Zankapfel Wohnungsbau – die Kooperation zwischen Wirtschaft und Politik scheint ausbaufähig. Foto: dpa

Die Städte der Region haben offenbar Angst davor, sich an einem Pilotprojekt messen zu lassen, kommentiert StN-Titelautor Sven Hahn.

Stuttgart - Was hätte die Immobilienlobby davon, einer Kommune ein Quartier mit günstigen Wohnungen hinzustellen, an dem sie mutmaßlich wenig bis nichts verdienen würde? Die Antwort ist einfach: Sie würde einen Präzedenzfall schaffen, an dem sich die Politik fortan messen lassen müsste.

Das Baurecht macht Vorgaben, bietet aber auch Spielräume. Dabei ist es für die zuständigen Ämter immer einfacher, grundsätzlich auf das Einhalten aller Normen zu pochen, als deren Sinnhaftigkeit im Einzelfall zu prüfen.

Mehr noch: Die überwiegende Mehrheit der einzelnen Vorschriften ergibt für sich allein betrachtet durchaus Sinn – begrünte und gedämmte Dächer sind in Zeiten des Klimawandels wunderbar. Wohnungen, die mit Rollstuhl oder Rollator genutzt werden können, sind angesichts einer alternden Gesellschaft mehr als sinnvoll. Fahrradabstellplätze angesichts verstopfter Straßen und dicker Luft eine tolle Idee und verpflichtende Abstell- und Kellerräume prima, wenn die Wohnfläche kostbarer und damit in vielen Fällen kleiner wird. Doch in Summe sorgen all diese gut gemeinten Vorschriften und Gesetze auch dafür, dass das Bauen immer teurer wird.

Würde man nun hergehen und die eine oder andere Vorschrift hier und da auflockern, wäre einem Verhandlungsmarathon bei jedem Bauprojekt Tür und Tor geöffnet. Getreu dem Motto: „Der Kollege musste auch keine Radstellplätze bauen, warum soll ich dann welche einplanen.“

Dabei könnte ein derartiges Pilotprojekt auch der Beginn einer besseren Zusammenarbeit zwischen privaten Bauherren und Politik sein. Denn ganz ohne Hilfe aus der Wirtschaft werden die Rathäuser der Region die Wohnungsnot nicht lindern können.

sven.hahn@stuttgarter-nachrichten.de