DGB-Vorsitzende Yasmin Fahimi, Kanzler Olaf Scholz (SPD) und Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger nach den Beratungen im Kanzleramt Foto: dpa/Wolfgang Kumm

Hohe Strom- und Gaspreise setzen Unternehmen und Haushalte unter Druck. Beim zweiten Treffen der Konzertierten Aktion wird eine Expertenkommission beauftragt, Vorschläge zu den Wärme- und Gaskosten vorzulegen.

Arbeitgeber und Gewerkschaften haben positiv auf das Angebot der Bundesregierung reagiert, angesichts der Energiekrise Sonderzahlungen an die Beschäftigten von bis zu 3000 Euro steuer- und abgabenfrei zu stellen. „Auch dadurch kommt mehr Geld in den Geldbeuteln der Beschäftigten an“, sagte Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger am Donnerstag nach einem Treffen der konzertierten Aktion im Bundeskanzleramt.

Das Instrument müsse aber freiwillig und flexibel ausgestaltet werden. „Viele Betriebe stehen gerade am wirtschaftlichen Abgrund. Manche Betriebe werden das nicht am ersten Tag leisten können und auch nicht in voller Höhe.“ DGB-Chefin Yasmin Fahimi sagte mit Blick auf das Angebot der Regierung und laufende Tarifrunden: „Dazu werden wir mit den Arbeitgebern ins Gespräch kommen und praxisgerechte Lösungen finden.“ Das gelte auch für Branchen, in denen gerade keine Tarifverhandlungen anstehen.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte den Sozialpartnern das Angebot zuvor offiziell unterbreitet. Es geht auf Beschlüsse des Koalitionsausschusses von SPD, Grünen und FDP vom vorvergangenen Wochenende zurück. Scholz betonte zugleich, dass der Bund nicht in die Tarifautonomie der Arbeitgeber und Gewerkschaften eingreifen wolle: „Natürlich werden Tarifverhandlungen nicht im Kanzleramt geführt.“

Expertenkommission zum Wärmemarkt

Zudem setzt der Bund eine Expertenkommission ein, „um sich mit der Frage der Wärmekosten und mit den Gaspreisen auseinanderzusetzen“, wie Scholz sagte. Das Gremium solle „sehr schnell, schon im Oktober“ Ergebnisse erzielen. Es besteht nach Angaben der Bundesregierung aus rund 20 Mitgliedern. Sie kommen aus der Energiebranche, unter anderem von Eon und RWE, von Wirtschaftsverbänden wie dem BDI und dem BDEW sowie von Gewerkschaften und aus der Wissenschaft. Den Vorsitz haben neben der Wirtschaftsweisen Veronika Grimm der BDI-Präsident Siegfried Russwurm und Michael Vassiliadis, der Vorsitzende der Chemiegewerkschaft (IG BCE). Es gehe dabei um den gesamten Wärmemarkt, „aber insbesondere um die Gaspreise“, die dringend gedeckelt werden müssten, sagte Fahimi.

Das Treffen in der Berliner Regierungszentrale war das zweite im Rahmen der konzertierten Aktion. Scholz will in diesem Gesprächsformat mit Vertretern aus Regierung, Wirtschaft, Gewerkschaften, Wissenschaft sowie der Bundesbank Wege finden, um angesichts der starken Teuerung reale Einkommensverluste und eine Lohn-Preisspirale zu verhindern. Eine derartige Spirale kann entstehen, wenn Gewerkschaften auf einen starken Anstieg der Verbraucherpreise mit hohen Lohnforderungen reagieren, diese durchsetzen und sich die Unternehmen anschließend gezwungen sehen, die Preise für ihre Produkte noch weiter zu erhöhen.

Historisches Vorbild

Ein erstes Treffen der Runde hatte es im Juli gegeben, der Kanzler sprach ehedem von einem „gesellschaftlichen Tisch der Vernunft“. Mit Blick auf die Auswirkungen des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine betont Scholz auch immer wieder, dass sich Deutschland „unterhaken“ müsse. Den Sozialpartnern ist wichtig, dass sie durch die konzertierte Aktion nicht in ihrer Tarifautonomie eingeschränkt werden.

Für das Gesprächsformat gibt es ein historisches Vorbild: In der zweite Hälfte der 1960er Jahre erlebte die junge Bundesrepublik ihre erste Wirtschaftskrise. Der damalige SPD-Wirtschaftsminister Karl Schiller brachte relevante Akteure der Volkswirtschaft zusammen, um Strategien für mehr Wachstum, Beschäftigung und Preisstabilität zu entwickeln.