Seenotrettung im Mittelmeer: Die CDU, FDP und Freien Wähler haben sich nun gegen eine Mitgliedschaft der Stadt in der „Initiative Seebrücke“ ausgesprochen. Foto: dpa/Gioia Forster

CDU, FDP und Freie Wähler erteilen dem Antrag vin Grünen und SPD eine Absage.

Kornwestheim - Die Kornwestheimer CDU hatte sich intensiv auf den Tagesordnungspunkt vorbereitet. Dr. Jörg Schaible verlas für die Christdemokraten eine dreiseitige Stellungnahme. Es ging im Verwaltungs- und Finanzausschuss einmal mehr um die kontroverse Frage, ob die Stadt Kornwestheim der „Initiative Seebrücke – schafft sichere Häfen“ beitreten soll oder nicht. Vorab: Sie soll es nicht, so beschlossen es die Stadträte am Ende, auf sechs Pro- kamen sieben Gegenstimmen. Ihre eigenen Gegenstimmen vorab ausführlich zu begründen, das war den Christdemokraten wichtig.

Dass die Fraktion selbstverständlich bereit sei, die Vorgehensweise der Stadt für eine menschenwürdige Betreuung und Förderung von Flüchtlingen zu unterstützen, hob Schaible hervor. „Weiterhin steht die Notlage der auf griechischen Inseln festsitzenden Flüchtlinge außer Zweifel, sie verstört uns alle zutiefst und macht uns betroffen“, ergänzte er. Eine Resolution des Gemeinderates, Fluchtursachen mit allen Mitteln zu bekämpfen, könnte die CDU mittragen. Indes: Die vom Netzwerk sicherer Hafen gestellten Forderungen gingen weit darüber hinaus, sagte Schaible. „Sie enthalten Positionen, die mit der gegenwärtigen Bundes- und Europapolitik nicht zu vereinbaren sind, und die deshalb auch in einem kommunalen Gremium nicht beschlossen werden sollten und unserer Auffassung nach auch nicht können.“

Die Initiative Seebrücke gibt es seit 2018, sie setzt sich für mehrere Kernpunkte ein: Wollen Kommunen Mitglied und damit zu „sicheren Häfen“ werden, erklären sie sich beispielsweise bereit, sich mit Menschen auf der Flucht zu solidarisieren, sich gegen die Kriminalisierung von Seenotrettung zu positionieren, bei Bedarf Geflüchtete über den Königsteiner Verteilschlüssel hinweg aufzunehmen, generell Forderungen an die übergeordnete Politik zu unterstützen, Ressourcen und Aufnahmeplätze bereit zu stellen und die europäische Migrationspolitik zu gestalten. Mehrere Kommunen im Umland sind bereits beigetreten, in Kornwestheim stammt der Antrag von der Fraktion Grüne/Linke und der SPD. „Es geht darum, einen Prozess in Gang zu bringen“, betonte die grüne Stadträtin Canan Balaban, die daran erinnerte, dass der Arbeitskreis Asyl in Kornwestheim den Antrag unterstütze und auf die Not der Menschen hinwies, die auf Lesbos und in Bosnien festsitzen.

Die CDU wich dennoch nicht von ihrem „Nein“ ab, dem sich die anwesenden FDP- und Freie-Wähler-Stadträte anschlossen. Ihre Kernargumentation: Eine europäische Lösung sei nötig, es solle keine kommunalen Alleingänge geben, zudem gebe es bei der Aufnahme keine Engpässe. Schaible zitierte gar den grünen Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer – die Lösung liege in der „Beseitigung von Fluchtursachen in den Heimatländern“. Die Forderung der Initiative, man möge das Aufenthaltsgesetz so ändern, dass Kommunen ohne Zustimmung des Bundes eigenständig über die Aufnahme Geflüchteter entscheiden können, sei im Bundestag abgelehnt worden, so Schaible. „Nun sollen wir den Bund auffordern, die rechtlichen Bestimmungen zu ändern? Das halten wir für falsch“, sagte er. Kommunen hätten keine Außenpolitik zu machen. Markus Kämmle (Freie Wähler) betonte ebenfalls, es gehe hier um eine „Bundesaufgabe“.

Kurz kochten die Wogen hoch, als Balaban sich erneut zu Wort meldete und der SPD-Stadtrat Florian Wanitschek ihr beisprang. Die Grüne machte klar, sie wisse, dass die Angelegenheit keine kommunale Kernaufgabe sei. Aber man müsse ein Zeichen setzen und solidarisch sein, betonte sie. „Nur weil Europapolitik scheitert, müssen wir nicht die Augen verschließen.“ sagte sie und erinnerte daran, dass das „C“ in CDU für christlich stehe.

Wanitschek widersprach der Auffassung, die Förderung von Seenotrettung spiele automatisch Schleusern in die Hände. Marcel Demirok (FDP) mischte sich ein, er kritisierte, die Grünen und SPD hätten Nachfragen anderer Fraktionen im Vorfeld nur unzureichend beantwortet, wehrte sich gegen die seiner Meinung nach polemische Argumentation und betonte: „Wir als Stadt können uns nicht vorwerfen lassen, zuwenig für geflüchtete Menschen zu tun.“

Das letzte Wort gesprochen ist indes noch nicht: Kommende Woche müssen noch einmal alle Stadträte gemeinsam entscheiden – dann landet das Thema „Sicherer Hafen“ im Gemeinderat.