Seniorenbetreuung in einem Pflegeheim: Welche Wohnmodelle Kornwestheim künftig für ältere Mitbürger braucht, diskutiert derzeit die Kommunalpolitik. Foto: Tom Weller/dpa

Die Freien Wähler wollen prüfen lassen, ob sich eine solche Einrichtung für Kornwestheim rechnet. Die anderen Fraktionen zeigen sich gesprächsbereit.

Kornwestheim - Die Fraktionen quer durch den Kornwestheimer Gemeinderat rücken in diesem Jahr im Rahmen der Haushaltsberatungen das Thema Senioren in den Fokus. Der vielleicht weitreichendste Vorschlag – formuliert als Antrag – kommt wohl von den Freien Wählern. Die Wählergruppierung möchte prüfen lassen, ob ein kommunales Pflegeheim in der Stadt Sinn ergibt – etwa als städtischer Eigenbetrieb oder städtische Tochterfirma. „Wir wollen“, so der Fraktionsvorsitzende Markus Kämmle, „eine Machbarkeitsstudie in Auftrag geben, ob, wo und wie ein Pflegeheim unter kommunaler Trägerschaft in Kornwestheim möglich ist“. 100 000 Euro wollen die Freien Wähler für diese Studie im Haushalt bereitstellen, beinhalten soll sie auch Marktanalyse, Wirtschaftlichkeits- und Rentabilitätsplanung.

Kämmle betont hierzu einige Dinge: Städtische Pflegeheime, so hat er erfahren, seien keine Zuschussbetriebe. „Sie tragen sich selbst.“ Erfahren habe er das auch in Gesprächen mit den Leitungen vergleichbarer Einrichtungen. Die kommunalen Heime müssten indes keine Eigenkapitalrendite erwirtschaften, wie es für solche in privater Trägerschaft gelte. Sprich: Es geht am Ende nicht um Kapital und Gewinn, sondern darum, die Menschen gut zu versorgen – natürlich möglichst ohne dass die Steuerzahler drauflegen. „Das sorgt für Transparenz und auch Wettbewerb“, ist sich Kämmle sicher. „Und schafft ein gutes Angebot für unsere Senioren und Seniorinnen.“

Ist das Aufgabe einer Stadt?

Natürlich steht bei solchen Vorhaben die Frage im Raum: Ist ein kommunales Pflegeheim Aufgabe einer Stadt, gibt es im Rathaus entsprechende Kompetenzen und Ressourcen? Kämmle weist darauf hin, dass andere Städte – zum Beispiel Esslingen – ebenfalls entsprechende Modelle hätten, und dass man Kompetenzen ja auch erwerben könne. „Wenn wir von Kinderbetreuung reden, haben wir ja auch vielfältige Möglichkeiten von Tagesmüttern über kirchliche, private und eben städtische Einrichtungen“, so Kämmle. „Vielfalt“, sagt er, „ist ein Vorteil.“

Das Thema Senioren haben natürlich auch die anderen Fraktionen auf dem Zettel. Gesprächsbereitschaft zur Idee der Freien Wähler signalisiert etwa die SPD. „Es ist wohl klar, dass Kornwestheim in Bezug auf die ältere Bevölkerung noch mehr tun muss“, sagt etwa Hans-Michael Gritz, Fraktionschef der Sozialdemokraten. Alle Vorschläge seien es wert, dass darüber nachgedacht werde, dazu zähle er das kommunale Seniorenheim, „und auch unser Anliegen, aufsuchende Seniorenarbeit in die Kornwestheimer Angebotspalette aufzunehmen“. Allerdings scheint ein kommunales Seniorenheim eher „schwerer realisierbar“, merkt Gritz an. Die Planungskosten für die Machbarkeitsstudie erscheinen seiner Fraktion zudem zu hoch.

Sind Senioren-Wohngemeinschaften sinnvoller?

Auch die CDU ist offen für Gespräche und hat ohnehin die Kornwestheimer Senioren und ihre Bedürfnisse fest im Blick. So wollen die Christdemokraten Geld bereitstellen für den Ortsseniorenrat. Allerdings sagt Fraktionschef Hans Bartholomä auch: „Die hohen formalen Anforderungen an ein Pflegeheim sind kommunal kaum zu bewältigen“. Es müsste erheblich Fachpersonal rekrutiert werden, man stünde in Konkurrenz zu privaten und gemeinnützen Einrichtungen. Er weist darauf hin, dass auch Awo-Seniorenzentrum und Jakob-Sigle-Heim in Kornwestheim gemeinnützig seien. Generell findet die CDU neue Wohnangebote für Senioren sinnvoll, sie denkt allerdings kleinteiliger, in Richtung von Pflege-WGs: Senioren-Wohngebäude mit kleinen Mieteinheiten, Gemeinschaftsräumen und zubuchbaren Angeboten vom Mittagessen bis zur Pflege. Hierfür solle über Standorte gesprochen werden, einen Arbeitsauftrag dafür hat die CDU an die Stadtverwaltung formuliert.

Die Grünen haben in der Vergangenheit selbst mit der Idee eines kommunalen Seniorenheims geliebäugelt. Allerdings hat die Fraktion zwischenzeitlich weitere Informationen eingeholt. „Kommunale Pflegeplätze sind teuer, man müsste von Grund auf anfangen“, so Fraktionschef Thomas Ulmer. Eine Machbarkeitsstudie könne er sich vorstellen. „Ich vermute, sie würde günstiger, als von den Freien Wählern veranschlagt.“

FDP schlägt die Poststraße als Standort vor

Und die FDP? Grundsätzlich sei die Idee eines kommunalen Seniorenheims charmant, heißt es. Der einzig sinnvolle Standort wäre in der Poststraße, denken die Liberalen weiter. Eine Machbarkeitsstudie sehen sie als nicht unbedingt notwendig an, das Konzept sei wirtschaftlich tragbar. Indes: Die Organisation beinhalte fachkräfteintensive Strukturen. „Die Verwaltung sollte erst ein Statement abgeben, ob Koordination und Abwicklung eines solchen Mega-Apparates für sie möglich ist“.

Der Antrag der Freien Wähler wird nun neben anderen beraten werden. Kämmle ergänzt indes mit Blick auf Kosten-Vorbehalte, die 100 000 Euro Planungskosten seien nur „eine grobe Schätzung.“ Das könne auch günstiger werden. „Wichtig ist uns, dass wir ein Angebot einholen, überhaupt Fakten eruieren und ins Gespräch kommen.“