Foto: Marius Venturini/Marius Venturini

Von 2024 an ist die Stadt nicht mehr schuldenfrei.

Kornwestheim - Oberbürgermeisterin Ursula Keck wirkte zufrieden. „Das ist längst nicht selbstverständlich, dass alle Stadträte dem Haushalt zustimmen“, sagte sie am Donnerstag, als der Gemeinderat die Haushaltssatzung für die Jahre 2022 und 2023 verabschiedet hatte. Mitte Oktober hatte die Finanzenbürgermeisterin Martina Koch-Haßdenteufel den Entwurf des Haushaltsplans vorgelegt. Die Fraktionen brachten ihrerseits Wünsche und Vorstellungen ein, in drei Beratungsrunden wurden Ideen und Zahlen diskutiert.

Die wichtigsten Zahlen

Das Jahr 2022 wird die Stadt Kornwestheim, so sieht es der Plan vor, im Gesamtergebnis mit einem Plus von rund 500 000 Euro abschließen. Das Jahr 2023 sieht nicht mehr ganz so gut aus: Die Stadt erwartet ein Minus von rund 300 000 Euro. Allerdings: Die Zahlen schauen nur deshalb so positiv aus, weil die Stadt in den beiden Jahren Grundstücke im Wert von knapp zehn Millionen Euro verkaufen will. Würde sie das nicht tun, würde der Haushalt 2022 mit einem Minus von gut drei Millionen Euro abschließen, 2023 würden gut sechs Millionen Euro in der Kasse fehlen. Steuererhöhungen sind in den kommenden beiden Jahren nicht vorgesehen. Gleichwohl stammt das Gros der Erträge – jährlich rund 60 Millionen Euro – aus Steuern und Abgaben. Rund 25 Millionen erhält Kornwestheim aus Zuweisungen und Zuschüssen. Fürs Personal gibt man rund 30 Millionen Euro jährlich aus, von 2021 zu 2022 gibt’s eine Steigerung um 7,5 Prozent. Größter Posten bei den Ausgaben sind aber die Transferaufwendungen, also zum Beispiel die Zahlungen an den Kreis, an den Zweckverband Pattonville, an Tochtergesellschaften und Eigenbetriebe oder an Vereine und Kirchengemeinden. Rühmte sich Kornwestheim bisher, schuldenfrei zu sein, so wird die Stadt diesen erlesenen Kreis der Kommunen in absehbarer Zeit verlassen. Von 2024 an will man Kredite aufnehmen – insbesondere um den Schulcampus Ost zu finanzieren, aber auch andere Projekte wie der Neubau der Großen Pflugfelder Brücke schlagen zu Buche. 30 Millionen Euro benötigt die Stadt in den Jahren 2024 bis 2026.

Der Ablauf

Auch wenn die Stadträte einstimmig für den Haushalt votierten, zeigten sich einige doch unzufrieden über den Ablauf der Beratungen. „Wir sollten uns beim nächsten Doppelhaushalt mehr Zeit einräumen“, sagt Thomas Ulmer, Vorsitzender der Fraktion Grüne/Linke. Manche Fraktion, und dabei dachte Ulmer nicht zuletzt an seine, sei kreativ und wolle politisch mitgestalten. Mit mehr Zeit bestünde auch die Möglichkeit, sich mit anderen Fraktionen besser abzustimmen und zum Beispiel gemeinsame Anträge in die Beratungen einzubringen. Er könne damit leben, wenn der Haushalt erst zum Jahresbeginn verabschiedet werden würde, so Ulmer. Er bedauerte es, dass die Themen Klima und Mobilität ein wenig stiefmütterlich behandelt worden seien, freute sich aber über einen Schwerpunkt beim Thema Wohnen. Auch der CDU-Fraktionsvorsitzende Hans Bartholomä befürwortete es, sich für die Haushaltsberatungen mehr Zeit zu lassen. Er freute sich darüber, dass bei den Themen Schule und Digitalisierung die Stadträte an einem Strang ziehen würden. Sorge bereiteten ihm die Entwicklungen auf dem Kapitalmarkt und die Steigerung bei den Baukosten. „Das Sparbuch wird wegen der Inflationsrate und den Verwahrentgelten schrumpfen.“ Der SPD-Fraktionsvorsitzende Hans-Michael Gritz sieht die Schuld für den hohen Zeitdruck auch bei den Stadträten selbst. Was Ulmer Kreativität nenne, das könne man auch als Antragsflut bezeichnen. Die Stadt Kornwestheim, so Gritz, stehe finanziell gut da. „Aber wir haben auch viel vor uns.“

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Die CO2-Bilanz

Ein Punkt, der die Grünen ärgert – auch mit Blick auf das anberaumte Zeitfenster: Ihr Antrag zur „Erstellung eines Systems zur Darstellung der CO2-Bilanz“ wurde während der Beratungen im Ausschuss für Umwelt und Technik abgelehnt. Die Idee: In die Entscheidungen des Gemeinderates und seiner Ausschüsse solle entsprechend einbezogen werden – die Verwaltung müsste das einarbeiten und darstellen – welchen CO2-Verbrauch sie nach sich ziehen würden. In Ludwigsburg findet eine CO2-Bilanzierung bereits statt, auch gebe es entsprechende Programme und Leitfäden, zu denen auch der Städtetag zurate, so die Grünen-Stadträtin Edda Bühler. Die Kritik aus der Verwaltungsspitze, man wolle die Verwaltung „lahmlegen“ könne sie daher nicht nachvollziehen. „Wir wären gerne zumindest stärker in eine Diskussion eingetreten“, sagt Fraktionschef Thomas Ulmer, damit hätte man entsprechende Überzeugungsarbeit leisten können. Die Grünen kündigen an, zu schauen, wie sich das Thema so genannter „Klimarelevanzprüfungen“ auch mit Blick auf künftige Vorgaben und Vorhaben in Ländern und Bund entwickele, und dann gegebenenfalls noch einmal einen Vorstoß auf kommunaler Kornwestheimer Ebene zu starten.

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Die McArena

Fast zum Ende der Beratungen hin, am Mittwoch im Verwaltungs- und Finanzausschuss, warb der FDP-Stadtrat Marcel Demirok dafür, noch einmal darüber zu sprechen, ob eine so genannte „McArena“ auf dem ESG-Gelände möglich sei. Demirok zeigte sich mit der Ablehnung des entsprechenden FDP-Antrags nicht eben glücklich, sei ihm doch nur daran gelegen zu erfahren, ob eine solche Freiluft-Halle für Sportler überhaupt möglich sei. „Die anderen Fraktionen schreiben sich doch auch ein Herz für Sportler zu“, sagte er. Dass die Kornwestheimer Stadträte und Stadträtinnen generell ein „Herz für den Sport“ hätten, sagte sodann Erster Bürgermeister Daniel Güthler. Bauen ließe sich größentechnisch eine McArena wohl, wenn auch nicht unbedingt Din-konform, aber: Man habe festgestellt, dass eine McArena vor allem für Fußballer attraktiv wäre, die wiederum über andere Freiluft-Angebote verfügen, so Güthler. Demirok ergänzte sodann, dass es ja auch darum gehe, dass vielleicht ein Sportverein derlei betreiben und hierzu mit der Stadt ins Gespräch kommen wolle. Die Debatte endete mit Oberbürgermeisterin Ursula Kecks Anmerkung, so es denn aus dem Sportumfeld Vorschläge und Gesprächsbedarf gebe, könne man auf das Rathaus hierzu zugehen. „Wir haben ja kurze Drähte in der Stadt.“

Das Pflegeheim

Den Antrag der Freien Wähler, ein städtisches Pflegeheim zu errichten, wollte die Stadt schlicht ablehnen. Doch Markus Kämmle ist überzeugt von seiner Idee. „Wir sind auch gerne bereit, von den 100 000 Euro abzurücken“, sagte er im Ausschuss für Umwelt und Technik. Das Geld sollte in eine Machbarkeitsstudie fließen. Doch selbst die geht Oberbürgermeisterin Ursula Keck zu weit. „Ich glaube, es macht keinen Sinn, dass die Stadt ein neues Feld belegt“, sagte sie. Die Zustimmung der anderen Fraktionen hielt sich ebenfalls in Grenzen. „Wir müssen im Bereich Senioren auf jeden Fall etwas tun“, sagte zum Beispiel Hans-Michael Gritz (SPD). Ob es gleich ein städtisches Pflegeheim sein muss, sei dahingestellt. Für Gritz wäre es zumindest einen Versuch wert zu schauen, ob das in anderen Städten funktioniert und wie sie das finanziell machen. Edda Bühler (Grüne) stellte zunächst die Grundsatzfrage, ob überhaupt der Bedarf nach einem weiteren Pflegeheim in der Stadt da ist. Es gebe ja schon andere Träger, die vielleicht den ganzen Bedarf decken können. Eine generelle Ablehnung des Antrags konnte Markus Kämmle verhindern. Seine gewünschte Machbarkeitsstudie bekommt er aber erst einmal nicht. Mit der Verwaltung verständigte er sich darauf, Heike Dierbach vom Landratsamt Ludwigsburg als Expertin in den Gemeinderat einzuladen. Sie arbeitet im Fachbereich Soziales, Pflege und Versorgungsangelegenheiten und soll einschätzen, wie sinnvoll eine solche Einrichtung in Kornwestheim wäre.

Jugendzentrum und Kantstraße

Zur viel diskutierten Frage nach der Zukunft von Kant zehn, Jugendzentrum und Wette-Center sagte Oberbürgermeisterin Ursula Keck: „Wir müssen erst mal die Begriffe klären.“ Was zum Beispiel beinhalte ein Begegnungscafé oder Bürgerhaus, wie es die CDU für die ehemalige Stadtbücherei in der Kantstraße vorgeschlagen hatte? Stadtrat Daniel Joppien (Grüne) betonte, er rate eher vom Umzug des Jugendzentrums ab, aus eigener Erfahrung wisse er, so sagte der Jugend- und Heimerzieher, dass das „Juz in der Stadtmitte nicht das Allheilmittel ist“. Wichtiger sei das pädagogische Konzept. Das jetzige Juz sei ein „Luxusgebäude“, gut ausgestattet, für ein Exponate-Lager zu schade. Ein ergänzendes Jugendcafé in der Stadtmitte könne er sich indes vorstellen. Sicher ist: Die Debatte um die Zukunft der drei Gebäude wird weiter gehen.

Der letzte Antrag

Kurz vor der Abstimmung über die Haushaltssatzung kam der CDU-Stadtrat Martin Ergenzinger noch mit einem Antrag um die Ecke. Sein Begehr: den Umwelt- und Klimaschutz personell nicht zu stärken, wie es im Stellenplan vorgesehen war. Das laufe ohnehin nur auf eine Kontrolle der Bauern hinaus, schimpfte Ergenzinger, der selbst Landwirt ist. Er habe Sorge, dass bei hohen Restriktionen junge Leute nicht mehr den Beruf des Landwirts ergreifen wollten. Sein Antrag fand im Gemeinderat aber keine Mehrheit.