Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier traf sich in Berlin mit rund 80 ehrenamtlichen Bürgermeistern und Bürgermeisterinnen. Foto: Britta Pedersen/dpa

Mehr als 6000 ehrenamtliche Bürgermeisterinnen und Bürgermeister gibt es in Deutschland. Bundespräsident Steinmeier würdigt sie als «Kraftquellen der Kommunen». Und er hat ein paar Forderungen.

Berlin - Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier verlangt einen besseren Schutz von Amts- und Mandatsträgern in den Kommunen gegen Anfeindungen und tätliche Übergriffe. "Demokratie beginnt vor Ort. Aber Demokratie wird auch vor Ort bedroht. Und wir müssen sie deshalb auch vor Ort verteidigen", sagte Steinmeier bei einem Gedankenaustausch mit ehrenamtlichen Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern.

Demokraten dürften es nicht einfach achselzuckend hinnehmen, wenn Bürgermeister oder Gemeinderäte bestimmte Reizthemen nicht mehr ansprächen, ihre Social-Media-Accounts löschten oder sogar ihr Amt niederlegten, um sich und ihre Familie zu schützen.

Umfrage: Finanzielle Lage sehr herausfordernd

In einer zeitgleich von der Körber-Stiftung vorgelegten Forsa-Umfrage unter 1549 der rund 6000 ehrenamtlichen Bürgermeister in Deutschland gaben 40 Prozent an, dass sie oder Menschen aus ihrem Umfeld schon einmal wegen ihrer Bürgermeistertätigkeit beleidigt, bedroht oder angegriffen wurden. 28 Prozent haben daher schon den Rückzug von ihrem Amt erwogen. Als eine der größten Herausforderungen sehen sie der Umfrage zufolge die finanzielle Lage ihrer Kommunen an. 63 Prozent bewerteten diese als weniger gut oder schlecht, 86 Prozent sorgten sich um fehlende Haushaltsmittel.

Steinmeier appellierte an Bund und Länder, den Kommunen nicht sämtliche Gestaltungsspielräume zu nehmen. Sie dürften die Kommunen nicht zum "bloßen Vollzugsapparat" werden lassen. "Und sie sollten die Kommunen auch finanziell nicht überfordern." Neue Aufgaben dürften nur zusammen mit den nötigen Finanzmitteln übertragen werden. "Es muss in Städten und Gemeinden möglich bleiben, die Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft in eigener Verantwortung zu regeln."

Problemfeld Vereinbarkeit von Familie und Beruf

Steinmeier rief dazu auf, das Ehrenamt besser vereinbar mit Familie und Beruf zu machen. Ein hoher Zeitaufwand und Termine am Abend und am Wochenende seien ein Problem für jüngere Männer und vor allem Frauen, die mitten im Berufsleben stünden und Kinder hätten.

Steinmeiers Frau Elke Büdenbender rechnete vor, dass in Deutschland nur 11,7 Prozent der Oberbürgermeister in Großstädten und nur 19 Prozent aller ehrenamtlichen Bürgermeister Frauen seien. "Das ist zu wenig, Frauen sind ganz klar unterrepräsentiert." Ihre Sicht auf die Dinge vor Ort sei aber wichtig, um die Bedürfnisse aller Menschen richtig zu berücksichtigen.

In der Umfrage im Auftrag der Körber-Stiftung bewerteten 62 Prozent der Befragten die Vereinbarkeit ihres Ehrenamts mit Familie, Privatleben und Beruf als weniger oder überhaupt nicht gut. Nur 37 Prozent sahen sie als gut oder sehr gut an. Rund die Hälfte (51 Prozent) von ihnen gab an, in einer durchschnittlichen Woche mindestens 20 Arbeitsstunden in das Amt zu investieren. Ein Viertel (26 Prozent) bezifferten den Zeitaufwand sogar mit mehr als 30 Stunden in der Woche.

Die Umfrage ergab auch, dass sich viele Amtsinhaber um ihre Nachfolge sorgen. 71 Prozent der Befragten sah ein "Nachwuchsproblem" auf ihre Kommune zukommen. Nur 22 Prozent waren der Ansicht, dass es genügend geeignete Interessentinnen und Interessenten für die Aufgabe gebe. 33 Prozent der Befragten gaben an, dass sie nicht wieder kandidieren würden - die meisten nannten dafür Altersgründe.

Steinmeier sagte, er sehe mit Sorge, dass es den Parteien mancherorts schwerfalle, genügend Kandidaten für die Kommunalwahlen zu finden, und dass manchmal niemand mehr bereit sei, für das Bürgermeisteramt zu kandidieren. Er rief die Kommunen auf, sich für junge Engagierte zu öffnen. Oft gebe es junge Frauen und Männer, die sich einbringen wollten - mit neuen Ideen, einem neuen Stil und neuen Leuten. Manche machten aber die Erfahrung, dass sie besonders kritisch beäugt würden und nicht recht zum Zug kämen, weil sie dem überkommenen Bild eines Bürgermeisters nicht entsprächen.