlacht. In Brüssel deckt ein spezielles Team russische Fakenews im Internet auf.

Russland führt seinen Angriffskrieg in der Ukraine nicht nur auf dem realen Schlachtfeld. Auch im Internet tobt ein harter Kampf, bei dem es dem Kreml darum geht, die Menschen in seinem Sinne zu beeinflussen. Dabei setzt Moskau vor allem darauf, die Bevölkerung mit Falschinformationen zu füttern. Die Verbreitung von Fakenews hat Russland seit der völkerrechtswidrigen Annexion der Krim geradezu perfektioniert und scheint damit Erfolg zu haben.

Immer mehr Menschen glauben die Lügen

Die pro-russische Verschwörungserzählungen überzeugen laut einer repräsentativen Befragung immer mehr Menschen in Deutschland. Nach einer in Berlin veröffentlichten Analyse des Center für Monitoring, Analyse und Strategie (CeMAS) stimmen zum Beispiel vier von zehn Befragten der Aussage ganz oder teilweise zu, dass der russische Angriffskrieg eine alternativlose Reaktion Russlands auf die Provokation der Nato sei. Über zehn Prozent glauben der russischen Propaganda, dass die Ukraine gemeinsam mit den USA geheime Biolabore zu Herstellung von Biowaffen betrieben habe.

Auf die massive russische Propaganda im Zuge des Einmarschs auf der Krim reagierte der Westen einst ziemlich hilflos. Aus diesem Grund wurde 2015 bei der EU ein „Aktionsplan über strategische Kommunikation“ ausgearbeitet und ein Team aufgebaut, das solchen Aktionen in Zukunft begegnen sollte. Ein Teil davon ist die Kampagne „EU vs Disinformation”, mit ihr sollen aus Russland verbreitete Desinformationen aufgedeckt und aktiv widerlegt werden. Zur Arbeit des Teams gehört es, Mithilfe von Datenanalyse- und Medienüberwachungsdiensten in 15 Sprachen die im Internet kursierenden Lügen auszuspüren.

Russland hat den Überfall vorbereitet

Seit Kriegsbeginn herrscht in dem Zentrum Hochbetrieb. In den vergangenen zwölf Monaten wurden dort mehr als 1200 Falschinformationen in kreml-nahen Medien gezählt. Schon in den Monaten vor Beginn des Kriegs sei der Boden für den Überfall bereitet worden, unterstreichen die Fachleute. So sei die Verwendung der Schlüsselwörter „Nazi“ und „Völkermord“ in den einschlägigen Medien in Bezug auf die Ukraine um fast 300 beziehungsweise mehr als 500 Prozent gestiegen. Russland behauptet etwa, die ukrainische Führung um den jüdischstämmigen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj sei von Nazis unterwandert, die in den ostukrainischen Separatistengebieten einen „Genozid“ an der russischen Minderheit verübten. Dafür gibt es keine Belege.

Eine Welle von Lügen verdeckt die Wahrheit

Die Desinformationskampagnen laufen vor allem in den Sozialen Medien. Das beginne nach Aussage der EU-Fachleute damit, dass Fakten und Fotos manipuliert würden. Solche Falschinformationen würden dann oft über „Info-Portale“ geteilt, die seriös erscheinen, in Wahrheit aber etwa vom russischen Geheimdienst betrieben würden. Zur Propaganda gehöre auch, dass eine Art Scheinöffentlichkeit hergestellt werde, indem ein Beitrag mehrere Hunderttausend Male geteilt wird. „Der Nutzer glaubt dann, dass diese Meinung eine weit verbreitete Ansicht sei“, beschreibt ein EU-Spezialist. Dabei gehe es oft nicht einfach nur darum, die russische Propaganda zu verbreiten. „Ziel ist es auch, so viele verschiedene Sichtweisen auf den Krieg oder ein Kriegsgeschehen zu liefern, dass die Leute am Ende verwirrt sind und niemandem mehr glauben.“