Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban zu Besuch bei Altkanzler Helmut Kohl Foto: Daniel Biskup

Ein Politikum ist das Treffen zwischen Altkanzler Kohl und Ungarns Ministerpräsident Orban nicht. Es verdient eine gelassene Reaktion.

Berlin - Helmut Kohl war als Kanzler nie ein großer Redner. Aber ein paar zeitlos gültige Wendungen hat er geprägt. „Die Karawane zieht weiter“ ist eine davon. An diesem Dienstag war die Karawane nach gefühlten Ewigkeiten wieder einmal in Oggersheim. Das war früher – heute fast schon vergessen - ein Nabel der Republik. Die Medien waren da, weil der Flüchtlingshardliner Viktor Orban den notorischen Merkel-Kritiker und Altkanzler besuchte. Viel Gesichertes ist nicht überliefert. Aber zum Skandal taugt die Begegnung nicht. Selbst wenn Kohl, was niemand weiß, ein wenig Nebenaußenpolitik betrieben hätte, Orban in seiner europa- und flüchtlingspolitisch verfehlten Hartleibigkeit bestärkt und seine Nachfolgerin in illoyaler Weise kritisiert hätte; selbst wenn Orban gegen die Kanzlerin gewettert und seine harte Linie bekräftigt hätte: Nicht nur Merkel, sondern auch die Republik könnten es verkraften. Es würde Fragen des Stils aufwerfen – aber keine von Substanz.

Aber auch wenn Kohl und Orban keine Merkel-Fans sind, ist eine andere Version wahrscheinlicher. Kohl kann man sich bei aller Kritik nicht als Antieuropäer vorstellen. So er es noch kann, wird er für europäische Gemeinsamkeit und für das Schmieden von Kompromissen geworben haben. Das muss man nicht verklären, aber verkehrt ist es nicht – schon gar nicht heute und bei dem Thema. Ein wenig mehr Gelassenheit dürfte die Karawane sich vor dem Aufbruch zu neuen Skandalen schon verordnen.